Altersvorsorge und Homosexualität: Die unterdrückte Neigung
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Am 11. Oktober 2002 wird Peter Schmitz Witwer. Der Mann aus Monheim am Rhein erbt ein Haus im Wert von mehr als 200.000 Euro. Eigentlich keine teure Angelegenheit: Denn unter Eheleuten wird erst dann Erbschaftssteuer fällig, wenn der geerbte Betrag den Steuerfreibetrag von 307.000 Euro übersteigt. Der Witwer würde also vor staatlichen Zugriffen verschont bleiben.
Stattdessen findet er im Juli in seinem Briefkasten einen Steuerbescheid. Überraschung. Das Finanzamt hat ihm lediglich einen Freibetrag von 5.200 Euro zugestanden. Macht eine Steuernachzahlung von mehr als 48.000 Euro. „Zum Glück hatten wir Geld gespart, sodass ich das Haus nicht verkaufen musste“, sagt Schmitz heute. Da aber zudem noch von anderer Seite ein Erbteil fällig wurde, waren seine Rücklagen, die er für seine Altersvorsorge gespart hatte, futsch.
Denn Peter Schmitz hat ein Problem: Er ist homosexuell. Seine landläufig als Ehe bezeichnete Verbindung mit seinem Mann Willi Schmitz war keine richtige Ehe. Sie war nur eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Und die lässt das Finanzamt ebenso wenig gelten, als wären Peter und Willi Schmitz flüchtige Bekannte gewesen. Eine Ehe, die das Finanzamt anerkennt und die Steuervorteile bringt, bleibt nach wie vor Männlein und Weiblein in genau dieser Kombination vorbehalten. Daran ändert auch das Lebenspartnerschaftsgesetz aus dem Jahr 2001 nichts. Diesen feinen Unterschied wusste auch der Notar der Schmitz’ nicht. Oder zumindest verschwieg er ihn, als die beiden Männer gut ein Jahr zuvor ihr Testament aufsetzten.
Inzwischen hat der Gesetzgeber im Erbschaftssteuerrecht die Bedingungen von Lebenspartnerschaft und Ehe angeglichen. Zu spät für Peter Schmitz, aber zumindest jetzt gelten gleiche Freibeträge für alle. Doch im gesamten Rest des Steuerrechts unterscheidet der deutsche Rechtsstaat noch immer sehr deutlich zwischen Hetero und Homo. Und damit auch in einem wichtigen Teil des Altersvermögensgesetzes: der Riester-Rente.
Für herkömmliche Eheleute hält die Riester-Rente einige leckere Häppchen bereit. So können beide Ehepartner staatliche Zulagen oder Steuererlass einfordern, auch wenn nur einer von beiden förderfähig ist. Nur der offiziell riester-begünstigte Sparer braucht dann in seinen Vertrag selbst etwas einzuzahlen. Zuschüsse bekommen sie beide. Für Verträge, die nicht aus eigenem Geld sondern nur aus Zulagen bestehen, erfand der Vertriebsmund schon bald das Wort Nullvertrag. Schwulen und Lesben bleibt die Möglichkeit auf einen Nullvertrag verwehrt. Denn ihre Form der Ehe zählt hier nicht.
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