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Investmentmanager über ESG-Anlagen An diese Grenzen stoßen Analysten

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Eine korrekte ESG-Analyse hingegen muss tief in das einzelne Unternehmen hineinschauen und verlangt viele und kompetente Ressourcen. Die quantitativen Ansätze von Ratinganbietern und Indexanbietern zu ESG mögen tatsächlich nützlich sein, um auf Probleme hinzuweisen. Aber sie können nie mehr als ein Input sein und nie direkt zur Erstellung von Portfolios für diejenigen verwendet werden, die es ernst meinen mit den Herausforderungen der Welt. Der Blick auf engere Metriken für das S im ESG – wie etwa Datenschutz oder Mitarbeitervergütung – deckt wichtige Themen ab, kommt aber nicht annähernd an das heran, was wir fragen sollten: Ist die Gesellschaft besser dran, weil es dieses Unternehmen gibt?

Dieses Problem ist besonders akut, wenn Sie in Schwellenländern investieren. Unternehmen in Entwicklungsländern haben manchmal laxere Governance-Standards oder die Messung von Emissionen kann schwieriger sein, weil die Lieferketten nicht kartiert sind. Und doch sind dies die Orte, die das meiste Kapital für die Entwicklung benötigen.

Quantitative ESG-Analysten, die nur auf leicht beobachtbare Datenpunkte fixiert sind, würden uns dazu bringen, diese Unternehmen zu ignorieren und unser Kapital für politisch korrektere Alternativen in den entwickelten Volkswirtschaften zu horten. Wir sind vielleicht "ESG-konformer", wenn wir das tun, aber wir ersticken genau die Unternehmen, die wir unterstützen sollten, um den Fortschritt voranzutreiben.

Das aktuelle System ist nicht nur fehlgeleitet, sondern auch ungenau. Verschiedene ESG-Analysten können ein und dasselbe Unternehmen betrachten und zu widersprüchlichen Schlussfolgerungen kommen: Eine MIT-Studie fand heraus, dass die Scores der führenden ESG-Anbieter eine Korrelation von nur 0,61 aufweisen. Die OECD sagt, dass sie mit 0,4 sogar noch niedriger ist. Zum Vergleich: Zwischen den Noten von Kreditrating-Agenturen gibt es geradezu perfekte Korrelationen von annähernd 1. Die Anbieter selbst haben unterschiedliche Methoden und die Ratings sagen uns vielleicht tatsächlich nur unterschiedliche Dinge: Der entscheidende Punkt ist, dass quantitative Ansätze uns nicht definitiv zu "guten" oder "schlechten" Unternehmen führen.

Nichts davon ist ein Argument gegen die Idee des ESG-Investierens. Jeder langfristige Investor muss sich um die Auswirkungen kümmern, die ein Unternehmen auf alle seine Stakeholder hat. Es ist nicht einmal ein Argument dafür, dass Reliance definitiv ein ESG-freundliches Unternehmen ist; Reliance hat immerhin ernsthafte ökologische Herausforderungen in seinem Geschäftsfeld mit fossilen Brennstoffen. Aber ein System, das verhindert, dass Kapital in die innovativsten Unternehmen oder die bedürftigsten Länder fließt, ist kaputt. Wir müssen es reparieren. Wenn wir versagen, werden die Ärmsten der Welt den Preis dafür zahlen.

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