Panel-Diskussion Trump-Wahl und Ampel-Aus: „Deutschland braucht diesen Schock"
Einen Tag nach der Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und dem überraschenden Ende der Ampel-Koalition in Deutschland trafen sich Experten aus Politik und Wirtschaft beim Lupus Alpha Investment Fokus in Frankfurt. In einer von Corinna Wohlfeil moderierten Diskussionsrunde analysierten Herbert Diess, Aufsichtsratsvorsitzender von Infineon Technologies, ZDF-Politikexperte Theo Koll und Jeffrey Rathke, Präsident des American-German-Institute in Washington, die Entwicklungen der vergangenen 24 Stunden – und wagten zugleich einen Ausblick.
„Zeitenwende 2.0“ für Deutschland und Europa
„Wir erleben eine Zeitenwende 2.0“, konstatierte Theo Koll und mahnte: „Wir müssen die Goretex-Kleidung, die wir als Deutsche tragen, ausziehen. Wir sind eine Nation, die seit 1989 innen schön warm lebt und möchte, dass sich das Unangenehme draußen abspielt.“ Die „Trittbrettfahrersicherheit der Amerikaner“ werde nun in der zweiten Trump-Administration wegfallen oder zumindest stark infrage gestellt. Koll ist sicher: Deutschland brauche diesen Schock, auch wenn das „Preisschild dramatisch hoch“ sei.
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Einen Tag nach der Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und dem überraschenden Ende der Ampel-Koalition in Deutschland trafen sich Experten aus Politik und Wirtschaft beim Lupus Alpha Investment Fokus in Frankfurt. In einer von Corinna Wohlfeil moderierten Diskussionsrunde analysierten Herbert Diess, Aufsichtsratsvorsitzender von Infineon Technologies, ZDF-Politikexperte Theo Koll und Jeffrey Rathke, Präsident des American-German-Institute in Washington, die Entwicklungen der vergangenen 24 Stunden – und wagten zugleich einen Ausblick.
„Zeitenwende 2.0“ für Deutschland und Europa
„Wir erleben eine Zeitenwende 2.0“, konstatierte Theo Koll und mahnte: „Wir müssen die Goretex-Kleidung, die wir als Deutsche tragen, ausziehen. Wir sind eine Nation, die seit 1989 innen schön warm lebt und möchte, dass sich das Unangenehme draußen abspielt.“ Die „Trittbrettfahrersicherheit der Amerikaner“ werde nun in der zweiten Trump-Administration wegfallen oder zumindest stark infrage gestellt. Koll ist sicher: Deutschland brauche diesen Schock, auch wenn das „Preisschild dramatisch hoch“ sei.
Jeffrey Rathke konstatierte: „Es wird keine Wiederholung von Trumps erster Amtszeit.“ Theo Koll ergänzte, Trump habe nun, sollte auch das Repräsentantenhaus den Republikanern zufallen, eine „Carte Blanche“ zum Durchregieren.
„Wir könnten eine ganz andere Trump-Ära erleben, wenn Trump alles umsetzt, was er angekündigt hat“, so Koll. Denn er werde nicht mehr wie in der ersten Amtszeit von moderaten Republikanern gebremst.
Rathke wies zudem darauf hin, dass Trump möglicherweise mit dem Gedanken einer verfassungsrechtlich ausgeschlossenen dritten Amtszeit spielen könnte. Er hält diese Option jedoch für unwahrscheinlich, da es dazu eine Zwei-Drittel-Mehrheit brauche.
Deutschlands politische Krise zur Unzeit
Das Ende der Ampel-Koalition komme zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, waren sich die Experten einig. Herbert Diess begrüßte zwar das Aus der Koalition („Das war höchste Zeit“), doch Rathke betonte die problematische Timing: „Deutschland wird nicht in der Lage sein, Europa in den kommenden drei Monaten zu organisieren und ein Gegengewicht zu Trump zu bilden.“
Besonders kontrovers diskutierte das Panel die Zukunft des Ukraine-Kriegs. Diess sieht in Trumps Amtszeit auch eine Chance: „Es ist Zeit, diesen eingefrorenen Krieg zu beenden. Das muss jedoch mit Sicherheiten und einem Plan hinterlegt werden.“
Koll hingegen warnte vor zu viel Optimismus angesichts Putins bisheriger Entscheidungen und verwies auf die massive russische Aufrüstung: „Derzeit werden jedes Jahr 1.500 Kampfpanzer gebaut. Das ist so viel, wie in den fünf führenden EU-Staaten an Bestand existiert.“
Wirtschaftliche Herausforderungen
Für die deutsche Wirtschaft sieht Diess herausfordernde Zeiten, sieht aber auch hier Chancen. Die deutsche Automobilindustrie hält er für unterbewertet. Er plädierte für eine geschlossene europäische Strategie gegenüber Trump: „Als deutsche Autoindustrie darf man keine eigene Strategie gegenüber der französischen fahren. Dann haben wir verloren.“
Diess, der in Trumps erster Amtszeit selbst als Lenker eines Dax-Konzerns im Oval Office saß, habe gelernt, dass unter Trump alles verhandelbar sei. Und Europa auch etwas in die Waagschale werfen kann: „Wir haben in Europa 450 Millionen Konsumenten, die amerikanische Produkte kaufen und Daten liefern. Daran haben die Amerikaner Interesse. Trump hat einen sehr merkantilen Blick auf die Welt.“
„Zeitenwende nicht mental vollzogen“
„Uns fehlen historische Persönlichkeiten wie Kissinger, die einen großen strategischen Plan haben und auch mit Feinden verhandeln können“, beklagte Diess die weltweite Führungsschwäche. Koll unterstrich die Dringlichkeit eines Umdenkens in Deutschland: „Die Zeitenwende wurde verkündet, mental haben wir sie noch nicht vollzogen. Wir haben 1989 angefangen, die Friedensdividende zu konsumieren. Mehr als jedes andere Land.“
Nun müsse der Schwung von der Handelsnation zu einer Nation vollzogen werden, die sich eigenständig verteidigen kann. Ihm tue deshalb die nächste deutsche Regierung leid. „Sie muss diesen Wandel in einem wahnsinnigen Tempo vollziehen. Das wird eine potenziell riesige Herausforderung für Europa und insbesondere Deutschland.“
Der deutsche Einfluss in Washington werde „dramatisch reduziert werden“, prophezeite Koll, auch wenn sich dies unter einer möglichen CDU-geführten Regierung wieder ändern könnte. Die kommenden Monate werden jedenfalls zeigen, wie Deutschland und Europa sich in dieser „Zeitenwende 2.0“ positionieren – sowohl gegenüber Trump als auch angesichts der eigenen politischen Umbrüche.