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Anleihe-Strategie „Wir schichten schon in Schwellenländeranleihen um“

Portfoliomanager John Taylor von Alliance Bernstein (links) mit DAS-INVESTMENT.com-Redakteur Andreas Harms über den Dächern von Berlin
Portfoliomanager John Taylor von Alliance Bernstein (links) mit DAS-INVESTMENT.com-Redakteur Andreas Harms über den Dächern von Berlin
DAS INVESTMENT.com: Was soll ein freier Investmentansatz in einer Welt mit niedrigen Renditen bringen?

John Taylor: Das lässt sich am besten mit den Nachteilen erklären, die Sie haben, wenn Sie an einen Index gekettet sind. Viele Indexinvestoren von Schwellenländeranleihen müssen beispielsweise Venezuela kaufen, obwohl sie es nicht mögen. Denn es ist ein großer Teil ihres Vergleichsindexes. Wenn ich dagegen eine Anleihe nicht mag, brauche ich sie auch nicht mit in das Portfolio des Unconstrained Bond Funds von Alliance Bernstein aufzunehmen.

DAS INVESTMENT.com: Das ändert nichts daran, dass das Zinsniveau ziemlich niedrig ist.

Taylor: Viele Risikoaufschläge sind tatsächlich wieder so niedrig wie vor der Krise. Aber es gibt eben auch Ausnahmen. In einigen Schwellenländern gibt es schon vereinzelt wieder gute Möglichkeiten. Da haben Sie drei Möglichkeiten: Staatsanleihen in US-Dollar und in lokalen Währungen und Unternehmensanleihen in Dollar.

DAS INVESTMENT.com: Welche Version mögen Sie am meisten?

Taylor: Es hängt vom Land ab. Bei Brasilien zum Beispiel sehen die Anleihen in Landeswährung gut aus. Die Währung ist nahe ihrem tiefsten Stand seit der Krise und die Anleiherendite liegt bei 12 bis 13 Prozent. Bei den Hartwährungsanleihen ist der Spread dagegen sehr eng, zu eng für das Landesrisiko. Aber auch einige Märkte in den Industrieländern haben schon korrigiert.

DAS INVESTMENT.com: Ich höre.

Taylor: Bei amerikanischen und britischen Staatsanleihen sind die Renditen schon gestiegen.

DAS INVESTMENT.com: Ist damit dort das Schlimmste schon durch?

Taylor: Vielleicht die Hälfte. Ein bisschen Weg ist noch zurückzulegen, aber das passiert langsamer. Das Problem im vergangenen Jahr war ja, dass die Renditen sehr schnell stiegen. Wenn das jetzt langsamer geschieht, können die Extraeinahmen aus den mittlerweile höheren Renditen die Kursverluste besser abfangen. Man muss sich aber definitiv auf niedrigere Gewinne einstellen. Die Zeiten, in denen Sie mit US-Anleihen ganz einfach 6 Prozent machten, sind vorbei.

DAS INVESTMENT.com: Wie viel trauen Sie sich mit Ihrem Fonds zu?

Taylor: 4 oder 5 Prozent in diesem Jahr.

DAS INVESTMENT.com: Sie sind zwar ungebunden mit Ihrem Ansatz, aber Sie können schwerlich alle Anleihen dieser Welt gleichzeitig beobachten. Wie sieben Sie aus?

Taylor: Wir haben in der Tat eine quantitative Vorauswahl, mit der wir die rund 20.000 Anleihen weltweit filtern. Das zeigt schon mal, welche zum Kauf und welche zum Verkauf geeignet sind. Dann hole ich mir von unserem Fundamental-Research weitere Informationen, welche Anleihen das beste Chance-Risiko-Verhältnis haben. Dabei ist es heutzutage viel wichtiger die Verlierer zu vermeiden als die Gewinner zu finden.

DAS INVESTMENT.com: Warum gerade heute?

Taylor: Der durchschnittliche Anleihekurs liegt bei 107 Prozent. Für steigende Kurse ist da nicht mehr viel Platz. Deshalb müssen wir versuchen, Ausfälle zu vermeiden.

DAS INVESTMENT.com: Gibt es ein Investmentthema, das Ihren Fonds derzeit beherrscht?

Taylor: Vielleicht das Thema, dass wir uns momentan ein Stück weit von Hochzinsanleihen entfernen und Geld in Schwellenländeranleihen umschichten. Früher haben sich diese beiden Kategorien weitgehend gleich entwickelt, was Renditen und Kurse betrifft.

DAS INVESTMENT.com: Und dann kam 2013.

Taylor: Und da gewann High Yield 6 bis 8 Prozent, und Schwellenländeranleihen brachten Verluste. Die Stimmung dort ist jetzt sehr schlecht, bessert sich aber schon ein bisschen. Das ist für antizyklische Anleger ein guter Punkt zum Einsteigen. Wobei es noch Zonen gibt, die man meiden sollte, Russland, die Ukraine …

DAS INVESTMENT.com: Lassen Sie mich raten: Venezuela.

Taylor: Genau.

DAS INVESTMENT.com: Sind Sie generell antizyklisch unterwegs?

Taylor: Zu einem gewissen Grad, ja. Wir schauen uns gern Märkte an, die emotional beladen sind. Das gibt nämlich Überreaktionen, die zu falschen Kursen führen. In den Schwellenländern passiert das gerade. Die Stimmung ist viel schlechter, als eigentlich angemessen wäre.

DAS INVESTMENT.com: Wo haben Sie dort denn schon zugegriffen?

Taylor: Bei den lokalen Anleihen in Brasilien und Indonesien. Bei Unternehmensanleihen kaufen wir jene, die gut auf den Konsum im eigenen Land ausgerichtet sind. Staatsanleihen in Hartwährung sind vielleicht noch am wenigsten interessant. Wobei es auch hier gute Einzelfälle gibt, zum Beispiel Indonesien oder die Türkei, die nach den politischen Querelen korrigiert hat.

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