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Analyse zu Aktien-Investments Fakten und Fantasien über Dividendenstrategien

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Dividend Investing aus der Sicht der Theorie

Wie ist Dividend Investing aus der Sicht der Theorie zu betrachten, also aus dem Blickwinkel der Sachlogik? Um diese Frage möglichst knapp zu beantworten, fassen wir nachfolgend einige wichtige, zum Teil altbekannte Forschungsergebnisse stichpunktartig zusammen. Am Ende dieses Artikels listen wir zusätzliche Artikel für Leser auf, die unsere kurzen Ausführungen selbst in der akademischen Literatur nachvollziehen wollen.

(1) Im Jahr 1961 veröffentlichten die beiden amerikanischen Finanzprofessoren Franco Modigliani und Merton Miller einen bahnbrechenden Aufsatz, in dem sie zeigten, dass in einer Welt ohne Steuern und Transaktionskosten die Dividendenpolitik [2] eines Unternehmens keinen Einfluss auf seinen Unternehmenswert und dessen Veränderung, also die Aktienrendite, hat (Modigliani/Miller 1961).

Die beiden Forscher erhielten unter anderem für diese Arbeit später den Wirtschaftsnobelpreis. Ergo sind aus der Sicht zweier super-smarter Ökonomen im Kontext der Renditemaximierung hohe Dividenden per se nicht entscheidend. Anders formuliert: Nicht in welcher prozeduralen Weise der Unternehmensgewinn an die Eigentümer weitergegeben wird, ist entscheidend, sondern wie hoch der Gewinn ist. Gelegentlich wird die Gültigkeit des so genannten „Modigliani-Miller-Dividenden-Irrelevanz-Theorems“ mit dem Hinweis in Frage gestellt, es berücksichtige keine Steuern und Transaktionskosten.

Derartige Kritik steht jedoch auf wackeligen Beinen, denn Dividenden sind eine Cash-Ausschüttungsform, die steuerlich für Unternehmen und Aktionäre zusammengenommen in den meisten Jurisdiktionen eher teurer ist als ihre beiden Alternativen, nämlich Ausschüttungen mittels Aktienrückkäufen oder der Verzicht auf Ausschüttungen, also äquivalente Kurssteigerungen (letztere beiden sind finanzmathematisch gleich renditewirksam). [3] Auch in Deutschland werden Kursgewinne wegen des Barwerteffektes aus ihrer „nachgelagerten“ Besteuerung de facto niedriger besteuert als Dividenden.

(2) Bleiben wir bei der Wissenschaft. Dort bestehen wenig Zweifel, dass die statistische Outperformance von Dividendenaktien, soweit sie überhaupt existiert, nicht originär mit ihrer hohen Dividendenrendite zu erklären ist, sondern damit, dass Dividendenaktien tendenziell eine Mischung aus so genannten Value-, Quality- und Low-Volatility-Aktien darstellen (siehe die drei rechten Spalten in der Tabelle). [4]

Diese so genannten „Faktorprämien“ werden als ursächlich gesehen für die denkbare Outperformance von Dividendenaktien, nicht jedoch ein vermeintlicher „Dividendenfaktor“, der vielleicht gar nicht existiert. Im Einklang damit verwendet der bekannte Index-Provider MSCI das Filterkriterium „hohe Dividendenrendite“ in der Konstruktion seiner Value-Aktienindizes als eines unter mehreren Kriterien.

Wer die drei genannten originären Faktorprämien „ernten“ möchte – sprich ihre erwartete Mehrrendite möglichst systematisch vereinnahmen will –, der fährt besser, indem er sich direkt auf die eigentlichen Faktoren konzentriert und eben nicht auf den „sekundären“ Faktor Dividendenrendite, nur weil dieser mit den primären Faktoren tendenziell hoch korreliert. „Für das Echte gibt es keinen Ersatz“, das wussten schon die Marketing-Leute der einstigen Hochnikotin-Zigarettenmarke Reval. Sie hatten Recht.

[2] Mit Dividendenpolitik ist die Höhe der Dividende und ihre Veränderung im Zeitablauf gemeint.
[3] In einem gegebenen Jahr schütten global rund 40% aller Unternehmen keine Dividenden aus. Unter Small Caps und Mid Caps ist die Quote an Nicht-Dividendenzahlern höher als unter Large Caps. Seit rund 20 Jahren wächst die Bedeutung von Aktienrückkäufen als Cash-Ausschüttungsmethode zulasten von Dividenden. In den USA schütteten Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren mehr Cash im Wege von Aktienrückkäufen aus als durch Dividenden (The Economist, 27.05.2017).
[4] Vgl. Black 2013, Fisher 2013, Schlanger/Kesidis 2017, McCullough 2017.

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