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Krypto-Vermögenswerte
Anlageberatung zu Digitalwerten: Banken und Vermögensverwalter sollten sich beeilen
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Von in Tipps & RatgeberLesedauer: 10 Minuten
Business-Gespräch
Business-Gespräch: Traditionelle Finanzunternehmen sollten sich dringend mit digitalen Assets beschäftigen, rät Avaloq-Spezialist Nils Bulling. | Foto: Imago Images / agefotostock

Digitale Vermögenswerte bieten eine attraktive Alternative zu traditionellen Anlagen. Eine aktuelle Umfrage von Avaloq bestätigt, dass Anleger trotz des vergangenen Kryptowinters und des Zusammenbruchs namhafter Börsen und Kryptofirmen den digitalen Assets weiterhin positiv gegenüberstehen: 40 Prozent der befragten Anleger in Deutschland geben heute an, dass sie in Kryptowährungen investieren – 6 Prozentpunkte mehr als in der Vorjahresstudie.

Nach Daten der Europäischen Union hat sich die Marktkapitalisierung digitaler Vermögenswerte von 2020 bis 2022 verachtfacht. Die Avaloq-Umfrage zeigt aber auch, dass 85 Prozent der Kryptoanleger selbstständig agieren und Kryptobörsen nutzen. Und 92 Prozent derjenigen, die noch nicht in Kryptowerte investieren, wären daran interessiert, dies über ihren traditionellen Finanzdienstleister zu tun – wenn es solch ein Angebot gäbe. Erste Finanzinstitute haben jetzt damit begonnen, diese Nachfrage durch Handels- und Verwahrungsdienstleistungen zu bedienen. Um sich jedoch wirklich von den Herausforderer-Banken und -Börsen abzuheben, sollten die traditionellen Finanzinstitute ihr etabliertes Wertversprechen nutzen: Anlageberatung auf der Grundlage von Vertrauen.

Was sollten Banken und Vermögensverwalter jetzt also tun, um digitale Vermögenswerte in ihr Angebot zu integrieren?

 

Status quo beim Angebot digitaler Vermögenswerte

Die Erfahrung zeigt, dass Banken und Vermögensberater immer noch zögern, mitunter hochvolatile digitale Assets in ihre Vermögensverwaltungsmandate aufzunehmen. Denn oft befürchten sie ein erhöhtes Reputationsrisiko, regulatorische Unsicherheiten oder einen Mangel an interner Expertise. Stattdessen entscheiden sich viele Institute dafür, die Anlageaufträge ihrer Kunden einfach auszuführen.

Diese reinen Ausführungsmodelle werden häufig durch Verwahrungsdienstleistungen ergänzt, weil die Kunden ihrer Bank ohnehin schon die Verwahrung von Bargeld, Wertpapieren und anderen traditionellen Vermögenswerten anvertrauen. Der Vorteil dieses Ansatzes für traditionelle Finanzinstitute: Sie werden zu einer zentralen Anlaufstelle für ihre Kunden in Sachen Fiat- und digitale Vermögenswerte.

Dieser Business Case wird durch die Umfragedaten von Avaloq gestützt: 90 Prozent der befragten Anleger würden gerne über ihren traditionellen Finanzdienstleister in digitale Vermögenswerte investieren, wenn ihnen diese Möglichkeit zur Verfügung stünde.

Die wichtigste technische Voraussetzung für Banken und Vermögensberater besteht darin, eine geeignete Infrastruktur zu implementieren. Dies kann geschehen, indem sie beispielsweise ihr Kernbanksystem so aufrüsten, dass sich neben traditionellen Anlageprodukten auch digitale Assets integrieren lassen. Alternativ ist es auch denkbar, sich an ein Sub-Custody-Angebot eines anderen Finanzinstituts mit einem etablierten Offering an digitalen Vermögenswerten anzuschließen.

Die Risiken im Zusammenhang mit der Anlageberatung

Man muss zugeben, dass für Banken und Vermögensverwalter die Anlageberatung im Bereich digitaler Assets – im Vergleich zu einem reinen Ausführungsmodell – tatsächlich mit Risiken verbunden ist. Hier existieren drei Hauptarten von Risiken.

