Das Investment Academy: Was ist eine Anleihe, wie ist dieses Finanzprodukt von der Struktur und den Cashflows her aufgebaut und welche Arten und Besonderheiten gibt es?
Elif Ercan: Eine Anleihe ist eine Schuldverschreibung, bei der der Emittent dem Anleger verspricht, einen festen Zins sowie das investierte Kapital am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen. Anleihen können beispielsweise von Staaten, Kommunen oder Unternehmen ausgegeben werden.
Eine Anleihe besteht aus dem Nominalbetrag, dem Zinssatz, dem Kupon, und der Laufzeit.
In der Regel erhält der Anleger während der Laufzeit jährlich Zinsen und am Ende die Tilgung des Nominalbetrags. Von daher werden diese Instrumente auch oft „Fixed Income“ oder „Rentenpapiere“ genannt. Dabei gibt es verschiedene Formen – Staats-, Unternehmens-, Kommunalanleihen und Pfandbriefe. Diese sind insbesondere bei institutionellen Anlegern wichtig.
Was ist der Unterschied zwischen dem Kurswert einer Anleihe und dem Kupon?
Elif: Der Kupon ist der jährliche Zinssatz, den der Anleiheemittent zahlt. Der Kurswert einer Anleihe gibt an, zu welchem Preis die Anleihe aktuell gehandelt wird. Er kann über oder unter dem Nennwert der Anleihe liegen. Hier müssen Anleger verschiedene Komponenten im Blick behalten, etwa das allgemeine Zinsniveau oder auch Veränderungen der Bonität.
Welchen Einfluss hat die aktuelle Zinsentwicklung auf die Kurse und den Kupon von Anleihen?
Elif: Was passiert bei einer Zinserhöhung? Wenn die Marktzinsen steigen, werden neu ausgegebene Anleihen höhere Kuponzinsen bieten. Daher werden ältere Anleihen mit niedrigerem Kupon im Vergleich weniger attraktiv. Das führt dazu, dass deren Kurse sinken. Dies ist besonders bei Anleihen mit langer Restlaufzeit spürbar, da der Zinsunterschied über einen längeren Zeitraum realisiert wird.
Der Kupon einer bereits ausgegebenen Anleihe hingegen bleibt konstant und ändert sich nicht mit den Marktzinsen. Aber für neu ausgegebene Anleihen wird der Kupon in der Regel höher sein, um Anleger anzuziehen. Anleger wollen schließlich einen Risikoaufschlag sehen.
Schauen wir nun auf die Zinssenkung: Wenn die Marktzinsen fallen, werden neu ausgegebene Anleihen niedrigere Kuponzinsen bieten. Bestehende Anleihen, die einen höheren Kupon haben, werden daher im Vergleich attraktiver, was zu einem Anstieg ihrer Kurse führt. Der Kupon einer bereits ausgegebenen Anleihe bleibt unverändert.
Ein wichtiger Aspekt ist hier das Konzept der Duration: Es misst die durchschnittliche gewichtete Laufzeit aller Cashflows einer Anleihe. Anleihen mit längerer Duration sind empfindlicher gegenüber Zinsänderungen als solche mit kürzerer Duration. Das bedeutet, bei Zinsänderungen werden die Kurse von Anleihen mit langer Duration stärker schwanken als die von Anleihen mit kurzer Duration.
Welche Rolle spielt die Laufzeit einer Anleihe, und wie beeinflusst sie die Anlageentscheidung?
Elif: Bei längeren Laufzeiten ist die Sensitivität auf Zinsänderungen sehr hoch. Oft bieten Anleihen mit längerer Laufzeit höhere Zinsen als solche mit kürzerer Laufzeit, um Anleger für das höhere Zinsänderungsrisiko und die längere Kapitalbindung zu entschädigen. Einige Anleger benötigen eine bestimmte Liquidität oder planen, ihr Geld nur für einen bestimmten Zeitraum anzulegen. Daher bevorzugen sie Anleihen mit kürzerer Laufzeit.
Neugierig geworden?
Es sollte klar sein: Über eine längere Laufzeit kann sich die Bonität des Emittenten verändern. Daher tragen Anleihen mit längerer Laufzeit in der Regel ein höheres Kreditrisiko.
Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten haben Anleihen mit Aktien?
Elif: Anleihen sind Schuldverschreibungen. Der Anleger leiht einem Unternehmen oder der öffentlichen Einrichtung Geld.
Aktien hingegen repräsentieren einen Anteil am Eigenkapital eines Unternehmens. Anleger werden durch Aktien also Teilhaber eines Unternehmens.
Unternehmen können Dividenden an Aktionäre zahlen. Das ist jedoch nicht zwangsläufig der Fall. Langfristig partizipieren Anleger mit Aktien an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens.
In puncto Zahlungsverpflichtungen gilt: Anleihen bieten Anlegern festgelegte Zinszahlungen, die zu bestimmten Zeiten fällig werden sowie eine Rückzahlung des Nennbetrags am Ende der Laufzeit.
Im Falle einer Insolvenz werden Anleihegläubiger vor Aktionären bedient. Das bedeutet, dass Anleiheinhaber eine höhere Chance haben, ihr investiertes Kapital zurückzuerhalten.
In puncto Gemeinsamkeiten kann man zunächst auf die Handelbarkeit schauen. Beide können an Börsen und anderen Märkten gehandelt werden.