LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in GlobalLesedauer: 8 Minuten

Artemis-Fondsmanager Paul Casson So wirken sich steigende Zinsen auf Aktien aus

Seite 2 / 4

Reaktion der Zinsen wird folgen

Die Zinsen steigen, und überall in Europa zieht die Nachfrage im verarbeitenden Gewerbe und Dienstleistungssektor an. Die Investitionstätigkeit, die über Jahre hinweg sehr niedrig war, nimmt wieder zu.

Selbst die spanische Wirtschaft, die von einer tiefen Rezession und hohen Arbeitslosigkeit betroffen war, ist wieder bereit zu investieren, um der steigenden Nachfrage zu begegnen. So wurden die BIP-Wachstumsprognosen 2017 ständig nach oben korrigiert. Eine entsprechende Reaktion der Zinsen wird folgen.

Weitere Gründe für höhere Zinsen

Doch es gibt noch weitere Gründe, weshalb die Zinsen steigen werden. Erstens wird es irgendwann wieder soweit sein, dass wir vor einer Rezession stehen. Den Notenbanken ist dies bewusst, und sie wissen auch, dass sie dann reagieren und die Zinsen senken müssen. Momentan sind diese allerdings so niedrig, dass es dafür kaum Spielraum gibt. Also braucht es zunächst ein höheres Zinsniveau.

Zweitens fällt die Notenbank durch den Ausstieg aus dem Quantitative Easing als prädestinierter Käufer weg, sodass weniger Anleihen erworben werden. Unter ansonsten gleichen Bedingungen kann dieses Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage nur ausgeglichen werden, indem die Anreize für die verbliebenen Käufer verstärkt werden, und zwar durch höhere Zinsen. Drittens steht uns nach Jahren der Deflationsangst nun ein Anstieg des Preisniveaus bevor.

Engpässe bei Qualifikationen

Nach der weltweiten Finanzkrise war die Position europäischer Arbeitnehmer in den Tarifverhandlungen geschwächt. Ein Lohnwachstum von gerade einmal 2 Prozent hat die Verbraucher nur ganz knapp vor realen Kaufkraftverlusten bewahrt. Seit einiger Zeit jedoch ist die Anzahl an Unternehmen, die einen Mangel an Arbeitskräften beklagen, deutlich gestiegen.

Vermutlich gibt es noch größere Engpässe bei den benötigten Qualifikationen. Die Firmen müssen also entweder neue Ressourcen an Arbeitskräften erschließen oder höhere Löhne zahlen. Wir spekulieren auf Letzteres. Erst kürzlich konnte die IG Metall eine Lohnerhöhung von 4 Prozent für die nächsten zwei Jahre durchsetzen. Die Auswirkungen auf die Inflation liegen auf der Hand, denn die Unternehmen werden versuchen, diese gestiegenen Lohnkosten durch Preiserhöhungen zu kompensieren.

Sicherer Weg in neue Rezession

In der Vergangenheit sorgten sich die Märkte, dass die Notenbanken den richtigen Zeitpunkt verpassen könnten und dann die Zinsen schneller steigen lassen müssten, um die höheren Inflationsraten in den Griff zu bekommen, was der sichere Weg in eine neue Rezession wäre. Diesem Risiko ist man sich in Zentralbankkreisen nach wie vor bewusst. Auch dies spricht also für höhere Zinsen.

Bevor diese Darstellung in Schwarzmalerei ausartet, empfiehlt sich ein Blick auf das reale Zinsniveau, denn dieses ist neben den nominalen Zinsen ebenfalls ausschlaggebend für die Finanzierungsbedingungen. Die aktuell beobachteten Veränderungen halten ungefähr mit der Inflation Schritt. Es steht momentan also nicht zu befürchten, dass die politischen Entscheidungsträger aus Versehen eine Rezession herbeiführen.

Tipps der Redaktion