LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in ETFs & IndexfondsLesedauer: 10 Minuten

Analyse eines Trends Auch Smart Beta will gekonnt sein

Seite 3 / 4


2. Smart Beta – Dekonstruktion

A propos kreative, intellektuelle Turnübungen: „We are concerned with the relentless onslaught of shiny, exciting, and sexy new factors introduced by bright-eyed, bushy-tailed young financial engineers,” sagen Jason Hsu und Vitali Kalesnik.

Mit steigender Popularität des Multi-Factor-Investings in Form von Smart Beta erscheinen zunehmend Meta-Analysen, die versuchen, dem „Faktorenzoo“ (Zitat John Cochrane, University of Chicago) eine neue Grundordnung zu geben.

Levi und Welch (2014) sammelten in der breiter gefassten, populärwissenschaftlichen Literatur ganze 600 (!) Faktoren. Sie fanden heraus, dass 49 Prozent der Faktoren bei out-of-sample Tests keine oder sogar negative Premia aufweisen. Sie konkludieren für die 600 Faktoren, dass die Chance einen Faktor mit positiver Prämie zu wählen leicht höher liegt als bei einem Münzwurf. Transaktions- und Managementkosten wurden in deren Beweisführung noch nichtmals berücksichtigt.

McLean und Pontiff (2013) analysierten 82 in der Literatur gefundene Faktoren aus renommierten wissenschaftlichen Publikationen. Von diesen 82 konnten sie die Ergebnisse von 72 Faktoren replizieren. 10 von 82 waren Missinterpretationen der Publizierenden aufgrund von fälschlich gepflegten Datenbanken. Das heißt nur bei den verbleibenden 72 wäre ein wissenschaftlicher Falsifikationsversuch sinnvoll.  

Cam Harvey und Yan Liu (2014) publizierten diesen Sommer eine lesenswerte Meta-Studie zu 315 Faktoren, gesammelt in 312 Publikationen von renommierten Zeitschriften. Alleine im Zeitraum 2010 bis 2012 finden sich in der Literatur 59 (!) neue Faktoren ausgewiesen. Harvey und Liu weisen nach, dass nur eine kleine Zahl an Faktoren statistisch signifikant ist. Der große Rest leidet am klassischen Data Snooping, also dem beliebigen Fischen nach temporären Marktmustern ohne deren Kausalität zu berücksichtigen. Sie bestätigen damit das Phänomen der Data-Snooping-Bias in finanzwissenschaftlichen Publikationen auf das Andrew Lo bereits 1990 hinwies. Des weiteren fordern sie höhere statistische Nachweisstandards wie zum Beispiel t-ratio >3, um relevante Faktoren  zu filtern.

Welche Faktoren können derzeit als relevant eingestuft werden?

2.1 Beispiel relevanter Faktoren

Eine Herleitung. Die  empirische  Motivation  für  diese  Faktoren lieferten Studien aus den 80er Jahren, in denen Forscher von einem Size -Effekt  und  Value-Effekt am US-amerikanischen Aktienmarkt  berichten: Small Caps weisen langfristig eine systematisch  höhere  Rendite  auf  als  Large  Caps  (Banz, 1981)  und  Unternehmen  mit  einem  hohen  Buchwert-zu-Marktwert-Verhältnis.

Diese beiden Effekte erwiesen sich auch in Folgeuntersuchungen als erstaunlich robust.  Nach  Fama  und  French  stellen  die  mit  den  Faktoren verbundenen  positiven  Renditeprämien  eine  Kompensation für  ein  höheres  Risiko  dar,  das  mit  der  Investition  in  Small Caps und Value-Aktien verbunden ist: Small Caps und Value-Aktien  seien  in  besonderem  Maße  einem  systematischen Insolvenzrisiko  ausgesetzt.  Anleger  würden  daher  für  das Halten derartiger Aktien einen Risikoaufschlag in Form einer höheren Rendite fordern. Diese  Erkenntnisse  konnten  somit  eindeutig  die Markteffizienz-Hypothese widerlegen und sind als belastbare und  auch  im  realen Marktgeschehen belegte  zu  beobachtende Marktanomalien bestätigt worden (Schuller/Kula 2013).

