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Aktualisiert am 07.07.2023 - 10:41 Uhrin Karl PilnyLesedauer: 9 Minuten
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AMF: Der Traum vom Asiatischen Währungsfonds erlebt eine Renaissance
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Pilnys Asia Insights AMF: Der Traum vom Asiatischen Währungsfonds erlebt eine Renaissance

Besucher auf dem Maha Nakhon Tower in Bangkog
Besucher auf dem Maha Nakhon Tower in Bangkog | Foto: imago images/Panthermedia

Anfang Februar forderte der malaysische Premierminister Anwar Ibrahim während eines Besuchs in Thailand die Schaffung eines Asiatischen Währungsfonds (AMF) als Puffer gegen mögliche Wirtschaftskrisen in der Region: „Wir können nicht zulassen, dass die internationale Infrastruktur von Außenstehenden bestimmt wird, wir können mit ihnen zusammenarbeiten, aber wir sollten unsere eigene nationale, regionale und asiatische Stärke haben, nicht unbedingt, um zu konkurrieren, sondern um eine Pufferzone zu haben.“

Thailand einst Epizentrum der Asienkrise 

Der Ort war symbolträchtig gewählt, denn Thailand bildete das Epizentrum der Asienkrise 1997, die durch den Zusammenbruch des thailändischen Baht ausgelöst wurde. Wie in vielen anderen Schwellenländern hatte im schnell wachsenden Thailand ein massiver Zustrom von Geld zu einer Anhäufung von Fremdwährungskrediten geführt.

Als sich die Wirtschaft des Landes zu verlangsamen begann, flüchtete das ausländische Kapital, wodurch der Wert des Baht sank. Die Zentralbank versuchte, die Währung zu stützen, doch gingen ihr bald die Währungsreserven aus, so dass die Regierung gezwungen war, den Baht vom US-Dollar abzukoppeln, was seinen freien Fall beschleunigte. Die Krise griff schnell auf die Nachbarländer über.

Die untauglichen Maßnahmen des IWF stürzten Thailand und Indonesien in eine schwere Rezession und politische Krise. 

Obwohl es sich im Wesentlichen um eine Kapitalbilanzkrise handelte, verordnete der IWF-Sparmaßnahmen wie Ausgabenkürzungen und Zinserhöhungen - Maßnahmen, die eigentlich eher bei einer Leistungsbilanzkrise greifen. Die untauglichen Maßnahmen des IWF stürzten Thailand und Indonesien in eine schwere Rezession und politische Krise. Die Inflexibilität des IWF enttäuschte die betroffenen Länder zutiefst und führte zu einem dramatischen Verlust an Ansehen und Glaubwürdigkeit.

Ironischerweise unterstützte Anwar, damals stellvertretender Premierminister und Finanzminister von Malaysia, den IWF. Er wurde 1998 entlassen, als sein Chef, der damalige Premierminister Mahathir Mohamad, sich weigerte, den Anweisungen des IWF weiter zu folgen. Stattdessen unternahm Mahathir eine Reihe mutiger Schritte in die entgegengesetzte Richtung, indem er die Bindung des Ringgit an den Dollar wiederherstellte und strenge Kapitalkontrollen einführte. Er drängte auch auf niedrigere Zinssätze, um das Wachstum anzukurbeln. Am Ende zahlte sich Mahathirs Schachzug aus, denn Malaysia erholte sich viel schneller als Thailand und Indonesien.

AMF scheiterte am Widerstand der USA

Der von Japan vorgeschlagene AMF erblickte vor allem wegen des starken Widerstands der USA, dem größten Beitragszahler des IWF nie das Licht der Welt. Die USA waren strikt gegen die Schaffung eines internationalen Finanzsystems, an dem sie nicht beteiligt sein würden. Auch Chinas unverbindliche Haltung, das bestrebt war, die Beziehungen zu Washington zu verbessern, die durch die Niederschlagung der pro-demokratischen Demonstranten auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im Jahr 1989 belastet waren, trug zum Scheitern bei. 

