


DAS INVESTMENT: Herr Hammonds, wir leben in einer Welt des Umbruchs. Amerika ist nicht mehr die führende Macht, die als globales Vorbild gelten möchte, die geopolitischen Machtverhältnisse sind in Bewegung geraten. Wie wirkt sich das auf den asiatischen Raum aus?
Mark Hammonds: Die Bewertungen in Asien sehen gegenüber entwickelten Ländern schon länger sehr interessant aus. Was aber gerade im Moment interessant ist: dass die Short-term-Faktoren immer mehr mit den Long-term-Faktoren übereinstimmen. Einkommen und Wohlstand wird innerhalb der Region erwirtschaftet. Der Blick einer US-zentrischen Welt verschiebt sich. Die Entwicklung verläuft sehr zu Asiens Gunsten.
In den vergangenen Wochen und Monaten stand das Thema Zölle stark im Fokus. Wie bewerten Sie die aktuellen Handelsstreitigkeiten zwischen USA und China?
Hammonds: Meiner Ansicht nach bringen Zölle vor allem Schaden für die US-Verbraucher. Die Märkte reagieren volatil, der Dollar ist schwach. Asiatische Währungen sind demgegenüber stärker geworden. Wir haben erlebt, dass einige der chaotisch anmutenden Ankündigungen Trumps offenbar dazu dienten, den jeweiligen Gegenpart zu Verhandlungen zu bewegen. Das hat etwas von einem Spiel. Man weiß nicht, was in diesem Szenario als nächstes passiert.
„Die Entwicklung verläuft zu Asiens Gunsten.“
Bei den aktuellen Gesprächen zwischen den USA und China in London geht es zentral um Seltene Erden, aber auch allgemein um die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Supermächten. Sehen Sie Chancen für eine Einigung?
Hammonds: Ich denke, dass es so eine Art Safe Space für beide Seiten ist. Die Beziehungen zwischen den USA und China dürften sich nach den jüngsten Gesprächen weiter verbessern. Das gibt den Rahmen für zukünftige Handelsgespräche. China ist in einer relativ starken Position. Auch wenn wir dort einige Schwächen im Industriesektor gesehen haben: In den letzten acht Monaten hat China versucht, die eigene Wirtschaft zu stabilisieren und Ausgaben im Konsumsektor zu stimulieren. Es hat mehr zielgerichtete Maßnahmen eingeleitet, als wir es zuvor gesehen haben.
In Ihrem Fondsportfolio nehmen China-Werte den mit Abstand stärksten Anteil ein. Ist das im aktuellen geopolitischen Umfeld nicht eine riskante Wette?
Hammonds: Wir hatten keine Wechsel mit Blick auf kurzfristige Entwicklungen – das ist auch generell nicht unser Ansatz. Wir investieren außerdem mehr in chinesische Unternehmen, die auf den heimischen Markt ausgerichtet sind. Wir investieren in fundamental hochqualitative Unternehmen mit Wettbewerbsvorteilen. Unternehmen mit einer starken Marke, die ihren Anlegern hohe Kapitalrenditen gewähren. Wir werten noch aus, wie sich Zölle zum Beispiel auf den Chip-Markt auswirken. Aber wir wollen unsere Trades nicht von kurzfristigen Zollankündigungen abhängig machen.
Sie sehen China also langfristig positiv?
Hammonds: Was wir ganz generell sehen: China und Asien insgesamt haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht, gerade auf dem Feld der Innovationen. China hat ausreichend Wissen und Fähigkeiten und auch Kapital. Wir sehen große Fortschritte zum Beispiel auf den Gebieten KI oder auch bei Ladetechnologie für E-Autos. Dort, wo China wirkliche Durchbrüche vermeldet hat, hat das den Markt jeweils überrascht. Ganz offensichtlich wird China vor dem Hintergrund dieser spektakulären Durchbrüche nun ganz neu wahrgenommen.
Können Sie die strukturellen Veränderungen in China näher erläutern?
