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"Anleger verschenken ihr Geld"

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Zweitens ergibt sich aus der Grafik, dass es in der Entwicklung der Börsenumsätze in den letzten 20 Jahren einen Bruch gibt. Bis 2007/2008, also dem Beginn der weltweiten Finanzkrise, sind die Volumina permanent angestiegen. Von dann an wird an der Eurex im Schnitt weniger gehandelt.

Das hängt zum Teil damit zusammen, dass es inzwischen eine Reihe von alternativen Handelsplattformen gibt, die der Eurex insgesamt Geschäft weggenommen haben. Hinzu kommt aber noch etwas anderes. Seit der Krise haben sich einige Anlegergruppen zurückgezogen. Die Versicherungen haben ihr Aktienengagement durch die verschärften regulatorischen Vorschriften von Solvency zurückgeführt (sie müssen inzwischen mehr Eigenkapital für Aktien vorhalten). Privatanleger sind vorsichtiger geworden. Ich hatte vor einigen Wochen berichtet, wie sie ihr Aktienengagement verringert haben.

Es sieht so aus, als habe sich diese Entwicklung in den letzten eineinhalb Jahren deutlich beschleunigt. Die Börsenumsätze gehen drastisch zurück. Das kann man jetzt nicht mehr allein mit der Vorsicht der Anleger erklären. Hier spielt vielmehr eine Rolle, dass die Banken ihren Eigenhandel deutlich abbauen. Auch die Hedge-Fonds halten sich im Handel stärker zurück.

Der Rückgang der Börsenumsätze bei steigenden Aktienkursen ist insgesamt keine gute Entwicklung. Wenn die Umsätze an den Börsen zurückgehen, sinkt die Liquidität und die Schwankungen nehmen zu. Genau das war in den letzten Jahren zu beobachten. Seit 2008 gab es beim DAX zwei tiefe Einbrüche (2008/9 und 2011) und zwei größere Aufwärtsentwicklungen. So viel Volatilität hat es früher nicht gegeben.

Und noch eins: Die Anleger haben die Zeit niedriger Zinsen nicht dazu genutzt, um durch verstärkte Investition in Dividendenpapiere eine bessere Rendite zu erzielen. Sie bleiben vielmehr in Termineinlagen und in festverzinslichen Wertpapieren. Das ist nicht nur schade für sie selbst. Es ist auch volkswirtschaftlich ein Problem. Die positive Kursentwicklung am Aktienmarkt geht an wichtigen Teilen der Volkswirtschaft vorbei.

Sie führt nicht dazu, dass das Geldvermögen der privaten Haushalte steigt (und sie damit zu mehr Konsum anregt). Auch die Unternehmen haben nichts davon (was unter anderem die Schwäche der Investitionen in letzter Zeit erklärt). Vom Aktienmarkt gehen damit keine positiven Impulse auf die Wirtschaftsentwicklung aus. Hier funktionieren offenbar die marktwirtschaftlichen Reflexe nicht mehr. Das ist ein Problem für die Banken und Börsen; sie müssen sich etwas einfallen lassen, um die Kunden zu halten. Es ist aber auch ein wirtschaftspolitisches Problem.

Für den Anleger

Es ist gut die Risiken im Kopf zu haben. Man sollte nicht vergessen, dass die Kurse derzeit historisch gesehen bereits sehr hoch sind. Andererseits wäre es falsch, sich zu sehr aus dem Aktienmarkt zurückzuziehen. Man vergibt die Chance, sich an der Wohlstandsentwicklung des Aufschwungs zu beteiligen. Schließlich: Schauen Sie sich zur Beurteilung der Aktienentwicklung von Banken und Börsen an, was diese Institutionen tun, um der Entwicklung entgegenzuwirken.

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