Laut dem aktuellen Fehlzeiten-Report 2025 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK haben sich Mitarbeiter von Versicherungen und Banken besonders selten krank gemeldet. Mit einem Krankenstand von 4,5 Prozent im Jahr 2024 liegen Banken und Versicherungen deutlich am Ende der Fehlzeiten-Skala. Keine andere Branche kann niedrigere Fehlzeiten vorweisen. Auch die Land- und Forstwirtschaft schnitt mit 4,9 Prozent vergleichsweise gut ab.
Zum Vergleich: Das Gesundheits- und Sozialwesen verzeichnete mit 7,4 Prozent den höchsten Krankenstand, dicht gefolgt von der öffentlichen Verwaltung und Sozialversicherung sowie dem verarbeitenden Gewerbe mit jeweils 7,3 Prozent.
Die Daten basieren auf der Auswertung der Arbeitsunfähigkeitsmeldungen von rund 15 Millionen erwerbstätigen AOK-Mitgliedern.
Besonders wenige Langzeiterkrankungen
Ein Blick auf die Struktur der Fehlzeiten zeigt weitere Besonderheiten der Finanz- und Versicherungsbranche: Mit 33,2 Prozent wies sie 2024 den niedrigsten Anteil an Langzeiterkrankungen auf – also Krankheitsfälle, die länger als sechs Wochen dauern. Zum Vergleich: In der Land- und Forstwirtschaft lag dieser Anteil bei 50,5 Prozent, im Baugewerbe bei 47,1 Prozent.
Gleichzeitig verzeichnete die Branche Banken und Versicherungen mit 9,7 Prozent den höchsten Anteil an Kurzzeiterkrankungen von ein bis drei Tagen. Dieser hohe Wert relativiert sich allerdings, da viele Arbeitgeber in den ersten drei Tagen keine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen und solche kurzen Ausfälle daher in der Praxis nicht vollständig in den Krankenkassendaten erfasst werden.
Hoher Krankenstand bleibt bundesweit bestehen
Über alle Branchen hinweg bewegten sich die Fehlzeiten auch 2024 auf einem anhaltend hohen Niveau. Jeder bei der AOK versicherte Beschäftigte fiel im vergangenen Jahr rein rechnerisch im Schnitt 2,3-mal krankheitsbedingt aus. Mit 228 Arbeitsunfähigkeitsfällen je 100 Mitglieder wurde der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2023 mit 225 Fällen noch einmal übertroffen.
Haupttreiber dieser Entwicklung sind nach wie vor Atemwegserkrankungen. Sie erreichten im Februar 2025 einen neuen Höchststand und pendelten sich seit April 2025 auf einem etwas niedrigeren Niveau ein als in den Vergleichsmonaten des Jahres 2024.
„Die Gesamt-Bilanz des Jahres 2025 wird vermutlich aber ähnlich hoch ausfallen wie im Vorjahr“, prognostiziert Helmut Schröder, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. Erkältungs- und Grippewellen sowie Corona-Infektionen hätten bereits seit September 2025 zugenommen.
Als weitere Einflussfaktoren für die hohen Krankenstände nennt der Report die Einführung der elektronischen Krankmeldung, die zu einer vollständigeren Erfassung der Fehlzeiten geführt habe, sowie den stetigen Anstieg psychisch bedingter Ausfälle. In den letzten zehn Jahren seien die Ausfalltage wegen psychischer Erkrankungen um 43 Prozent gestiegen. Mit durchschnittlich 28,5 Tagen pro Erkrankungsfall seien sie deutlich länger als bei anderen Erkrankungsarten.
Mögliche Gründe für niedrigen Krankenstand
Die niedrigen Fehlzeiten in der Versicherungsbranche könnten auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein. Ein wesentlicher Aspekt ist die überdurchschnittliche Arbeitszufriedenheit: Laut Kununu-Zufriedenheitsatlas 2025 liegt die Versicherungsbranche mit 61 Prozent deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 53,1 Prozent. Nur drei Branchen können bessere Werte vorweisen.
Die Vergütung spielt dabei eine zentrale Rolle: Mit durchschnittlich 61.724 Euro brutto jährlich führen Beschäftigte der Versicherungsbranche das deutsche Gehaltsranking an – rund 11.000 Euro mehr als der Bundesdurchschnitt. Die Gehaltszufriedenheit liegt bei 70,7 Prozent, und 73 Prozent der Versicherungsmitarbeiter sind mit Gehalt und Sozialleistungen zufrieden. Auch AGV-Geschäftsführerin Bettina Kirsch betont: „Die Versicherungswirtschaft zahlt überdurchschnittlich hohe Gehälter.“
Ein weiterer Faktor könnte die hohe Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung sein: Die Versicherungsbranche gehört zu den Vorreitern beim mobilen Arbeiten. Laut Statistischem Bundesamt arbeiten über 70 Prozent der Beschäftigten bei Versicherungen zumindest gelegentlich im Homeoffice – der dritthöchste Wert aller Branchen. Viele Versicherer setzen auf flexible Modelle mit vier gemeinsamen Präsenztagen pro Monat oder empfohlenen 60 Prozent Präsenz bei 40 Prozent mobiler Arbeit. Eine PWC-Studie zeigt zudem, dass 54 Prozent der Arbeitgeber ihre Teams im Homeoffice als produktiver einschätzen als im Büro.
Zudem investieren Versicherungsarbeitgeber in moderne Arbeitsbedingungen: Die beliebtesten Benefits der Top-Arbeitgeber umfassen Parkplätze, betriebliche Altersvorsorge, flexible Arbeitszeiten und Gesundheitsmaßnahmen. Auch die Tarifbindung ist hoch: 347 Unternehmen sind im Arbeitgeberverband AGV organisiert, wobei die tarifgebundenen Mitglieder fast 90 Prozent aller Angestellten der Branche beschäftigen.

