Interview zur Altersvorsorge „Ich sehe sehr gute Chancen für Fondspolicen“
DAS INVESTMENT: Zu seinem Abschied Ende vorigen Jares hat EZB-Präsident Mario Draghi den Leitzins in der Eurozone auf dem Nullpunkt belassen. Wie groß ist ihr Optimismus, dass seine Amtsnachfolgerin Christine Lagarde bald eine geldpolitische Trendwende einläuten dürfte?
Christian Nuschele: Ich glaube nicht, dass es in Europa kurz- oder mittelfristig zu einer Änderung der Niedrigzinspolitik kommen wird. Die anhaltende Niedrigzinsphase hat den Vorsorgemarkt bereits nachhaltig verändert. Klassische Produkte haben stark an Bedeutung verloren und der Anteil von modernen, kapitalmarktorientierten Produkten ist demgegenüber stark gestiegen. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen und ich sehe sehr gute Chancen für Fondspolicen. Denn sie bieten mit ihrer Geldanlage am Kapitalmarkt noch die Aussicht auf auskömmliche Renditen. Wir haben uns traditionell auf fondsgebundene Produkte fokussiert und werden diesen Weg konsequent weitergehen.
Standard Life ist bereits vor fünf Jahren aus dem Geschäft mit Garantieprodukten ausgestiegen. Was antworten Sie Vermittlern, deren deutsche Privatkunden auch weiterhin mehrheitlich das Risiko finanzieller Verluste bei ihrer Altersvorsorge ausschließen wollen?
Nuschele: Die Deutschen sind bei ihrer Altersvorsorge sehr konservativ und haben sich jahrzehntelang für Produkte mit Garantien entschieden. Die Umsätze im klassischen Bereich gehen aber stetig zurück und alternative Garantiekonzepte stellen nun den Löwenanteil des Neugeschäfts. Auch wenn Produkte mit Garantien den Großteil des Marktes ausmachen, stellen wir inzwischen fest, dass sich immer mehr Kunden mit Alternativen beschäftigen. Denn nicht nur Finanzberater wissen, dass Garantien einen hohen Preis haben: Sie kosten Rendite. Wir empfehlen Vermittlern daher, ihren Kunden die Vor- und Nachteile einer Garantie detailliert zu erklären. Der Kunde muss sich kritisch mit dem Wunsch nach Sicherheit auseinandersetzen. Denn hohe Sicherheit bei der Geldanlage bedeutet heute allzu oft, mit Sicherheit keinen Ertrag zu erzielen. Es muss daher ein Umdenken stattfinden – auch in der betrieblichen Altersversorgung, wo Beitragsgarantien noch benötigt werden.
Hallo, Herr Kaiser!
Die Assekuranz reagiert auf das hohe Sicherheitsbedürfnis der Kunden beispielsweise mit Indexpolicen. Vor 13 Jahren gab es die erst eine einzige Versicherung am deutschen Markt, die den Kunden wahlweise an der Wertentwicklung eines Index beteiligt. Heute ist die Zahl der Anbieter zweistellig.
Nuschele: Die Anzahl der Indexpolicen ist in den vergangenen Jahren in der Tat stark gestiegen. Vermittler und Kunden sollten sich aber der Nachteile dieser Produkte bewusst sein. Auch wenn Indexpolice nach einer offensiven, chancenorientierten Kapitalanlage klingt, eignet sie sich eher für konservative Sparer, weil auch Indexpolicen Garantien bieten, die abgesichert werden müssen. Die Sparbeiträge der Kunden fließen entsprechend in den Deckungsstock des Versicherers, sodass ein sicherer Zins ausgezahlt werden kann. Entscheidet sich der Kunde in dem jeweiligen Jahr aber für die Indexbeteiligung, verwendet der Versicherer die Überschüsse zum Kauf entsprechender Optionen. Solche Geschäfte am Derivatemarkt bleiben dem Kunden in der Regel unklar. Indexpolicen sind also häufig sehr intransparent. Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, keine Indexpolicen anzubieten und uns auf Fondspolicen zu konzentrieren.