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Anleihen-Profi Mark Dowding mit Ausblick auf 2025

Zu Beginn des neuen Jahres stiegen Staatsanleihenrenditen weiter an: In den USA erreichten 10-jährigen Treasuries die 4,8-Prozent-Marke. Damit liegen sie einen ganzen Prozentpunkt höher als im September, als die Fed die Zinsen um 50 Basispunkte senkte. Die Renditen längerfristiger Anleihen dürften auch weiter unter Aufwärtsdruck bleiben – denn in absehbarer Zeit dürften Haushaltslage und Inflation weiter Sorgen bereiten.
Schlagzeilen machte zuletzt auch das Vereinigte Königreich: Die gestiegenen Kreditkosten erinnern an das Jahr 2022. Die Rendite 30-jähriger britischer Staatsanleihen (Gilts) überstieg vergangene Woche die 5,40 Prozent. Damit kletterte sie auf den höchsten Stand seit Ende der 90er-Jahre. Während ein Teil der Entwicklung auf externe (US-Zinsen) und technische (Angebot) Faktoren zurückzuführen ist, leidet die britische Wirtschaft weiter unter strukturellen Herausforderungen. Der Inflationsdruck bleibt erhöht und hartnäckig. Zugleich verschlechtert sich das Wachstumsumfeld, verschärft durch den jüngsten Haushalt.
Laut den jüngsten Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor in UK schnellte die Inflation der Inputkosten auf ein Achtmonatshoch hoch. Eine Umfrage der britischen Handelskammer deutet zudem einen drastischen Stimmungseinbruch an: Mehr als 50 Prozent der Unternehmen planen in den kommenden Monaten, ihre Preise zu erhöhen.
Darüber hinaus stehen im April erhöhte Kosten bei den Rechnungen für Energie, Wasser und Gemeindesteuern an, was Verbraucherhaushalte weiter unter Druck bringt. Die offizielle Wachstumsprognose für 2025 in Höhe von 2 Prozent erscheint bereits sehr ehrgeizig. Sie dürfte im März wohl noch einmal nach unten korrigiert werden.
Zudem verschlechtern höhere Kreditkosten im Vereinigten Königreich das Haushaltsprofil. Es wächst der Eindruck, dass die Labour-Regierung ihre eigenen Haushaltsregeln und ihr Versprechen, die Steuern nicht weiter zu erhöhen, brechen wird. Da wir eine fiskalische und politische Abwärtsspirale erwarten, bleiben wir für britische Anleihen pessimistisch.
Unsere Länderausblicke im Einzelnen:
USA: solide Wachstumsdynamik
In den USA haben sich die Devisenmärkte und der US-Dollar in der ersten Woche des Jahres, nach einem starken Anstieg nach den Wahlen, ebenfalls in beide Richtungen entwickelt. Zwar gehen wir davon aus, dass die US-Wirtschaft robust bleibt. Doch angesichts der Unwägbarkeiten der Trump'schen Zollpolitik in den kommenden Monaten ist es sicherlich klug, einen Teil unserer Long-Überzeugung beim US-Dollar zurückzunehmen.
Was die Geldpolitik betrifft, so wird die Notenbank Federal Reserve (Fed) in der ersten Hälfte des Jahres 2025 eine Pause einlegen. Die finanziellen Bedingungen haben sich in den letzten Wochen aufgrund des stärkeren Dollars verschärft, für das anstehende Jahr besteht weiterhin wirtschaftliche und politische Unsicherheit. Vorerst weist die US-Wirtschaft jedoch weiter eine solide Wachstumsdynamik auf.
Europa: Eurokurs geht Richtung US-Dollar
Am Anleihenmarkt der Eurozone haben die bessere Stimmung in der Wirtschaft und die unerwartet hohen Inflationszahlen aus Deutschland in der ersten Woche des Jahres zu einer raschen Neubewertung der Erwartungen bezüglich der EZB geführt: Die Marktteilnehmer gehen nun davon aus, dass die Europäische Zentralbank die Zinssätze bis zum dritten Quartal dieses Jahres auf 2 Prozent senken wird. Erwartungen einer früheren Senkung sind zunächst vom Tisch.
Dennoch steht Europa vor zahlreichen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen. Wir meinen, dass sich die wirtschafts- und geldpolitische Divergenz zu den USA noch deutlicher in den Wechselkursen niederschlagen dürfte. Wir rechnen weiter mit einem Trend in Richtung Parität des Euro/US-Dollar-Kurses.
Japan: stärkerer Yen in Sicht
Die Bank of Japan (BoJ) lässt die Anleger derweil im Unklaren, ob sie noch in diesem Monat die Zinsen weiter erhöhen wird. Die Konjunktur- und Lohndaten sind nach wie vor robust, wahrscheinlich werden die aktualisierten Inflationsprognosen zutreffen. Der Yen nähert sich dem Wert von 160 gegenüber dem US-Dollar an.

