DAS INVESTMENT: Sie sind im Mai 2022 nach rund 20 Jahren als Ausschließlichkeitsvermittlerin in die freie Maklerschaft gewechselt. Was waren Ihre Gründe für den Wechsel?
Nathalie Brauns: Ich war 20 Jahre lang in der Ausschließlichkeitsorganisation (AO) der DEVK tätig, leitete zuletzt drei Geschäftsstellen mit insgesamt zehn Mitarbeitern. In der Ausschließlichkeit hat man enge Grenzen, was die Produkte betrifft. Irgendwann wollte ich frei sein, nicht mehr nach Vorgaben arbeiten. Jetzt habe ich eine deutlich breitere Produktpalette, aus der ich für meine Kunden die für sie passenden Policen auswählen kann.
Man hört häufig, dass Versicherer die Provisionen der AO-Vermittler ganz oder teilweise zurückhalten, die in die freie Maklerschaft wechseln. Kommt das tatsächlich so oft vor? Und war es bei Ihnen auch der Fall?
Brauns: Über meine persönliche Situation darf ich aus rechtlichen Gründen nicht sprechen. Aber ja, das kommt sehr oft vor. Dann müssen sich die betroffenen Makler an einen Anwalt wenden, anders bekommen sie das meist nicht geregelt.
Was waren für Sie die größten Herausforderungen beim Wechsel aus der AO in die Maklerschaft?
Brauns: Eindeutig die Technik. Nach 20 Jahren mit der immer gleichen Vertriebssoftware ein neues Programm zu lernen ist nicht einfach. Ich habe zunächst ausschließlich mit Direktanbindungen gearbeitet. Jeder Versicherer hatte ein anderes Programm, mit dem ich mich erst einmal auseinandersetzen musste. Nun arbeite ich mit einem großen Maklerpool, der Fonds Finanz, zusammen. Da läuft alles über ein einziges Customer-Relationship-Management, kurz CRM-Programm, was für mich eine enorme Erleichterung ist. Außerdem habe ich noch drei Direktanbindungen.
Auch finanziell soll der Wechsel nicht so einfach sein. Schließlich werden die ersten Provisionen erst nach einer gewissen Zeit ausgeschüttet.
Brauns: Ja, in der Lebens- und der Krankenversicherung bekommt man die Abschlussprovision zwar gleich nach dem Abschluss, aber in der Sachversicherung tatsächlich erst mit Verzögerung. Deshalb sollte man schon vor dem Wechsel Rücklagen bilden. Ich habe zum Beispiel ein Dreivierteljahr nur von den Rücklagen gelebt.
Es ist ja verboten, Kunden vom alten Arbeitgeber mitzunehmen, sie also von sich aus zu kontaktieren und zu fragen, ob sie „mit wechseln“ möchten. Viele juristische Auseinandersetzungen drehen sich um diesen Punkt. Wie haben Sie dieses Problem gelöst?
Brauns: Ich habe Informationen über meine neue Tätigkeit als Maklerin bei Whatsapp und Facebook als Status-Information eingestellt und angegeben, wie mich meine Kunden für einen Termin kontaktieren können. Haben sie sich gemeldet, ging die Initiative von ihnen aus, sodass es kein Abwerben war. Dabei war eine lückenlose Dokumentation sehr wichtig, falls es im Nachhinein zum Rechtsstreit gekommen wäre.
Wie hat sich das Wechselverhalten in den vergangenen Jahren entwickelt? Wechseln nun mehr oder weniger AO-Vertreter in die freie Maklerschaft?
Brauns: Es wechseln mehr als früher.
Warum?
Brauns: Es gibt viele Gründe: Der Zahlendruck der Agenturen, starre Produktvorgaben, der Wunsch, frei und selbstbestimmt arbeiten zu können und die Rechte an seinem Kundenbestand zu haben.
Und der Wunsch nach mehr Geld?
Brauns: Auch das, schließlich bekommen Makler höhere Courtagen. Für mich hat sich der Wechsel auch finanziell gelohnt. Schließlich arbeite ich jetzt allein und muss auch kein Büro mehr unterhalten, sodass Personal- und Büromietkosten entfallen.
Außerdem haben Sie noch eine Zweitfirma gegründet.
Brauns: Ja. Über meine weitere Firma Maklerevolution helfe ich Ausschließlichkeitsvermittlern, als Makler zu starten. Dadurch, dass der Wechsel viele Hürden mit sich bringt, ist es doch von großem Vorteil, jemanden an seiner Seite zu haben, der den Wechsel bereits geschafft hat und hier mit Tipps und Tricks zur Seite steht.
Über die Interviewte:
Nathalie Brauns ist seit 2011 als Versicherungsfachfrau, seit 2013 als Fachwirtin für Versicherungen und Finanzen aktiv. 2018 stieg sie zur Agenturleiterin der DEVK-Versicherungen auf. 2022 gab sie diese Position auf, um als selbstständige Maklerin zu arbeiten. Kurze Zeit später gründete sie mit Maklerevolution ein Unternehmen, das Ausschließlichkeitsvermittler bei ihrem Start als Makler unterstützt.