Hammonds: China hat während der vergangenen rund zehn Jahre sehr stark in den Hochtechnologiesektor investiert. Jetzt sehen wir die Früchte dieser Investments. Es ist eine interessante langfristige Entwicklung. Wir haben lange vor allem auf den problematischen Immobilienmarkt in China geschaut, das hat ein bisschen die Sicht auf das Land insgesamt verstellt. Denn Chinas Ökonomie bewegt sich, weg von einer zu starken Bindung an den Immobiliensektor. Und auch weg von einem Fokus auf billige Exporte. Jetzt geht China in die Entwicklung von Hochtechnologie. Mit einem weiteren Stimulus hat Chinas Wirtschaft auch die Chance, stärker in Richtung Konsum zu gehen. Diese Transition hat lange Zeit gedauert. Aber die letzten Entwicklungen zeigen, dass China die Möglichkeit hat, sich in diese Richtung zu bewegen.
„Taiwan dürfte aktuell nicht der Hauptfokus von China sein“
China erklärt immer wieder seinen Anspruch auf Taiwan. Taiwan hat als Markt das zweitstärkste Gewicht in Ihrem Portfolio. Wie beeinflusst diese Situation Ihre Anlageentscheidungen?
Hammonds: Unsere jetzige Aufstellung halten wir schon lange bei, wir haben uns nicht erst in jüngster Zeit so positioniert. Das Bild war eher das einer langfristigen Evolution, es hat sich nichts daran plötzlich dramatisch geändert. Was Taiwan betrifft: China muss sich gerade im Heimatmarkt auf viele Gebiete fokussieren: die ökonomische Transition, weitere Investments im Technologiesektor. Die Handelsbeziehungen mit den USA und Europa austarieren. Wir sehen ein Streben nach Stabilität und einen Fokus auf den weiteren Ausbau der Wirtschaft, gerade mit Blick auf den Heimatmarkt. In den Berichten über die Spannungen mit Taiwan ist viel Lärm in den Nachrichten. Wir haben das Thema zwar im Blick, aber unser Basisszenario ist, dass Taiwan aktuell nicht der Hauptfokus von China ist.
Welche Rolle spielen aufstrebende Ökonomien wie Indien oder Vietnam in Ihrer Strategie?
Hammonds: In Indien finden wir nach unseren Maßstäben interessante Unternehmen im Bereich IT-Services. Dort gibt es vernünftige Bewertungen und interessante Kapitalrenditen. Unsere Strategie ist auf Dividenden ausgerichtet. Wir sehen also auf die Dividendenrenditen unserer Investments. Es war lange eine Herausforderung, wo in Indien man noch attraktiv bewertete Unternehmen findet, denn der Markt ist mittlerweile sehr populär geworden. In den vergangenen Monaten sind allerdings die Bewertungen in Indien in vernünftige Bereiche gekommen. Es könnten sich in Zukunft dort noch mehr interessante Gelegenheiten ergeben.
Und Vietnam?
Hammonds: Beim Markt Vietnam haben wir nicht direkt in Unternehmen aus Vietnam investiert. Wir haben aber Unternehmen, die Exposure zu Vietnam haben oder in Vietnam Geschäft betreiben. Zum Beispiel Shenzhou International, ein chinesischer Bekleidungshersteller. In China sind die Löhne gestiegen, weil sich die chinesische Ökonomie weiterentwickelt hat. Deswegen sehen sich Textilhersteller nach Standorten um, an denen sie günstiger produzieren können, weil die Arbeitskosten dort niedriger sind. Und stoßen zum Beispiel auf Vietnam, aber auch andere Länder der Region. Die Zolldiskussion hat gezeigt, dass viele chinesische Unternehmen mittlerweile versuchen, ihre Produktionsstandorte zu diversifizieren und auch außerhalb Chinas zu produzieren. Teils wegen der geopolitischen Situation, aber eben auch, weil durch den ökonomischen Erfolg die Löhne in China gestiegen sind.
Inwiefern beeinflussen die Spannungen zwischen Indien und Pakistan Ihre Entscheidungen?
Hammonds: Ich sehe da keinen Investment-Impact. Auch die Anlegerstimmung in der Region sehe ich nicht beeinträchtigt. Die Handelsbeziehungen zu den USA machen da eher einen Unterschied.