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Von in Leadership & InnovationLesedauer: 9 Minuten
Antonia Munte
Antonia Munte: „Ich lerne immer wieder neu zu verstehen, welchen komplexen Kräften CEOs in der Kommunikation ausgesetzt sind.“ | Foto: Antonia Munte / Midjourney / DAS INVESTMENT

Was Barack Obama und der Lufthansa-Chef gemeinsam haben? Sie wissen, dass erfolgreiche Kommunikation weniger mit Talent als mit harter Arbeit zu tun hat. Kommunikationsexpertin Antonia Munte verrät im Interview, wie CEOs ihre Botschaften richtig platzieren – und warum der typisch deutsche Kommunikationsstil oft ins Leere läuft.

DAS INVESTMENT: Frau Munte, Sie coachen CEOs in ihrer Kommunikation. Was ist der häufigste blinde Fleck, den Sie in Ihrer Arbeit beobachten?

Antonia Munte: Die größte Herausforderung sehe ich sicherlich für Führungskräfte aus der Generation der Boomer bis Mitte Generation Y, die nicht intrinsisch mit digitalen Medien, dem Takt und einhergehenden Anspruch an Kommunikation groß geworden sind. Ihnen fällt es oft schwer, Persönliches in ihre Kommunikation einfließen zu lassen. Noch wichtiger: Viele haben nicht verinnerlicht, dass Kommunikation heute erfolgsentscheidend ist. Sie unterschätzen, welchen Hebel sie damit in der Hand haben.

Das klingt erstmal sehr abstrakt. Können Sie ein konkretes Beispiel für einen kommunikativen Fehler nennen, der Sie überrascht hat?

Munte: Als ich vor etwa 15 Jahren in der Kommunikationsberatung anfing, war beispielsweise Linkedin kaum relevant. Trotzdem erlebe ich auch heute noch, besonders in den Vorstands-Riegen, eine defensive Kommunikationshaltung. Sie gleicht manchmal dem Affen, der sich Augen und Ohren zuhält nach dem Motto: „Wenn ich nichts sage, geht es vorbei“. Dieser Ansatz ist heute komplett überholt. Was mich immer wieder überrascht: Wie wenig antizipierend darüber nachgedacht wird, welche Bedürfnisse verschiedene Stakeholder haben – egal ob Kunden oder Investoren. Viele Führungskräfte setzen sich zu wenig damit auseinander, welche Botschaften diese Gruppen brauchen, um Vertrauen zu entwickeln und sich dadurch nachhaltig an ein Unternehmen zu binden.

Aber nicht jedes Unternehmen hat eine starke Kommunikationsabteilung, die solche Themen vorantreibt ...

Munte: Das stimmt, aber es ist letztlich eine sehr individuelle Frage. Es gibt Menschen, denen fällt Kommunikation und Führung durch Kommunikation leichter. Und es gibt andere, für die ist es eine riesige Herausforderung. Aber – und das ist die gute Nachricht – auch die können es lernen. Kommunikation ist wie ein Muskel, den man trainieren kann. In meiner Kommunikationsberatung unterstütze ich tagtäglich Menschen bei genau dieser Übung. Ich sehe das als lebenslange Aufgabe, dem man sich ab einem bestimmten Führungslevel stellen sollte.

Apropos lernen: Gibt es Kommunikationsfähigkeiten, die man nicht oder nur schwer lernen kann – die Spontaneität eines Barack Obama zum Beispiel?

Munte: Empathie ist meiner Meinung nach schwer zu lernen. Spontaneität ist übrigens gar nicht das erste Kriterium für erfolgreiche Kommunikation. Viel wichtiger ist es, Zeit zu investieren und zu akzeptieren, dass es ein Lernprozess ist – wie eine neue Sprache. Deswegen verzichte ich auch nie auf Vorbereitungsgespräche mit CEOs vor wichtigen Interviews, egal aus welchem Unternehmen sie kommen. Routinen machen besser. Spontaneität ist dann möglich, wenn man die Basisarbeit gemacht hat. Wenn Sie sich in Ihren Botschaften wohlfühlen, können Sie auch mal spontan humorvoll oder auch ironisch sein. Wenn das nicht funktioniert, geht es meist schief und irritiert das Gegenüber sehr.

 

Was sind denn die wichtigsten Prinzipien für erfolgreiche CEO-Kommunikation?

