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Aktualisiert am 06.09.2018 - 14:38 UhrLesedauer: 5 Minuten
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Amundi zum Einfluss der EZB-Politik auf Anleihen „Wir finden Anleihen, die 3 bis 7 Prozent Zinsen zahlen“

Thomas Kruse, CIO bei Amundi Deutschland: „Wir bevorzugen kurzlaufende High Beta-Anleihen mit hohen Coupons“
Thomas Kruse, CIO bei Amundi Deutschland: „Wir bevorzugen kurzlaufende High Beta-Anleihen mit hohen Coupons“ | Foto: Amundi Asset Management

Welchen Einfluss haben die jüngsten Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die wirtschaftliche Entwicklung in Europa? Um das Wesentliche vorweg zu nehmen: Das Ende des Anleihekaufprogramms (Asset Purchase Program, APP), das mit reduzierten Käufen ab Oktober 2018 (von 30 auf 15 Milliarden Euro) beginnt und Ende des Jahres ganz stoppt, wird voraussichtlich keine negativen Folgen haben. Positiv haben die Märkte vor allem aufgenommen, dass die EZB ihren Plan bezüglich der Leitzinsen nun klar formuliert hat: Es werde keine Zinserhöhung vor Sommer 2019 geben. Dies hatten die europäischen Währungshüter, mehr oder weniger verklausuliert, bereits mehrfach angekündigt – allerdings ohne Details auszuführen. Wie sieht es nach den präziseren Ankündigungen der jüngsten Vergangenheit, also jetzt, im Einzelnen aus?

Volkswirtschaftliche Risiken: Das Szenario der EZB im Hinblick auf Wachstum entspricht unseren Erwartungen, wobei unsere Prognose mit einer Rate von 1,8 Prozent leicht unter jener der EZB liegt. Die EZB hat ihre Wachstumsprognose leicht nach unten korrigiert, von 2,4 auf 2,1 Prozent. Die Prognosen für das reale Wachstum in den Jahren 2018 und 2019 blieben mit 1,9 und 1,7 Prozent unverändert. Auch dies entspricht unseren Erwartungen. Das Wachstum ist in der Tat noch nicht am Ende seiner Reifephase angelangt. Die Erholung wird von zwei Faktoren getrieben: zum einen den heimischen Investitionen (die wiederum aus steigenden Gewinnen, höherer Nachfrage, einer besseren Ausnutzung der Produktionskapazitäten und den vorteilhaften Kreditkonditionen resultieren), zum anderen den Konsumausgaben der privaten Haushalt (die ihre Ursache in niedrigen Zinsen und in einem steigenden Wohlstand vieler Haushalte haben).

Künftig ist mit einem weiteren Rückgang des Wachstums zu rechnen, da der Rückenwind durch die EZB-Maßnahmen fehlen wird. Doch der Wachstumszug wird nicht entgleisen. Am wichtigsten bleibt, dass das Wachstum sich auf einem geringeren Level stabil verhalten wird. Zudem wird die Arbeitslosenrate laut EZB-Prognosen weiter sinken (von 8,3 Prozent im Jahr 2018 auf 7,3 Prozent im Jahr 2020).

Leicht sinkendes Wachstum und höhere Inflation

Allerdings sind einige höhere Risiken aufgetaucht; dazu zählen Handelshemmnisse, volatile Ölpreise und die wirtschaftliche Unsicherheit in Europa. Doch sie können das andauernde Wachstum nicht zum Erlahmen bringen. Es wird sich jedoch voraussichtlich wegen der nachlassenden Maßnahmen der EZB etwas abschwächen. Trotzdem hat sie ihre Prognose zur Inflation nach oben korrigiert. In diesem Punkt sind wir jedoch zuversichtlicher als die EZB. Die Aufwärtskorrektur in Richtung der Ziel-Inflation hat ihre Ursache hauptsächlich in den Ölpreisen, die deutlich höher sind als im ersten Quartal. Daher ist die Aufwärtskorrektur der Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel), die für 2019 und 2020 prognostiziert wird, obgleich immer noch moderat, deutlich überraschender.

Hierfür sind die die sogenannten Zweitrundeneffekte ursächlich. So steigen die Arbeitskosten deutlich schneller, vor allem wegen der gestiegenen Löhne und Gehälter, die wiederum Ausdruck des stabilen Arbeitsmarktes sind. Aufgrund dieser Entwicklung wird sich auch die Produktivität abschwächen. Die erwähnte Korrektur der Inflationsprognose ist zwar moderat, doch sie ist ein Indiz dafür, dass eine Mini-Lohn-Preisspirale in Gang kommen könnte. Dies ist gleichzeitig ein Indiz, dass die Gefahr einer Deflation gebannt ist. Allerdings müssen wir wiederum im Blick behalten, dass die Preismacht der Unternehmen in Europa ziemlich begrenzt ist – anders als in den USA.