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Apple und Goldman Sachs wollten den Markt erobern und scheiterten

Die Finanzwelt verbindet man gemeinhin mit dem nüchternen Blick auf Zahlen, die Techwelt dagegen steht für den visionären Blick auf das Morgen. Dass beide Welten vereint werden können, das zeigte die Partnerschaft zwischen Apple und Goldman Sachs. 2019 starteten beide Unternehmen die Apple Card, eine gemeinsame Kreditkarte, welche die Art und Weise, wie Verbraucher ihre Finanzen verwalten, neu definieren sollte. Sie sei nicht weniger als ein „Gamechanger“, pries Goldman Sachs.
Doch was als revolutionäre Allianz begann, steht nun vor ernsthaften Herausforderungen. Medienberichten zufolge steht die Partnerschaft vor dem Aus.
Scheitern in nur vier Jahren
Die Partnerschaft zwischen dem Technologiegiganten Apple und Goldman Sachs, einer der weltweit führenden Investmentbanken, liegt bereits länger zurück. 2018 brodelte es in der Gerüchteküche, am 25. März 2019 wurde die Apple Card vorgestellt. Die Idee dahinter war, die Finanzprodukte für Verbraucher zu erweitern und gleichzeitig die Stärken beider Unternehmen zu nutzen.
Für Goldman Sachs bot die Partnerschaft eine Chance, das Endkundengeschäft zu erweitern, welches 2016 mit der Online-Kreditplattform "Marcus", benannt nach Gründungspartner Marcus Goldman, aufgebaut wurde. Apple wiederum wollte sein Dienstleistungsgeschäft stärken, um sein Finanzangebot abseits des Bezahldienstes Apple Pay noch weiter zu diversifizieren.
Dass die Partnerschaft weniger als vier Jahre nach dem Start auf der Kippe steht, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Das Produkt startete vielversprechend, Goldman-Sachs-Chef David Solomon bezeichnete die Apple Card einst als „die erfolgreichste Einführung einer Kreditkarte aller Zeiten“. Und auch wenn die Karte nicht der erhoffte Gamechanger war – bis nach Europa schaffte es die Apple Card nie – schienen beide Seiten zufrieden zu sein. Die Zusammenarbeit wurde erst vor wenigen Monaten bis zum Ende des Jahrzehnts verlängert.
Warum also nun das Ende?
Goldman Sachs: Kehrtwende vom Privatanleger-Geschäft
Glaubt man Medienberichten, drängt Goldman Sachs darauf, die Partnerschaft zu beenden. Das Geschäft sei nicht profitabel genug, um es langfristig am Laufen zu halten, erklären Insider. So verzichte die Apple Card auf einige Gebühren, welche in der Regel die Gewinne der Kartenaussteller erhöhen. Man wolle das Kreditkartengeschäft deshalb an American Express abtreten, schreibt das investigative Portal „The Information“. Nur: Ohne Apples Zustimmung kommt der Wall-Street-Konzern weder aus dem Vertrag noch kann das Geschäft einfach an einen anderen Partner veräußert werden.
Dass Goldman Sachs nun die Reißleine ziehen möchte, liegt auch daran, dass der eingeläutete Strategiewechsel nicht aufgegangen ist. Mehr als 140 Jahre definierte sich die Investmentbank Goldman Sachs als Top-Adresse der New Yorker Finanzwelt, zum Kundenstamm zählten ausschließlich Superreiche und Unternehmenskunden. Die Öffnung des Privatkundengeschäfts sollte die Abhängigkeit vom Kerngeschäft, dem Investmentbanking, verringern. Allerdings häuften sich seitdem Verluste in Milliardenhöhe an. Goldman-Sachs-Chef David Solomon steht deshalb zunehmend unter Druck.
Kultur-Clash zwischen Apple und Goldman Sachs
Doch es ist den Medienberichten zufolge nicht nur die Profitabilität, die Goldman Sachs Kopfzerbrechen bereitet. Es ist auch der Clash of Cultures. Apple konzentriert sich auf die Entwicklung seiner Services, Geräte und deren Design, welches viel zum Nimbus der Marke beiträgt. Der Konzern wollte ein Kundenerlebnis ohne nervige Hürden kreieren. Der Bankengigant Goldman Sachs dagegen muss sich primär um das Einhalten von gesetzlichen Vorschriften und die Rentabilität kümmern.
Wie problematisch diese Zusammenarbeit war, zeigt eine Episode, die „The Information“ erzählt: Apple-Chef Tim Cook wollte die neue Apple Card ausprobieren, bevor sie auf den Markt kam. Er versuchte, ein eigenes Konto zu erstellen, aber es funktionierte nicht. Das lag daran, dass er als Chef eines globalen Unternehmens sehr bekannt ist und Leute seine persönlichen Daten häufig für betrügerische Aktivitäten missbrauchen. Erst als Mitarbeiter von Goldman Sachs ihm manuell halfen, bekam er seine Apple-Karte schließlich.
Die Zusammenarbeit erwies sich zunehmend als problematisch und gipfelte schließlich in einem kleinen PR-Fiasko im Zusammenhang mit der neuen Spar-Funktion, bei der Apple für Einlagen höhere Zinsen versprach, als diese marktüblich waren. Es hagelte Kundenbeschwerden.
Die Schwierigkeiten, die in der Vergangenheit aufgetreten sind, haben Fragen über die Zukunft der Partnerschaft aufgeworfen. Offiziell läuft die Zusammenarbeit weiter, wie Solomon erst jüngst in einer Telefonkonferenz bestätigte. Er steht jedoch unter Druck und muss zeitnah eine Lösung finden. Ursprüngliche Pläne, die Kreditkarte auch in der EU oder dem Euroraum zu starten, dürften deshalb in weite Ferne gerückt sein.