Investitionen in Anleihen Credits sind teuer – was tun?
Manche Investoren sehen in den engen Credit Spreads ein Hindernis für Anleiheninvestitionen. Uns hingegen scheint der Ausblick trotz der im Vergangenheitsvergleich hohen Bewertungen gut. Wir rechnen mit Ertrag, wegen fallender Zinsen, des hohen Carry und nicht zuletzt wegen möglicher Alphachancen.
Zweifellos sind viele Anleihen weltweit hoch bewertet. So liegen die amerikanischen Investmentgrade-Spreads mit zurzeit etwa 80 Basispunkten deutlich unter ihrem 5-Jahres-Durchschnitt von 118 Basispunkten (Grafik 1).
Grafik 1: US-Investment-Grade-Spreads scheinen eng
Der aktuelle Spread entspricht einem z-Score von -1,16, ein Hinweis auf eine starke Überbewertung.* Andere Marktsegmente sind ebenfalls teuer; die Spreads vieler Anleihen erscheinen nicht sehr hoch. Im Zehnjahresvergleich liegen sie bei Investmentgrade-Anleihen, High Yield, steuerpflichtigen Municipals und Emerging-Market-Unternehmensanleihen fast im untersten Perzentil. Gegenüber der Vergangenheit sind sie in der Tat außerordentlich eng (Grafik 2).
Grafik 2: Aktuelles Spread-Perzentil (im Zehnjahresvergleich)
Aber es gibt eine gute Nachricht: Spreads wie jetzt sind nicht ungewöhnlich. Ein enger Spread allein bedeutet nicht, dass eine große Korrektur ansteht. In den letzten Jahren waren die Spreads oft längere Zeit eng. Ohne einen Grund für eine Korrektur können Anleihen auch länger überbewertet sein. Das gilt vor allem bei einer guten Markttechnik, also hohen Mittelzuflüssen in die Assetklasse, und einer hohen Risikobereitschaft der Anleger (Grafik 3).
Grafik 3: US-Investmentgrade-Spreads können lange eng bleiben
* Der z-Score misst die Abweichung vom Langfristdurchschnitt in Standardabweichungen. Wenn der Spread um 1 Standard-abweichung über dem Vergangenheitsdurchschnitt liegt, gilt er in der Regel als attraktiv (z-Score von 1). Bei einem Spread von 1 Standardabweichung unter dem Vergangenheitsdurchschnitt gilt er aufgrund der dann hohen Bewertung als unattraktiv.
Beim Kreditrisiko geht es zurzeit mehr um Alpha als um Beta. Angesichts der derzeitigen Spreads ist es unwahrscheinlich, dass sie weiter fallen und man dadurch noch viel verdienen kann. Umso wichtiger ist das Alpha, also der Mehrertrag durch aktives Management. Die Spreads sind nicht nur eng, sondern liegen auch ungewöhnlich dicht beieinander (Grafik 4). Wenn sie wie jetzt nur wenig streuen, schränkt das das Alphapotenzial der Einzelwertauswahl ein. Umso wichtiger ist es dann, dass ein Assetmanager etwas kann. Kompetente aktive Manager sind bei sehr ähnlichen Spreads also im Vorteil. Mit einer sorgfältigen Einzelwertauswahl, einem guten Investmentprozess und einem großen internationalen Researchteam hat man bei den derzeitigen Bewertungen unserer Ansicht nach gute Chancen auf Mehrertrag.
Grafik 4: Streuung amerikanischer Investmentgrade-Spreads unter dem Langfristdurchschnitt
Trotz der engen Spreads rechnen wir weiter mit hohen Gesamterträgen. Die Auswirkungen der Zinssenkungen, der attraktive Carry und nicht zuletzt das Alpha dürften im nächsten Jahr die Wertentwicklung bestimmen. Die Ausgangslage scheint gut, da die Gesamtrenditen hoch sind. So beträgt die Rendite amerikanischer Investmentgrade-Unternehmensanleihen zurzeit 5,12 Prozent.** Im Vergangenheitsvergleich rechnen wir daher mit höheren laufenden Erträgen. Wie Grafik 5 zeigt, können Erträge durch Spread- und Zinsänderungen hinzukommen. Wenn die Renditen aufgrund von Leitzinssenkungen fallen und die Spreads stabil bleiben, scheinen uns auf Einjahressicht hohe einstellige Erträge möglich.
Grafik 5: Hypothetischer 1-Jahres-Ertrag amerikanischer Investmentgrade-Anleihen bei unterschiedlichen Zins- und Spreadentwicklungen (%)
Über das Beta hinaus hat man in der Vergangenheit oft hohe Mehrerträge erzielt – ein Argument für aktives Anleihenmanagement. Dazu betrachten wir die Performance der Assetmanager, die den Bloomberg US Corporate Index als Benchmark nutzen. In den letzten 20 Jahren haben sie im Schnitt 75 Basispunkte Alpha erzielt, was nicht wenig ist. Assetmanager können unterschiedliche Alphaquellen nutzen, von der Einzelwertauswahl bis zur Sektorallokation, von Bewertungsunterschieden bis zur Laufzeitenallokation. Da man in den letzten 20 Jahren mit amerikanischen Investmentgrade-Credits im Schnitt 4,03 Prozent Beta erzielt hat, sind 75 Basispunkte Alpha beachtlich.
Grafik 6: Durchschnittliche gleitende 3-Jahres-Mehrerträge einer durchschnittlichen US-Unternehmensanleihenstrategie ggü. dem Bloomberg US Corporate Index
Alles in allem scheint uns der Ausblick für Anleihen weiterhin gut, vor allem wegen der absehbaren Zinssenkungen und des hohen Carry. Die Spreadentwicklung dürfte hingegen nur einen geringen Performancebeitrag leisten. Wir sehen wesentlich mehr Chancen auf überdurchschnittliches Alpha als auf überdurchschnittliches Beta.
** Quelle: Bloomberg. Investmentgrade USA: Bloomberg US Corporate Index. Stand 29. Oktober 2024.