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in ETFs & IndexfondsLesedauer: 10 Minuten

Analyse eines Trends Auch Smart Beta will gekonnt sein

Gökhan Kula (links) und Markus Schuller (rechts)
Gökhan Kula (links) und Markus Schuller (rechts)
Smart Beta entwickelte sich in den Jahren nach Lehman Brothers zunehmend zum Lieblingswort der Produktmanagement- und Marketingabteilungen innerhalb der Investment-Management-Industrie und wird selbst von großen institutionellen Investoren in Betracht gezogen. Die Mittelzuflüsse in Smart-Beta-ETFs zeigen die erfolgreiche Arbeit jener Abteilungen. Insbesondere in den vergangenen Jahren hat sie zu einer deutlichen Steigerung der Assets under Management geführt (siehe nachstehende Grafik).

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Auch wenn die grundsätzliche Idee einer Abkehr von marktkapitalisierungsgewichteten Indizes aufgrund bekannter Schwächen überlegenswert ist, so zeigt die mit großem Aufwand positionierte Alternative weder Neues, noch ist sie in der präsentierten Undifferenziertheit smarter Strategien zu empfehlen. Unsere Analyse setzt sich zum Ziel, eine akkurate Differenzierung zur sinnvollen Verwendung von Smart Beta darzustellen.

1. Smart Beta – Historie Die Definition von Smart Beta ist nicht eindeutig festgelegt. In der Literatur finden sich Begriffe wie Smart Beta, Strategic Beta, Intelligent Beta, Alternative Beta, und Scientific Beta. Sehen wir uns die beiden Worte des Smart Beta Begriffs im Detail an.

1.1 Beta


Beta ist ein Begriff des Capital Asset Pricing Models CAPM. Es beschreibt einen Koeffizienten, der die Sensitivität eines Wertpapiers des Marktportfolios zum Marktportfolio selbst misst. Das Marktportfolio hat zu sich selbst ein Beta von 1. Ein Wertpapier des Marktportfolios mit Beta 1.5 reagiert auf eine Schwankung des Marktportfolios mit dem Faktor 1,5. Somit weist ein Beta > 1 auf ein höheres Marktrisiko als Einflussfaktor auf das Wertpaper hin. Der Beta-Koeffizient ist Teil der Ein-Faktoren, Ein-Perioden-Methodenfamilie. Der Terminus Faktor ist hier entscheidend. Man zieht einen Faktor als Optimierungsgröße heran.

William Sharpe prägte mit der Einführung des Beta-Begriffs auch jenen des Alphas. Ist Beta noch kategorisiert als nicht-diversifizierbares, gegen ein kapitalisierungsgewichtetes Marktportfolio gemessenes Risiko, ist Alpha als jener Residual Return definiert, der nicht dem Beta zuordenbar ist. Es ändert sich die Definition von Beta, sobald man von einem kapitalisierungsgewichteten Marktportfolio abgeht, weil sich die Definition des Marktes als Bezugspunkt ändert. Die Idee von Alpha als Beta-Residual bleibt bestehen, ändert sich lediglich abhängig der Beta-Definition.

Wenn man von einer kapitalisierungsgewichteten Messung des Marktportfolios abgeht, bleibt die Notwendigkeit, eine Neudefinition daran zu bewerten, in welcher Umfänglichkeit und plausiblen Logik der Markt als Referenzpunkt mittels eines Marktportfolios abgebildet wird. Daraus folgt die Unzulänglichkeit von Smart-Beta-Indizes in ihrem Vergleich zu marktkapitalisierten Indizes (Äpfel-Birnen-Vergleich) und der Bedarf nach neuen Referenzindizes.

Das renommierte Edhec Institut erkannte frühzeitig den Bedarf nach neuen Referenzindizes und forscht in seinen Smart Beta 2.0 genannten Arbeiten exakt an diesem Thema. So schuf es in seinem Forschungsbereich Scientific Beta Indizes eine flexible Indexplattform, auf der zur Zeit 2916 Indizes nach unterschiedlichen Gewichtungsmethoden berechnet werden.

1.2 Multi-Faktoren-Welt

Dank dynamisch steigender Rechenleistung wurde eine quantitative Analyse der Finanzmärkte schneller und billiger. Dadurch konnten in den CAPM-Folgejahren weitere Faktoren isoliert und empirisch bestätigt werden. In ihrem 3-Faktoren-Modell ergänzten Eugene Fama und Kenneth French 1992 die Faktoren Small Cap (SMB) und Value (HML) zum Beta-Koeffizienten.

Value wurde wissenschaftlich Ende der 70er Jahre dokumentiert, obwohl bereits Marktteilnehmer wie Benjamin Graham oder Warren Buffett in den Jahrzehnten davor diesen Faktor ins Zentrum ihrer Veranlagungsstrategie setzten. Small Cap wurde Anfang der 80er Jahre wissenschaftlich validiert. Fama und French führten die geleistete Vorarbeit in ihrem Modell zusammen. 1997 ergänzte Mark Carhart in seinem 4-Faktoren-Modell noch den Momentum-Faktor (MOM). Allen 4 Faktoren ist gemein, dass sie durch die Analyse von Aktienmärkten gefunden, isoliert und empirisch validiert wurden.

Worum handelt es sich bei Faktoren? Sie sind temporäre, quantifizierbare Marktmuster, die auf das Marktportfolio einwirken. Als solche stellen sie Risikofaktoren dar, durch deren Halten sich der Marktteilnehmer eine Risikoprämie erwartet. Das Marktportfolio repräsentiert die Summe aller Risikofaktoren.

Wie gezeigt ist historisch die Usance gewachsen, den Markt über kapitalisierungsgewichtete Marktportfolio-Indizes abzubilden. Dank der genannten Multi-Faktoren Modelle wurde es möglich, die Risikoprämien der temporären, quantifizierbaren Marktmuster innerhalb des Marktportfolios systematisch segregiert und somit kontrolliert in Investmentprodukten abzubilden. Multi-Factor-Investing war geboren.

In den 1990ern war Dimensional Fund Advisors (DFA) einer der ersten Anbieter, der Multi-Faktoren-Publikumsfonds, basierend auf dem Fama-French-Modell, lancierte. Mit betriebswirtschaftlichem Erfolg. DFA verwaltet heute mehr als 250 Milliarden US-Dollar für vorwiegend institutionelle Investoren, die auf Multi-Faktoren Strategien setzen. Eugene Fama ist heute noch als Direktor beratend involviert.

Der Rest der Investment Industrie benötigte 20 Jahre um einen Weg zu finden, wie Multi-Factor-Investing einer weniger sophistizierten Zielgruppe an Retail- und semi-institutionellen Investoren angeboten werden kann.

Sie gaben Multi-Factor-Investing einen neuen, trendigen und intelligent klingenden Namen, das Smart Beta.