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Mit dieser Strategie performt dein Depot am besten (Analyse)

Welchen Einfluss hat das eigene Verhalten auf die Performance des Depots?
Die meisten Anleger meinen, dass zwei Faktoren die Performance ihres Depots maßgeblich beeinflussen:
- die Wahl des richtigen Investitionszeitpunktes und
- die Auswahl der Fonds, die gekauft werden.
Mit dieser Meinung liegen sie richtig.
Weil viele Anleger glauben, dass ihnen für beide Entscheidungen das fundierte Fachwissen fehle, suchen sie sich einen Berater, von dem sie annehmen, dass er über diese Kompetenzen verfüge.
Dabei unterliegen sie dem ersten Irrtum, denn kein Berater kann Hellsehen und deshalb gibt es auch keinen Berater, der ständig und wiederholbar den optimalen Investitionszeitpunkt kennt. Das haben zahlreiche wissenschaftliche Studien hinreichend geklärt und bewiesen.
Den optimalen Investitionszeitpunkt vorherzusagen ist genauso unmöglich, wie es unmöglich ist das Wetter für das nächste Jahr absolut richtig vorherzusagen oder die Lottozahlen der nächsten Ziehung.
Richtig ist, dass sich bei der Auswahl guter Fonds, Fachwissen bezahlt machen kann und kompetente Berater dabei wertvolle Empfehlungen geben können.
Entnahmeverhalten maßgeblich für Depot-Erfolg
Was die meisten Anleger nicht wissen und nicht für möglich halten, ist aber, dass sie mit ihrem Entnahmeverhalten maßgeblich den wirtschaftlichen Erfolg Ihres Depots beeinflussen und sich schnell um mehr als 25 Prozent des Depotwertzuwachses bringen.
Wer das nicht glauben kann, für den haben wir hier ein Beispiel. Das sind die Rahmenbedingungen:
Alle Anleger haben 100.000 Euro zum Investieren zur Verfügung. Die Anlageperiode beginnt am 30. Juni 2010 und endet am 30. Juni 2023. Die Anleger investieren alle in die gleichen vier Fonds und verteilen ihre Investitionsbeträge immer zu gleichen Teilen auf diese. Der einzige Unterschied zwischen den Teilnehmern ist ihr Entnahme- und Reinvestitionsverhalten während der Anlageperiode.
Die Anleger im Überblick
- Anleger A investiert 100.000 Euro am 30. Juni 2010 und kümmert sich weiter nicht darum. Das Motto: „Kaufen und dann schlafen legen.“
- Anleger B investiert die 100.000 Euro auch am 30. Juni 2010 zu gleichen Teilen auf die vier Fonds. Er schaut halbjährlich auf das Depot. Um Verluste zu begrenzen, entnimmt er immer dann 15 Prozent des Depotwertes, wenn dieser im vergangenen halben Jahr gesunken ist. Ist das Depot gestiegen, lässt er es weiterlaufen. Die „Sicherheitsentnahmen“ legt er mit 3 Prozent Zinsen auf einem Tagesgeldkonto an.
- Anleger C lässt es etwas vorsichtiger angehen und investiert am 30. Juni 2010 nur 80.000 Euro zu gleichen Teilen in die vier Fonds. 20.000 Euro parkt er als Liquiditätsreserve auf einem Tagesgeldkonto mit 3 Prozent Verzinsung. Auch er schaut halbjährlich auf den Depotstand und handelt nach folgender Regel: Immer, wenn die Performance des Depots im abgelaufenen Halbjahr negativ war, nutzt er die Gelegenheit, um zu reduzierten Kursen günstig nachzukaufen. Er stockt dann mit 5.000 Euro aus seiner Liquiditätsreserve das Depot auf. Zwei Jahre später nimmt er die Gewinne aus diesen „Nachkäufen“ mit und verkauft die günstig erworbenen Anteile wieder. Den Verkaufserlös legt er auf sein Tagesgeldkonto.
- Anleger D investiert am 30. Juni 2010 sein gesamtes Kapital zu gleichen Teilen in die vier Fonds und geht nach folgender Regel vor: Immer wenn die Performance des Depots im abgelaufenen Halbjahr über 10 Prozent lag, realisiert er einen Teil der Gewinne. Das heißt, er verkauft jeweils 20 Prozent der Fondsanteile und sichert die Gewinne auf einem Tagesgeldkonto mit 3 Prozent Verzinsung. Immer wenn die Performance des Depots im vorangegangenen Halbjahr negativ war, entnimmt er die Hälfte seines Tagesgeldkontos und stockt damit zum ermäßigten Preis sein Depot auf, indem er den Aufstockungsbetrag zu gleichen Teilen auf alle vier Fonds verteilt.
- Anleger E hat zunächst keine Strategie, aber gute Freunde, die ihm gerne Ratschläge erteilen. Die sind nicht vom Fach und geraten deshalb leicht in Panik, wenn in Krisenzeiten wie im September 2011 (Eurokrise), Februar 2016 (Chinakrise), März 2020 (Corona-Krise) oder September 2022 (Ukraine-/Inflations-Krise) die Börsen und Finanzmärkte heftig in Turbulenzen geraten. Um sein Vermögen vor weiteren und dauerhaften Verlusten zu schützen, raten sie ihm in diesen Krisenzeiten wenigstens 40 Prozent des Depotwertes in den sicheren Hafen eines Tagesgeldkontos zu bringen. Das leuchtet Anleger E ein und er folgt der Empfehlung. Wie bei allen (Finanz-)krisen erholen sich die Märkte nach einiger Zeit und steigen kräftig. Um sicherzugehen, dass die Kurserholung nachhaltig ist, raten die Freundinnen dem Anleger erstmal zwei Jahre abzuwarten. Nachdem der Aufwärtstrend sich als stabil herausgestellt hat, raten die Freunde dem Anleger die geparkten Gelder wieder zu investieren, um die höheren Ertragschancen der Finanzmärkte zu nutzen.
So entwickelten sich die Depots der verschiedenen Anleger
Alle Anleger waren über denselben Zeitraum in dieselben vier Fonds investiert und haben deren Performance gleich mitgenommen. Trotzdem unterscheiden sich die Anlageergebnisse der Anleger deutlich:

