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Aktualisiert am 14.02.2019 - 11:29 UhrLesedauer: 4 Minuten
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Amundi zu den US-Zwischenwahlen Einfach „durchregieren“ geht nicht mehr

Kenneth J. Taubes, CIO US Investment Management bei Amundi AM

Das Wahlergebnis gibt zwei Richtungen vor: Auf der einen Seite ist eine unversöhnlich gespaltene Machtkonstellation innerhalb des US-Regierungssystems denkbar, was die Gesetzgebungsprozesse erschwert. Auf der anderen Seite könnte es jedoch auch zu einer konstruktiven Zusammenarbeit beider Lager kommen, etwa bei Infrastrukturausgaben: An diesem Thema haben sowohl Republikaner als auch Demokraten ein großes Interesse.

Das größte Abwärtsrisiko für die Finanzmärkte, das sich aus den Zwischenwahlen ergibt, wäre eine Annullierung der Steuerpläne des US-Präsidenten. Dass es dazu kommt, ist jedoch äußerst unwahrscheinlich, weil die Demokraten über keine Veto-Mehrheit im Parlament und im Senat verfügen. In Zukunft wird US-Präsident Donald Trump jedoch mit einem demokratisch dominierten Repräsentantenhaus über US-Haushaltsfragen ringen müssen. Er wird nicht mehr in der Lage sein, fast uneingeschränkt seine Steuerpolitik voranzutreiben, weil sie nach wie vor in den Zuständigkeitsbereich des Repräsentantenhauses fällt. Allerdings hat Trump nach den Zwischenwahlen nun die uneingeschränkte Macht, um seine Zollgesetzgebung voranzutreiben. Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Eskalation der Handelsspannungen zwischen den USA und China nimmt damit zu.

Auswirkungen des Wahlergebnisses auf Fixed Income und den US-Dollar

Wir erwarten keine unmittelbare Marktreaktion – aber die Aussicht auf neue Gesetze wird die zukünftige Marktentwicklung bestimmen. Die Fixed-Income-Märkte könnten unter Druck geraten, sobald der US-Präsident im Verbund mit dem Kongress ein neues, die Wirtschaft massiv stimulierendes Steuerprogramm durchwinkt.

Die Erhöhung der Infrastrukturausgaben wiederum dürfte die konjunkturelle Entwicklung so stark stimulieren, dass die US-Wirtschaft weiterhin eine über dem Trend liegende Wachstumsrate ausweisen kann. Die US-Notenbank würde sich daraufhin jedoch veranlasst sehen, ihre Geldpolitik über den für die Märkte neutralen Zinsbereich hinaus zu straffen und die Renditen der US-Treasuries zu erhöhen – was rasch zu der an den Märkten gefürchteten inversen Zinskurve führen könnte.

Infolgedessen würden bei den Investoren rasch Rezessionssorgen aufkommen, wodurch Druck auf die Investment-Grade- und High-Yield-Märkte entsteht. Derzeit erwarten wir, dass die 10-Jahres-Renditen in den kommenden Monaten in etwa auf dem aktuellen Niveau bleiben. Weil sich das Gewinnwachstum der Unternehmen verlangsamt und die US-Notenbank ihre Zinspolitik strafft, werden Anleihen jedoch unter Druck geraten. Aus unserer Sicht fahren Investoren daher am besten damit, ihr Anleihen-Engagement zu begrenzen, das Portfolio intelligent zu diversifizieren und ein flexibles Durations-Management zu betreiben.

Während wir derzeit einigen Segmenten des Rentenmarktes den Vorzug geben – etwa Insurance Linked Securities, also an Versicherungsrisiken gebundene Finanzprodukte –, erwarten wir nach dem Ende des Straffungszyklus der Fed einen chancenreichen Einstiegspunkt in US-Anleihen. Der US-Dollar dürfte auch in einer gespaltenen Regierung weitgehend unverändert stark bleiben. Der Greenback könnte jedoch zulegen, sobald es als Reaktion auf eine weitere Lockerung der Fiskalpolitik zu einer strafferen Geldpolitik kommt.

Auswirkungen auf den Aktienmarkt

Vor Zwischenwahlen hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt: Aktien neigen dazu, sich vor den Midterms und anschließend bis zum Jahresende nicht sonderlich gut zu entwickeln. Wir gehen davon aus, dass sich auch im laufenden Jahr dieser Trend bestätigt. Angesichts der neuen Machtverteilung in der US-Regierung erwarten wir, dass möglicherweise höhere Infrastrukturausgaben als positives Signal für Aktien gewertet werden können. Zugleich dürften die Investoren ihren Fokus stärker auf die Fundamentaldaten der Unternehmen und die daraus entstehenden Erträge richten. Sollte es allerdings zu einer neuen Eskalation in der Handelspolitik kommen, ergeben sich Abwärtsrisiken für die Erträge der Unternehmen.

Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Aktienmärkte im nächsten Jahr grundsätzlich höher tendieren werden, bedingt durch das zu erwartende Gewinnwachstum der Unternehmen und ein im globalen Rahmen insgesamt positives wirtschaftliches Umfeld. Kursanstiege sind jedoch in einem moderateren Tempo als im Jahr 2017 zu erwarten. Für Anleger wird die Auswahl von Investmenthemen, Sektoren und Einzeltiteln immer wichtiger, weil die Märkte im fortgeschrittenen Stadium des Bullenmarkt-Zyklus stehen. Sollte die Fed bei ihren Zinsstraffungen zu stark über den neutralen Zinssatz hinausgehen, könnte für die Märkte schnell Gegenwind entstehen.

Unser Fazit in der aktuellen Lage: Nachdem Growth-Aktien inzwischen hoch bewertet sind, Value-Aktien hingegen noch großen Nachholbedarf haben, könnte in Zukunft eine engere Verquickung von Qualitäts- und Value-Titeln im Portfolio die Erfolgsformel für Investitionen in US-Aktien sein.

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