Analyse von HQ Trust So spiegelt sich die Stimmung der Anleger in Depots
Der Ukraine-Krieg, die Inflation und die Null-Covid-Strategie Chinas machen den Aktienmärkten zu schaffen. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich die Märkte entwickeln könnten, schauen viele Anleger auf Stimmungsindikatoren wie die Daten der American Association of Individual Investors. Diese Gesellschaft fragt wöchentlich ab, ob Anleger positiv, neutral oder negativ – bullish, neutral, bearish – gestimmt sind und monatlich, wie sich ihre Depots zusammensetzen.
Erfasst werden dabei nur die Anlageklassen Aktien, Kasse und Anleihen. Sven Lehmann, Kapitalmarktanalyst bei HQ Trust, vergleicht die aktuellen Angaben und setzt sie in einen historischen Kontext. Seine Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum von 1987 bis heute.
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Lehmann sagt zu den Ergebnissen:
„Die Stimmung bei den Privatanlegern ist derzeit ungewöhnlich negativ, in ihren Depots zeigt sich das aber nicht. Aktien sind relativ hoch gewichtet, Barmittel und Anleihen niedrig. Wie negativ Investoren derzeit gestimmt sind, zeigt ein Blick auf die vergangenen rund 45 Jahre: Nur selten war der Anteil der Börsenbullen so gering wie derzeit. Der Anteil der sogenannten Bären befindet sich dagegen im höchsten Quintil. In den Portfolios sind es ganz anders aus: Aktien sind mit einem Wert von knapp 70 Prozent außergewöhnlich hoch gewichtet. Die Anlageklassen Kasse und Bonds waren dagegen in der Vergangenheit meist stärker vertreten. Der aktuelle Stand ist im historischen Vergleich relativ niedrig.“
Wie sollten Investoren gestimmt sein? Das meint Marcel Müller, Leiter des Portfoliomanagements von HQ Trust:
„Der Ukraine-Krieg und seine Folgen scheinen bereits zu großen Teilen, in den Kapitalmärkten eingepreist zu sein. Das sieht man an den gestiegenen Zinsen, den drastisch höheren Inflationserwartungen und der Tatsache, dass die Aktien von Energieunternehmen deutlich profitieren konnten. Sollte es zu keiner weiteren Eskalation kommen, halten wir das Abwärtsrisiko für überschaubar. Dennoch wird die Volatilität hoch bleiben, wenn es neue Nachrichten gibt. Davon sind europäische Unternehmen stärker betroffen als US-Aktien. Natürlich bieten sie im Gegenzug auch ein stärkeres Aufholpotenzial, wenn sich die Lage entspannen sollte. Für die Märkte wichtiger ist Chinas Corona-Management, das sich zu einem großen Belastungsfaktor für die globalen Lieferketten entwickelt hat. Investoren sollten die Situation im Auge behalten – auch wie die Bevölkerung die Null-Covid-Strategie mitträgt.“