Was in Prozent pro Jahr gerechnet nach einem kleinen Unterschied aussieht, entpuppt sich über die Laufzeit gesehen in absoluten Euro-Beträgen als ziemlich großer Unterschied:


Der gelassene Anleger A hat mit seinem Vertrauen 68.000 Euro mehr verdient als der strategielose und von Tagesnachrichten getriebene Anleger E. Die vermeintlich sicherheitsorientierten Strategien der Anleger B, C, und D haben zwar deutlich mehr erwirtschaftet als Anleger E, aber auch sie haben am Ende 23.000 bis 28.000 Euro gekostet. Für diese Summen hätten sich die Anleger B bis E viele schöne Dinge und Reisen kaufen können.
Risikoreduzierung kostet Geld
Was können Investoren daraus lernen?
Vermeintliches Risiko reduzierende Depotentnahmen kosten mittel- bis langfristig Geld, viel Geld.
Kurzfristig mag es im einen oder anderen Fall als sinnvolle Maßnahme erscheinen und das Gewissen beruhigen, aber der Preis für diese scheinbare Sicherheit ist hoch.
Sollte einem Anleger das „Bauchgefühl“ diesen Preis wert sein (inklusive des Verzichts auf all das, was er sich von dem „Mehrertrag durch Gelassenheit“ in Zukunft leisten könnte), dann sollte er seinem „Bauchgefühl“ folgen, denn auch guter Schlaf ist wertvoll.
Über den Autor
Wolfgang Spang ist seit dem Jahr 1991 Gesellschafter und Geschäftsführer der Economia Vermögensberatungs- und Beteiligungs-GmbH.