Munte: Man sollte Kommunikation auf zwei Ebenen betrachten: zum einen Strategie und zum anderen Technik. Bei der Strategie, also der grundsätzlichen Herangehensweise. ist entscheidend, dass man Kommunikation als Führungsinstrument begreift und als Identifikationsanker für alle Stakeholder. Was die Technik angeht, sind die drei wichtigsten Prinzipien: Erstens, bereite dich vor und investiere Zeit. Zweitens, nicht nur senden, sondern aktiv zuhören – das ist übrigens auch Obamas Erfolgsgeheimnis. Und drittens, entwickle ein tiefes Verständnis für dein Gegenüber.

Das klingt nach viel Strategie. Manche halten strategische Kommunikation und Authentizität für unvereinbar. Wie sehen Sie das?

Munte: Das ist ein Missverständnis. Jede Form von authentischer Kommunikation basiert auf der strategischen Auseinandersetzung mit der eigenen Person. Warum? Weil die Aufmerksamkeitsspanne unserer Zuhörer heute extrem kurz ist. Wir alle werden permanent mit kommunikativen Inhalten bombardiert. Die Menschen müssen sofort wissen: Warum höre ich dieser Person zu? Wofür steht sie? Wenn ich als CEO anfange, auf verschiedenen Kanälen wahllos über alle möglichen Themen zu sprechen, verpufft die Wirkung. Wenn ich dagegen klar für bestimmte Themen stehe – sei es Diversität, moderne Führung oder transparente Unternehmenskultur – dann wissen die Menschen in einem großen Pool von Bezugspunkten sofort, wofür ich stehe.

Sie arbeiten berufsbedingt oft mit sehr selbstbewussten Persönlichkeiten. Wie vermitteln Sie Unternehmenslenkern, dass die eigene Kommunikation verbesserungswürdig ist?

Munte: Das ist natürlich immer eine sehr intime Begegnung. Jeder hat ein eigenes Selbstbild, und wenn man das von außen kommentiert, muss man respektvoll und behutsam vorgehen. Ich würde mir nie erlauben, einfach aus dem Bauch heraus eine Analyse abzugeben. Es ist wichtig zu verstehen: Wer ist der Mensch, der mir gegenübersitzt? In welchem Kontext operiert er? Mit welchen Herausforderungen hat er zu kämpfen?

Interessanterweise hat der Großteil der Menschen, mit denen ich arbeite, eine sehr offene Haltung. Sie schätzen das ehrliche Feedback enorm, weil sie es in Sachen Kommunikation so selten bekommen. In Kommunikationsabteilungen wird oft eher zugestimmt, Inhalte werden zack, zack, zack abgeliefert, aber selten fragt jemand: Was ist eigentlich unsere Strategie dahinter? Worauf zahlt diese Kommunikation wirklich ein?

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Sie sind auch international tätig. Gibt es typisch deutsche Kommunikationsmuster bei CEOs, die im internationalen Vergleich eher hinderlich sind?

Munte: Was mir besonders im englischsprachigen Raum auffällt: Dort richtet sich die Kommunikation viel direkter an den Bedürfnissen der Zielgruppen aus. Der deutsche Kommunikationsstil ist oft sehr faktenfixiert. Ein Beispiel: Unternehmen A wird von Unternehmen B gekauft. Der typisch deutsche Ansatz ist dann: „Wir kommunizieren die Fakten. Das reicht.“ Aber die reine Vermittlung von Fakten genügt heute nicht mehr. Was Kommunikation wirklich erfolgreich macht, ist wenn Menschen spüren: Da hat jemand bereits im Vorfeld darüber nachgedacht, was ich als Stakeholder brauche. Da nimmt mir jemand durch kluge Kommunikation mögliches Unbehagen und holt mich ab. Da spricht mich jemand direkt an und versteht meine Perspektive. Das ist etwas, was wir in der „deutschen Kommunikation“ leider immer wieder verpassen.

Was war der Moment in Ihrer Karriere, der Sie überzeugt hat, CEOs in ihrer Kommunikation zu beraten?