2.2 Beispiel eines Mode-Faktors: ESG

Gerne wird in Investment-Kommittees darauf verwiesen, zunehmend ESG-Aspekte (Environmental, Social and Governance) im Investmentprozess zu berücksichtigen. Nun greifen auch Smart-Beta-Produktanbieter diesen Trend auf. Wie in einem White Paper von AXA IM Anfang des Jahres gezeigt, entwickelt sich ESG-Smart-Beta natürlich besser als der MSCI World Index. ESG-Faktor-Tilt bestätigt.

>>Vergrößern


Good job. Not so fast.

Gerne wird in der Begründung des ESG-Faktors auf eine Meta-Studie der Deutsche Bank Climate Change Advisers aus dem Jahr 2012 verwiesen, in der folgendes gefunden wurde:

„an overwhelming academic evidence: within all (100 per cent) of the studies that we have found showing that firms with high ratings for CSR and ESG factors have a lower (ex ante) cost of capital in terms of debt (loans and bonds) and equity.“

Soweit, so nachvollziehbar. In der gleichen Studie wird aber auch folgendes ausgeführt:

„Studies of actual fund returns show (...) that fund managers have struggled to capture the outperformance with some exceptions at smaller more specialized fund. However, they have not generally underperformed – in fact, we found no academic studies that found underperformance at either the security or fund level. (...) 88 per cents of studies that we have found showing neutral or mixed results.“

Es handelt sich um Data Snooping.

2.3 Kriterien zur Faktoren-Selektion

Nachstehend ein Versuch, der Selektion von Faktoren mit „true return premia“ eine Ordnung zu geben.

Welche Parameter sind in der Einschätzung eines Faktors zu beachten?

2.3.1 False Alpha

Wie gezeigt ist Alpha in adaptiven Märkten eine temporäre Erscheinung, die ein nach Effizienz strebender Markt im Zeitverlauf in multiple Betas umwandelt. Um es mit den Worten von William Sharpe zu formulieren: „Smart Beta strategies are either factor bets (betting on cheap stocks to outperform expensive ones) or an active attempt to beat the market, which would class them as alpha and not beta. If smart beta is really only exploiting others’ stupidity, the anomalies it exploits will be eliminated over time. So smart beta is merely an effective strategy for the moment, whose performance will dwindle over time; not a true beta-like exposure to the market.“

Investoren sollten folgende „False Alpha“-Fragen stellen:
  1. Von welcher Ineffizienz (Alpha Opportunität), von welchem Marktmuster (Beta Opportunität) versucht der Faktor zu profitieren?
  2. Wie wird die Ineffizienz/das Marktmuster begründet (theoretisch vs empirisch; Korrelation vs Kausalität, realwirtschaftlich vs finanzwirtschaftlich)
  3. Als wie dauerhaft existiert die Ineffizienz und wie sauber kann sie in einem Produkt abgebildet werden?
  4. Existiert sie global oder regional?
  5. Ist sie vermutlich wiederkehrend oder einmalig?
  6. Welche Treiber zeichnen sich für die Stabilität des Faktors verantwortlich?
  7. Verspricht das Produkt Alpha/Outperformance gegenüber einem fairen Referenzindex?
  8. Wird ein alternatives Marktportfolio als Referenzindex herangezogen?
  9.    Wie umfassend bildet der Faktor das alternative Marktportfolio ab?
Smart-Beta-Kritiker wie James Montier von GMO weisen darauf hin, dass um Small Cap und Value Premia bereinigte Smart-Beta-Strategien keine signifikante Outperformance zu kapitalgewichteten Referenzindizes aufweisen. Wie gezeigt.