1.200% Rendite in 20 Jahren?
Das einzige Ergebnis, das Japan wirklich vermeiden muss, ist die Entwicklung einer zu hohen Inflationsrate. Wenn diese geldpolitisch angegangen werden muss, kann das zu einem späteren Zeitpunkt sehr schmerzhaft werden. Wir sind nach wie vor zuversichtlich, dass die BoJ den Leitzins im Januar auf 0,50 Prozent anheben wird. Die unmittelbare Auswirkung wird ein stärkerer Yen sein.
Strukturell dürften die Renditen 10-jährige japanischer Staatsanleihen mit dem Auslaufen der Käufe seitens der BoJ steigen. Wir rechnen mit einem Wert von 1,25 Prozent.
Kanada: mögliche Annäherung an die USA
In Kanada ist eben Premierminister Justin Trudeau zurückgetreten. Das führt zu vorgezogenen Neuwahlen im Frühjahr und eröffnet den Konservativen unter der Führung von Pierre Poilievre die Möglichkeit, die nächste Regierung zu bilden.
Aus makroökonomischer Sicht könnte dies dazu führen, dass die Trump-Administration eine wesentlich wärmere Haltung gegenüber Kanada einnimmt. Denn es gibt Ähnlichkeiten zwischen beiden Ländern: zum Beispiel könnten die USA und Kanada energiepolitisch näher zusammenrücken. Beide Ländern könnten Exporte fördern und sich auf die Senkung der Energiepreise konzentrieren.
Schwellenländer: im Stimmungstief
Unter den Schwellenländern ist Brasilien weiter eine Quelle erheblicher Volatilität. Die dortige Zentralbank sah sich im vergangenen Monat zu einem aggressiven Interventionsprogramm gezwungen. Dabei verbrauchte sie Reserven von rund 20 Milliarden US-Dollar, um eine beschleunigte Negativspirale zu verhindern. Die Intervention hat dem Devisenmarkt zwar eine gewisse Stabilität verliehen, aber die Währung wird weiterhin nahe ihren schwächsten Werten gehandelt, ebenso wie der Zinsmarkt.
Nachdem Donald Trump das Rennen um das Weiße Haus gewonnen hat, haben ein starker Dollar und ein höherer Kurs der US-Zinsen auch die Stimmung an den lokalen Schwellenländermärkten belastet.
Fazit
Nach wie vor sind wir positiv für den US-Dollar gestimmt, wenn auch in geringerem Maße als zuvor, und rechnen mit höheren Renditen in den USA und Japan. Für längerfristige Anleihen erhalten Anleger im Vergleich zu Bargeldzinsen immer noch einen nur geringen Aufschlag. Hier dürfte Luft nach oben sein.
Wir sind in einer Phase sehr enger Spreads. Bei den Aussichten für Kredite und Risiken im Allgemeinen bleiben wir vorsichtig.
Unterdessen scheint sich die wirtschaftliche Ungewissheit durch Politik beziehungsweise Geopolitik zu verstärken – zu einer Zeit, in der Donald Trump kurz vor dem Amtsantritt steht. Elon Musk zündet politische Raketen und richtet Chaos an, sehr zum Unwillen der europäischen Politik. Britische Politiker richten ihr Augenmarkt indessen stark auf die explodierenden Renditen am Gilt-Markt.
Über den Autor:

Mark Dowding ist Investmentchef bei RBC Bluebay Asset Management. Er verfügt über mehr als 29 Jahre Investmenterfahrung als Makro-Investor für festverzinsliche Wertpapiere.