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Goldman-Sachs-Experten im Interview „Anlagespektrum von Themenfonds nicht zu eng fassen“

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Was sind die aus Ihrer Sicht wichtigen Megatrends, aus denen sich Themenstrategien ableiten lassen?

Barrs: Wir haben vier Megatrends ausgemacht, die wir derzeit für investierbar halten. Dazu zählt der technologische Fortschritt durch Digitalisierung, Automatisierung und den Bereich Big Data. Als zweites sehen wir im Konsumverhalten der sogenannten Millennials einen signifikanten Trend, aus dem sich eine Investmentstrategie ableiten lässt. Ein drittes und ebenso wichtiges Thema ist die Zukunft des Gesundheitswesens mit Fokus auf der Genomforschung und Präzisionsmedizin. Der vierte Trend ist die ökologische Nachhaltigkeit mit Unterthemen wie den Erneuerbaren Energien, der Ressourceneffizienz und der Kreislaufwirtschaft. Aus jedem dieser Trends haben wir eine Investmentstrategie abgeleitet, aus dem Technologie-Trend sogar zwei.

Bei GSAM haben Sie Ihre Strategien relativ breit angelegt: Umwelt und Nachhaltigkeit anstelle einzelner Themen wie beispielsweise Wasser. Was ist der Grund dafür?

Barrs: Uns ist wichtig, dass wir zu jeder Strategie ausreichend Anlagemöglichkeiten zur Verfügung haben, die explizit mit dem jeweiligen Investmentthema verbunden sind. Wir investieren nur in solche Unternehmen, die auch im Hinblick auf fundamentale Kriterien wie Qualität und Bewertung unsere Anforderungen erfüllen. Das gelingt aber nur dann, wenn das Investmentthema, und damit auch das Anlageuniversum nicht zu eng gefasst ist. Wasser ist ein gutes Beispiel. Wir halten das zwar für ein spannendes Thema, aber es gibt derzeit nur rund 30 bis 40 börsennotierte Firmen, bei denen wir einen direkten Zusammenhang zum Thema sehen. Wir haben das Wasser-Thema daher in das übergreifende Umwelt-Thema integriert.

Welchen Umfang muss denn ein Anlageuniversum haben, damit es für eine eigene Strategie infrage kommt?

Barrs: Wir haben dafür keine feste Zahl definiert, aber 300 bis 400 Unternehmen sollte es schon umfassen, um ein Thema umfassend abzubilden und ein konzentriertes Portfolio aus etwa 40 qualitativ hochwertigen Aktienwerten aufbauen zu können.

Lässt sich eine Aussage über die Volatilität von Themenstrategien im Vergleich zu klassischen Aktienstrategien treffen?

Barrs: Das hängt vom Thema und vom jeweiligen Management ab. Als aktive Asset Manager betreiben wir fundamentales Research und wählen robuste Unternehmen aus, die uns durch ihre Bilanzen und Wachstumsprofile überzeugen können. Diese sind traditionell weniger volatil als andere Werte.

Auffällig sind die Nebenwerte in den Portfolios vieler Themenfonds. Welche Rolle spielen sie?

Barrs: Eine gute Frage. Die meisten Themenfonds haben zumindest einen Anteil an Small und Mid Caps. Und zwar aus zwei Gründen: Das Innovationstempo hat sich erhöht. Es kommen mehr kleinere Unternehmen auf den Markt, die mit ihren innovativen Technologien eine disruptive Wirkung in bestehenden Märkten erzeugen können. Der zweite Grund: Viele Themen lassen sich in ihrer Reinheit meist besser über kleinere Firmen spielen. Ein großer Konzern hat häufig auch mehrere Geschäftsfelder, die nicht alle zu einem Thema passen, aber dennoch den Aktienkurs des Unternehmens beeinflussen.

Rees: Bei der Integration einer Themenstrategie ins Portfolio kann man die Small-Cap-Charakteristik auf mehrere Arten nutzen: als Startposition für ein Small-Cap-Portfolio, als Diversifikator zu Large Caps oder einfach als ein aktives Risiko zu einem Core-Aktien-Portfolio. Die Themen können Anlegern helfen, über Engagements in Small Caps und Schwellenländern zu diversifizieren. Das sind Bereiche, die viele Anleger unterallokiert haben.

Wie geht der Vertrieb mit Themenfonds um?

Barrs: Das Feedback ist gut und wir erhalten sogar Ideen für weitere Themenstrategien. In neun von zehn Fällen ist jedoch klar, dass diese Vorschläge aus bereits genannten Gründen nicht infrage kommen. Viele Kunden finden sehr konzentrierte Themen wie etwa die Raumfahrt spannend. Konzeptionell ist das fraglos ein faszinierendes Thema, das Anleger begeistern kann. Praktisch ist es aber nicht in einer Investmentstrategie umsetzbar. Über die Börse sind kaum passende Unternehmenstitel zu bekommen, allenfalls Fluggesellschaften und Flugzeughersteller, wodurch das Thema wieder verwässern würde.

Rees: Eine häufige Frage aus dem Vertrieb bezieht sich darauf, ob und wie eine thematische Anlagestrategie in ein bestehendes Anlegerportfolio passt. Schließlich sind einige der Megatrends bereits in den Portfolios bestehender Strategien berücksichtigt. Wir haben daher einige der größten Fonds mit unterschiedlichen Anlagestrategien analysiert: globale Wachstumsstrategien, traditionelle, thematische und regionale sowie faktorbasierte Strategien. Die Korrelation der Überrenditen zwischen diesen erfolgreichen, beispielhaft genannten Strategien und unserer zum Vergleich herangezogenen Millennials-Strategie war gering. Obwohl einige Themenideen in anderen Anlagestrategien vorhanden sein können, zeigt uns die niedrige Korrelation der Überschussrenditen, dass sich die Ergebnisse thematischer Strategien sinnvoll von denen weit verbreiteter Anlageprodukte unterscheiden können.

Das Interview führte Sabine Groth mit Julia Rees, Leiterin Portfoliostrategie und Strategic Advisory Solutions in EMEA und Asien ex Japan und Luke Barrs, Leiter Fundamental Equity Client Portfolio Management in EMEA und Asien ex Japan bei Goldman Sachs Asset Management.

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