  1. Das erste ist die rechtliche und regulatorische Unsicherheit. Banken und Vermögensverwalter arbeiten unter strengen aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen, um die finanzielle Stabilität und den Anlegerschutz zu gewährleisten. Das Fehlen klarer Richtlinien im Kryptobereich kann die Banken rechtlichen und Compliance-Risiken aussetzen, wenn es darum geht, Investitionen in digitale Vermögenswerte zu fördern und sie ihren Kunden zu empfehlen. Die bahnbrechende EU-Richtlinie „Markets in Crypto Assets“ (Mica), die im Juni 2023 veröffentlicht wurde, könnte jene rechtliche Klarheit schaffen, die traditionelle Finanzinstitute benötigen, wenn es um ein umfassendes Angebot im Bereich digitaler Vermögenswerte geht.
  2. Zweitens fehlt es in traditionellen Instituten mitunter noch an fundiertem Fachwissen auf dem Gebiet der Kryptoinvestitionen in der Breite. Digitale Vermögenswerte sind eine neue Anlageklasse, die sich schnell entwickelt. Vielen Kundenbetreuern fehlen vermutlich noch die erforderlichen Kenntnisse, um ihre Kunden über Kryptoinvestments ganzheitlich zu beraten. Sie sorgen sich zu Recht, dass sie ihre Kunden möglicherweise falsch beraten könnten oder Anlagemöglichkeiten nicht richtig erkennen. Finanzinstitute sollten erwägen, interne Schulungen anzubieten, um Fachwissen und Vertrauen aufzubauen. Ebenso empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit externen Experten, die Einblicke in die Blockchain-Technologie, in globale Vorschriften und in neue Anlagetrends verschaffen.
  3. Drittens kann auch das Reputationsrisiko traditionelle Finanzinstitute davon abhalten, in den Bereich digitaler Anlagen zu expandieren. Wenn beispielsweise eine Anlageempfehlung für Kryptoassets zu erheblichen Verlusten für Kunden führt, könnte dies die Glaubwürdigkeit des gesamten Beratungsgeschäfts des Unternehmens untergraben. Dass langfristige Prognosen für die Wertentwicklung digitaler Assets fehlen, kann – in Verbindung mit der jüngsten Volatilität – diese Bedenken noch verstärken. Zugleich macht der dezentralisierte Charakter digitaler Vermögenswerte gezielte Kontrollen zur Bekämpfung von Geldwäsche (Anti-Money Laundering, AML) und Terrorismusfinanzierung (Countering the Financing of Terrorism, CTF) erforderlich, wenn Finanzinstitute die Aufsichtsbehörden und die Öffentlichkeit zufriedenstellen wollen.
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Zukünftiges Geschäft durch digitale Vermögenswerte

Banken und Vermögensberater, die diese Risiken managen, können ihre Expertise in der Anlageberatung allerdings dazu nutzen, den sich wandelnden Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht zu werden. Das erforderliche Know-how und die richtige Technologie befähigen Berater, innovative Dienstleistungen anzubieten, die über den einfachen Kauf und Verkauf von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether hinausgehen.

Zu den zukünftigen Anwendungsfällen im Bereich digitaler Assets könnte beispielsweise das Staking gehören. Beim Staking werden Anleger dafür belohnt, dass sie ihre digitalen Vermögenswerte vorübergehend sperren und zulassen, dass sie zur Validierung von Transaktionen auf der Blockchain verwendet werden. Als Gegenleistung erhalten die Anleger neue Coins – was einen neuen Weg der Vermögenssteigerung eröffnet.

Ein weiterer Anwendungsfall sind Kryptokreditdienste. Dabei erhalten Anleger die Möglichkeit, sich Bargeld zu leihen, indem sie ihre Kryptobestände als Sicherheiten verpfänden. Diese Option würde Anlegern Zugang zu kurzfristiger Liquidität verschaffen, ohne dass sie dafür ihre langfristigen Investitionen in digitale Vermögenswerte verkaufen müssten.

