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Biometrie-Vorsorge „Anfang für betriebliche Pflegeversicherung ist gemacht“

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Private Pflegevorsorge

2013 hat der Gesetzgeber eine staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung eingeführt, auch bekannt als „Pflege-Bahr“. Mit 60 Euro im Jahr fördert er den Abschluss eines Pflegetagegeldtarifs. Ähnliche Produkte ohne staatlichen Zuschuss gab es schon weit vor 2013. Doch obwohl die Notwendigkeit zur privaten Vorsorge klar auf der Hand liegt, stocken die Zahlen. 2019 hatten nur 920.000 Versicherte eine staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung.

2,85 Millionen Menschen waren 2019 in Pflegetagegeld-Tarifen ohne staatliche Förderung zusatzversichert. Auch das bei mehr als 80 Millionen Bundesbürgern ein nur geringer Teil. Zehn Jahre zuvor waren bereits 1,5 Millionen Bundesbürger pflegezusatzversichert. Trotz bekannter Fakten entwickelt sich der Markt nicht sehr dynamisch.

Woran liegt es? Die Pflegereformen und die damit verbundenen Leistungsausweitungen geben den Menschen ein falsches Gefühl der Sicherheit. Sie verlassen sich auf den Sozialstaat, haben ein hohes Anspruchsdenken und sind wenig bereit, selbst vorzusorgen. Ihre finanzielle Lücke im Pflegefall ist ihnen häufig kaum bewusst. In der Vermittlung und Beratung von Pflegezusatzprodukten gelingt es nur in Teilen, diese Fehleinschätzung zurecht zu rücken.

Die private Vorsorge zu stärken, setzt also eine klare Sprache von Seiten der Politik voraus. Schwer anzukommen ist allerdings gegen das Maß an Irrationalität der Verbraucher: Viele wissen um das Risiko und sichern sich trotzdem nicht ab, selbst wenn sie es finanziell könnten. Der Motor für einen Bewusstseinswandel, der den Sozialstaat durch mehr Eigenverantwortlichkeit entlastet, könnten die Betriebe sein.

Betriebliche Pflegevorsorge

Vorsorge funktioniert häufig dann besonders gut, wenn sie betrieblich organisiert ist. Arbeitgeber haben ein Interesse, ihre Mitarbeiter arbeitsfähig zu halten. Wer einen Angehörigen zu pflegen hat, ist stark eingeschränkt. Es gibt deshalb eine neue Lösung, die genau hier ansetzt. Die betriebliche Pflegelösung der Hallesche stärkt die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.

Sie ist eine Produktinnovation, die neue Wege in dem noch jungen Segment der betrieblichen Pflegeversicherung aufzeigt. Nicht nur die eigene Pflegebedürftigkeit ist finanziell mit einer Einmalzahlung abgesichert, sondern es gibt auch ein monatliches Pflegegeld für den Mitarbeiter, der sich als Pflegeperson um einen nahen Angehörigen kümmert. Assistance-Leistungen, wie zum Beispiel ein Pflege-Coach, helfen bei Organisation und Betreuung.

Ein neues Beispiel der sozialen Absicherung durch tarifvertragliche Regelungen ist die Branchenlösung Careflex Chemie. Am 1. Juli ist die arbeitgeberfinanzierte tarifliche Pflegezusatzversicherung gestartet, die mit einem Schlag hunderttausende Beschäftigte in der Chemiebranche im Fall der Pflegebedürftigkeit absichert.

Arbeitgeber liefern damit einen Beitrag zu einem gesellschaftlichen Problem und schaffen sich einen Wettbewerbsvorteil in Sachen Arbeitgeberattraktivität. Weitere Branchen werden diesem Beispiel sehr wahrscheinlich folgen. Denn betriebliche Pflegevorsorge stärkt auch die Wirtschaftskraft.

Um von der Initiative einzelner Branchenverbände hin zu einer flächendeckenden Versorgung zu gelangen, sind allerdings bestimmte Rahmenbedingungen zu schaffen. Denkbar ist beispielsweise, die betriebliche Pflegeversicherung als Durchführungsweg der Entgeltumwandlung zu etablieren.

CDU/CSU und FDP formulieren in ihren Wahlprogrammen die Absicht, die betriebliche Pflegeversicherung auszubauen. SPD, Grüne und Linken planen, für die Pflege eine Bürgerversicherung einzuführen. Dies hätte zur Konsequenz, dass die generationengerechte nachhaltige Finanzierung der privaten Pflegepflichtversicherung aufgegeben würde.

Immer mehr Steuerfinanzierung für die Stabilisierung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Pflegeversicherung würde erforderlich werden. Denn auch privat Versicherte werden mit zunehmendem Alter pflegebedürftiger, allerdings würde deren Vorsorge fürs Alter nicht mehr weiter betrieben werden.

Fazit

Wer sich in der Pflegevorsorge auf den Staat verlässt, überantwortet diesem eine allumfassende Problemlösungskompetenz, die er – wir haben es in der Corona-Pandemie erlebt – nicht hat.

Die gesetzliche Pflegeversicherung bietet einen guten Grundschutz für alle Bundesbürger. Um den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung stabil zu halten, ist jedoch bereits heute ein Steuerzuschuss erforderlich, der auf wackeligen Beinen steht. Jede Form von Steuerfinanzierung belastet die jüngeren Generationen und ist nicht nachhaltig.

Mit Pflegezusatzversicherungen kann die (Teilkasko-)Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung zu akzeptablen Beiträgen zu einem umfassenden Pflegeschutz ergänzt werden. Und das schon heute.

Wie sehr sich die betriebliche Pflegeversicherung durchsetzt, hängt auch vom Gestaltungswillen der neuen Bundesregierung ab. Der Anfang ist gemacht. Es ist davon auszugehen, dass sich auch in der Pflege ein dreigliedriges System aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Vorsorge etabliert, wie wir es schon von der Rente kennen. Nicht nur Klimaschutz, auch Pflegevorsorge schützt nachkommende Generationen. Die Verantwortung liegt bei uns allen.


Über die Autorin: 

Wiltrud Pekarek, Hallesche (Foto: Reich)

Wiltrud Pekarek ist Mitglied des Vorstands der Hallesche Krankenversicherung, bei der die Diplom-Mathematikerin 1984 ihre berufliche Karriere startete. Sie war seit 1999 zehn Jahre lang Verantwortliche Aktuarin und ist seit 2004 Vorständin des Krankenversicherers mit Sitz in Stuttgart. Außerdem ist sie Mitglied der Vorstände des Lebensversicherers und der Holdinggesellschaft der Firmengruppe Alte Leipziger Hallesche (ALH).

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