Altersvorsorge in Deutschland Riester-Rente: Bestand sinkt – Reformdruck steigt immer weiter
Reichlich Streit steht Deutschlands Fondsgesellschaften ins Haus. Anlass für Beschwerden bieten vielen Kunden von Riester-Fondssparplänen die Standmitteilungen zum Stichtag 31. Dezember. In
diesen Wochen verschickt allein die DWS entsprechende Unterlagen an ihre mehr als 600.000 Riester-Kunden, die in den meisten Fällen ein dickes Minus verzeichnen. „Hierzu wird es sicherlich viele Nachfragen und einen erhöhten Beratungsbedarf geben. Denn die hohen Buchverluste dürften viele
unserer Kunden beunruhigen“, erwartet Frank Breiting.
„Das habe ich schon bei so manchen verärgerten Kunden erlebt, die sich per Telefon bei uns melden. Und ich erwarte noch viel mehr Anrufe im Frühling“, sagt der DWS-Experte für Altersvorsorge im Interview mit DAS INVESTMENT. Ihnen erkläre er gebetsmühlenartig, dass die ausgewiesenen Einbußen nur beim Verkauf der festverzinslichen Wertpapiere auch Wirklichkeit werden.
„Die Zinsen am Kapitalmarkt sind 2022 wieder deutlich gestiegen“, erklärt Breiting den Hintergrund. „Bei steigenden Zinsen fallen jedoch die Kurse von Anleihen im Bestand. „Insbesondere Rentenfonds, die vorwiegend in langlaufende Titel investieren, stehen aktuell tief im Minus.“ Ein Beispiel dafür ist der DWS Vorsorge Rentenfonds XL Duration, der vor allem langlaufende Euro-Anleihen enthält (siehe Chart unten). „Riester-Sparer sollten deswegen aber nicht nervös werden und im Affekt ihren Vertrag kündigen“, warnt Breiting vor Kurzschlusshandlungen. Auch Vermittler sollten Kunden vor unüberlegten
Schritten bewahren.
Alle gezahlten Beiträge stehen nämlich nur zum Beginn der Rentenphase garantiert bereit. Wer hingegen vorzeitig aussteigt, muss auch die staatlichen Zulagen und Steuervorteile zurückzahlen. Denn: „Eine vorzeitige Rückzahlung des angesparten Kapitals gilt sowohl in der Anspar- als auch in der Auszahlungsphase als schädliche Verwendung. Sie kann die unmittelbare Rückforderung der Fördergelder zur Folge haben. Außerdem sind die erwirtschafteten Kapitalerträge steuerpflichtig“, erklärt Finanzjournalist Olaf Wittrock in seinem Altersvorsorge-Ratgeber der Verbraucherzentralen. Das heißt: Manche Ex-Kunden würden der DWS sogar noch Geld schulden. Bei akuten finanziellen Engpässen sei es oft sinnvoller, den Riester-Vertrag beitragsfrei zu stellen.
Hallo, Herr Kaiser!
Riester besser nicht kündigen
Vom Abschluss eines neuen Vertrags hingegen rät der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) derzeit tendenziell ab. „Riester ist gescheitert, darüber brauchen wir nicht mehr monatelang zu reden“, erklärte Vorständin Ramona Pop bereits vor dem ersten Treffen der neuen Fokusgruppe private Altersvorsorge. Diese Expertenkommission aus Vertretern von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verbraucherschutz solle stattdessen zügig eine Standardlösung für alle Sparer umsetzen.
„Ein öffentlicher Vorsorgefonds ist privaten Angeboten klar überlegen“, steht für sie fest. Dem widerspricht beispielsweise Martin Klein vom Vermittlerverband Votum. Es sei falsch, wenn „die private Altersvorsorge mit einem staatlich verantworteten Fonds mehr oder weniger verstaatlicht wird. Auch eine schnelle Reform von Riester könnte viel bewirken.“