Schließlich könnten Banken und Vermögensverwalter sogar die Tokenisierung als neuen Weg nutzen, damit Privatpersonen in Zukunft in non-bankable Assets (nBA) wie Immobilien oder in nativ digitale Vermögenswerte wie digitale Kunst investieren können. Wenn ein Finanzinstitut digitale Tokens ausgibt, lässt sich ein Luxusgut dadurch in einen leicht handelbaren digitalen Vermögenswert verwandeln. Dies schafft der Bank oder dem Vermögensverwalter potenziell neue Geschäftsmöglichkeiten und eröffnet auch Kunden aus dem Retail- und Mass-Affluent-Bereich den Zugang zum High-End-Luxussektor.

Selbst wenn die Tokenisierung noch in den Kinderschuhen steckt, ist dieses Konzept für Banken und Vermögensverwalter doch oft relativ einfach in ihr bestehendes Angebot zu integrieren. Denn mitunter verfügen Finanzinstitute bereits über die Erfahrung und die Daten, um das Asset zu bewerten, das den digitalen Tokens zugrunde liegt. Allerdings ist dies bei nativen Coins oder bei non-bankable Assets im Allgemeinen nicht der Fall.

Warum es notwendig ist, im Bereich digitaler Vermögenswerte Fuß zu fassen

Während die Welten des traditionellen Finanzwesens und der digitalen Assets weiter zusammenwachsen, sind Banken und Vermögensverwalter in einer idealen Position, um das gesamte Spektrum der Kundenbedürfnisse zu bedienen – auf der Grundlage von Vertrauen, Servicequalität und Innovation. Wenn etablierte Finanzinstitute ihre Stärken bei Anlageberatung und Compliance nutzen, können sie Anlegern helfen, erfolgreich durch die Landschaft digitaler Vermögenswerte zu navigieren. Auf diese Weise bieten sie ihren Kunden neue Methoden des Vermögensaufbaus und bleiben in einem sich rasch verändernden Finanzsektor wettbewerbsfähig.

Beratungskonkurrenz durch Krypto-Natives?

Einige der „Krypto-Natives“ versuchen durchaus, traditionelle Banken herauszufordern, indem sie traditionelle Produkte wie beispielsweise Aktien oder ETFs anbieten. Jüngst hat auch eine Krypto-Börse aus Wien erklärt, in das Finanzberatungsgeschäft für vermögende Privatkunden einsteigen zu wollen. In einem ersten Schritt will die Börse zehn Millionen Dollar investieren, um einen „Finanzberater in der Tasche“ zu etablieren. Aber perspektivisch soll es für vermögende Anleger auch den persönlichen Betreuer geben, der ihre individuelle Vermögensberatung übernimmt. Herausfordernd ist an solchen Plänen, dass die Beratungsteams von Grund auf neu aufgebaut werden müssen – und dies vor dem Hintergrund eines allgemeinen Fachkräftemangels.

Der klare Vorteil traditioneller Anbieter von Vermögensberatungsleistungen ist, dass sie bereits über etablierte Teams und ein starkes Arbeitgeberbranding verfügen. Zudem sind etablierte Banken grundsätzlich diversifizierter und robuster – auch dann, wenn sie beginnen, eigene Krypto-Angebote zu schaffen.

Noch genießen die etablierten Finanzinstitute ein Vertrauensplus bei ihren Kunden. Es wird jetzt darauf ankommen, all diese Vorteile gegenüber den Krypto-Natives auszuspielen. Denn noch greift ein wichtiger Wettbewerbsvorteil: Für etablierte Finanzinstitute ist es einfacher, ein Krypto-Standbein zu schaffen, als es für Krypto-Natives ist, in der Welt von klassischen Anlagen und persönlicher Beratung Fuß zu fassen.


Über den Autor: 

Nils Bulling leitet den Produktbereich Digital Assets beim Anbieter digitaler Banking-Lösungen Avaloq (www.avaloq.com). Er hat einen Informatik-Hintergrund und war zuvor als Berater bei der Boston Consulting Group und Capgemini tätig. Bulling verfügt über mehr als 15 Jahre Berufserfahrung in der digitalen Transformation. 

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