Munte: Das war während meiner Zeit in der Unternehmensberatung. Wir hatten ein heikles Mandat für eine kirchliche Institution, genauer gesagt ein Bistum, das überregional in den Medien in der Kritik stand. Es gab eine echte Bringschuld in der Kommunikation, was für diese Institution sehr schwierig war. In diesem Kontext ist es uns gelungen, der Leitungsebene bis zum Bischof zu erklären, was die notwendigen Ansätze sind, um reflektiert, nahbar und authentisch zu kommunizieren. Als ich gemerkt habe, dass wir diese Überzeugungsarbeit erfolgreich geleistet haben und die Botschaften die Menschen wirklich erreicht haben, wusste ich: Das kann ich richtig gut. Wenn ich einen Bischof dazu bewegen kann, dann schaffe ich das auch woanders.

 

Gibt es ein Buch – und zwar explizit keins über Kommunikation – das Sie in Ihrer Arbeit besonders inspiriert hat?

Munte: Ich liebe Interview-Bücher. Besonders gut gefallen hat mir „100 Fragen an“ von Moritz von Uslar. Mich fasziniert es zu sehen, wie Menschen sich in Gesprächen verhalten, wie sie reagieren, wenn sie mit Vorwürfen, Wahrheiten oder auch neuen Ideen konfrontiert werden. Daraus kann ich unglaublich viel für meine Arbeit ableiten. Wie ist das bei Ihnen?

Eine interessante Wahl, allerdings gehen in Interviews in der Regel ja noch einmal die Pressestellen über die Texte und glätten einige Aussagen. Wobei das in Ihrem Kontext natürlich ebenso interessant ist.

Munte: Das stimmt, und es ist übrigens eine deutsche Besonderheit – in keinem anderen Land können Zitate einfach so komplett verändert oder gestrichen werden. Aber gerade deshalb ist es spannend, Interviews zu lesen, bei denen man merkt: Hier wurde nicht viel redigiert. Das zeigt, wie wichtig gute Vorbereitung ist.

Sie erklären Ihren Kunden, wie sie besser kommunizieren. Was war eine wichtige Lektion über Kommunikation, die Sie von Ihren Klienten gelernt haben?

Munte: Ich lerne immer wieder neu zu verstehen, welchen komplexen Kräften CEOs in der Kommunikation ausgesetzt sind. Es ist einfach, von außen zu sagen: „So muss das laufen, das ist der richtige Weg.“ Aber in der Realität gibt es so viele subversive Kräfte und Filter, die Kommunikation empfindlich beeinflussen können. In meiner Zusammenarbeit mit weiblichen und männlichen CEOs ist es daher essentiell, immer wieder meinen Radar für diese kritischen Elemente offen zu halten.

Zum Abschluss: Was war für Sie ein besonders gelungenes Beispiel für mutige CEO-Kommunikation, die im Nachhinein gut ausging?

Munte: Da fällt mir sofort die Kommunikation von Lufthansa-Chef Carsten Spohr nach dem Germanwings-Absturz ein. In der Kommunikation gilt ja: Man kann nicht nicht kommunizieren. Allein die Tatsache, dass man auftritt, ist schon eine Form der Kommunikation. Spohr ist damals so schnell wie möglich vor die Öffentlichkeit getreten. Er hat transparent gemacht, dass es noch keine umfassenden Informationen gibt, die man teilen könnte. Aber er hat gleichzeitig klar signalisiert: Der Fall ist Chefsache. Ich bin da, ich bin erreichbar, ich stehe hier mit den Antworten, die ich geben kann. Er war angemessen gekleidet, hatte als ausgebildeter Pilot die nötige Ernsthaftigkeit und Souveränität. Das war für mich ein beeindruckendes Beispiel, wie man durch eine massive kommunikative Krise steuert – verbal und non-verbal.

Über die Interviewte:

Antonia Munte ist Expertin für strategische Kommunikation
Antonia Munte ist Expertin für strategische Kommunikation © Antonia Munte

Antonia Munte ist Expertin für strategische Kommunikation. Als Kommunikationsberaterin unterstützt sie Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen dabei, ihre Unternehmensziele durch effektive Kommunikation zu erreichen.

Sie war als Direktorin bei Kekst CNC für internationale Unternehmen wie Douglas, die Metro Group und die Deutsche Bischofskonferenz tätig. Aktuell begleitet sie als selbstständige Beraterin namhafte Gründerinnen und Unternehmerinnen wie Lea-Sophie Cramer, Verena Pausder und Franziska von Hardenberg.

Munte absolvierte einen Master of Science in Global Politics an der London School of Economics and Political Science

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