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Kompliziertere Kapitalanlage Fünf Fragen, die uns Anleihenanleger stellen

Evergrande-Neubauten im südchinesischen Guangxi
Evergrande-Neubauten im südchinesischen Guangxi: Chinas Konjunktur bleibt schwach, großen Teilen der Privatwirtschaft mangelt es an Vertrauen. | Foto: Imago Images / NurPhoto
Pilar Gomez-Bravo

In Gesprächen mit Kunden, potenziellen Kunden und Kollegen ging es beim Thema Anleihen zuletzt vor allem um fünf Fragen. Hier sind sie – und meine Antworten dazu.

Wie würde eine Rezession aussehen – und was käme danach?

Seit einiger Zeit ist die Rezession unser Basisszenario. Manche Frühindikatoren haben nachgegeben, und die Geldmenge ist in Europa wie in den USA kräftig geschrumpft. Natürlich sind die Finanzbedingungen wegen der höheren Realzinsen straffer geworden. Grafik 1 zeigt den Rezessionsindikator der Federal Reserve Bank of New York, ein Maß für die Rezessionswahrscheinlichkeit in den nächsten zwölf Monaten. Mit 71 Prozent ist sie zurzeit sehr hoch. Die Grafik zeigt außerdem die High-Yield-Spreads als Proxy für risikobehaftete Titel. Demnach rechnen die Anleger zurzeit mit einer weichen Landung.

Weil sich steigende Finanzierungkosten aber erst stark verzögert auf die Haushalts- und Unternehmensfinanzen auswirken und Geschäftsleitungen wie Verbraucher schon lange mit einer Rezession rechnen, bleibt sie dennoch zunächst unser Basisszenario. Wir erwarten aber nur einen leichten Einbruch.

Doch je häufiger die Fed und andere Notenbanken ohne sichtbare Auswirkungen auf Realwirtschaft und Inflation die Zinsen erhöhen, desto wahrscheinlicher sind unerwartete Folgen. Am Ende könnte die Konjunktur dann doch noch kräftig nachgeben.

 

Das wäre etwa bei einer überraschenden systemischen Krise der Fall. Die raschen Zinserhöhungen und die hohe Verschuldung von Staat, Haushalten und Unternehmen haben Wirtschaft und Märkte anfällig gemacht. Die US-Regionalbankenkrise im März und die Zwangsübernahme der Credit Suisse durch die UBS haben das eindrucksvoll gezeigt.

Unabhängig von einer möglichen kurzfristigen Rezession rechnen wir aber mit einem strukturell etwas höheren Wachstum und einer etwas höheren Inflation als vor Corona.

Grafik 1: Rezessionen und High-Yield-Spreads

Drohen Finanzierungsprobleme?

Nach der internationalen Finanzkrise griffen die Notenbanken zum Quantitative Easing, was die Finanzierungskosten für Haushalte und Unternehmen verringerte. Hinzu kamen die großen staatlichen Konjunkturprogramme während der Pandemie. Der private Sektor traf daher wenig nachhaltige Investitions- und Finanzierungsentscheidungen. Nur ein kleiner Teil der Liquidität wurde genutzt, um die Produktivität zu steigern. Stattdessen profitierten die Aktionäre: Man kaufte Aktien zurück oder übernahm andere Firmen.

Sorgen macht uns jetzt die Entwicklung der Gewinnmargen, vor allem bei hoch verschuldeten Unternehmen mit schwachen Geschäftsmodellen und wenig Preismacht – und bei Firmen, deren Geschäftsleitungen künftige Herausforderungen unterschätzen. Mit unserer internationalen Research-Plattform können wir die Gewinner finden und die Verlierer meiden.

Sehr genau achten wir auf Refinanzierungsrisiken. Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Renditen von Euro- und US-dollardenominierten High-Yield-Anleihen sowie die durchschnittlichen Coupons…

Grafik 2: Coupons und Yield to Worst von High Yield in den USA und im Euroraum

…Grafik 3 die Fälligkeitsprofile von High-Yield-Emittenten aus beiden Regionen. In den letzten Jahren haben High-Yield- wie Investmentgrade-Emittenten ihr Fälligkeitsprofil verbessert. Das ist wichtig, weil sie bei Refinanzierungen jetzt höhere Zinsen zahlen müssen. Wie Grafik 3 zeigt, werden sehr viele Anleihen in zwölf bis 18 Monaten fällig. Es dauert also noch einige Zeit, bis finanzschwache Unternehmen in großer Zahl an den Primärmarkt drängen.

Grafik 3: Fälligkeitsstruktur von High-Yield-Anleihen

Das Fälligkeitsprofil großer Investmentgrade-Unternehmen hat sich ebenfalls verbessert. Außerdem haben viele US-Verbraucher in den letzten Jahren Hypotheken refinanziert, sodass auch sie zunächst noch keine höheren Zinsen zahlen müssen.

Alles in allem glauben wir, dass manche Unternehmen durch höhere Finanzierungskosten Probleme bekommen. Angesichts des Fälligkeitsprofils am Unternehmensanleihenmarkt sehen wir kurzfristig aber keine hohen Risiken.