Nach dem Debakel von 1997 vereinbarte Asean (Verband Südostasiatischer Nationen) mit Japan, China und Südkorea, das Sicherheitsnetz der Region zu verstärken. Auf einem Treffen der Finanzminister im thailändischen Chiang Mai im Jahr 2000 beschlossen diese Länder die Chiang Mai Initiative (CMI) als Plattform für gegenseitige Finanzhilfe. Der Betrag, der im Rahmen der Swap-Vereinbarung abgerufen werden kann, hat sich inzwischen auf 240 Milliarden Dollar erhöht.

Die Ursache der Finanzkrise war ein Ungleichgewicht, das durch die kurzfristige Kreditaufnahme in Dollar zur Finanzierung langfristiger Investitionen in Landeswährungen verursacht wurde. Um eine Wiederholung zu verhindern, haben die Asean+3-Länder (China, Japan und Südkorea) im Jahr 2003 auch eine Initiative für asiatische Anleihemärkte ins Leben gerufen, um den Mitgliedern bei der Beschaffung von Mitteln in regionalen Währungen zu helfen. Außerdem wurde 2011 ein Überwachungsgremium mit der Bezeichnung Asean+3 Macroeconomic Research Office eingerichtet, das auf Anzeichen einer Krise in der Region achten soll.

Die Chiang-Mai-Initiative und das Research Office erfüllen mithin einige der Schlüsselfunktionen, die sich Japan für den AMF vorgestellt hatte. Es gibt jedoch zwei Bereiche, in denen die Chiang-Mai-Initiative, die stark von der Krise von 1997 geprägt ist, verbessert werden könnte. Erstens wird die Wirksamkeit der Initiative als Anbieter von Überbrückungsliquidität durch das Erfordernis einer vorherigen Genehmigung durch den IWF eingeschränkt. Sie verfügt über einen Mechanismus namens „IMF-Link“, der die Höhe der Notkredite begrenzt, die ohne die Zustimmung des Fonds gewährt werden können.

Mit dieser Maßnahme, die verhindern soll, dass potenzielle Empfänger übermäßige Risiken eingehen, wurde der Betrag, über den die Mitglieder frei verfügen können, zunächst auf nur 10 Prozent des gesamten Kreditrahmens begrenzt. Dieser Anteil wurde bis 2020 schrittweise auf 40 Prozent angehoben, aber die Freigabe des Restbetrags erfordert weiterhin die Zustimmung des IWF.

Die Initiative wurde nie aktiviert, was zum Teil daran lag, dass es keine ernsthafte Krise gab, aber auch daran, dass die von der IWF-Verbindung gesetzte Latte möglicherweise zu hoch lag. Die Initiative hat sich auch nur langsam vom Dollar abgekoppelt. 

US-Notenbank setzt asiatische Währungen unter Druck

Jahrelang ging man davon aus, dass die im Rahmen der Initiative bereitgestellten Mittel auf Dollar lauten würden. Im Jahr 2020 wurden jedoch Kredite in den Währungen einiger Mitgliedsländer verfügbar. 
Neben dem Yen und dem Yuan schlägt das Research Office nun die Möglichkeit vor, Kredite in Singapur-Dollar, Baht oder sogar in den Währungen Indonesiens, Malaysias und der Philippinen zu vergeben. Noch bleibt der US-Dollar wichtig, doch die jüngsten Zinserhöhungen der US-Notenbank haben viele asiatische Währungen unter Abwertungsdruck gesetzt und die Länder der Region gezwungen, ihre Zinsen anzuheben.

Der CMI ist nur eine Vereinbarung zwischen Ländern, und seine Nutzung erfordert die Zustimmung jedes beteiligten Mitglieds. Eine internationale Institution wie die AMF wäre daher in der Lage, schneller und flexibler auf Krisen zu reagieren als der CMI, doch die Schaffung einer AMF würde die Abkehr der Region vom IWF und vom Dollar nur beschleunigen.

Auch Chinas wachsende Wirtschaftskraft und Bereitschaft, finanzschwache Länder wie zum Beispiel Laos zu unterstützen, haben die Initiative scheinbar überflüssig gemacht. Nachdem die großen Asean-Staaten jahrelang Handelsüberschüsse erwirtschaftet und Devisenreserven aufgebaut haben, sind sie nun eher zu Kapitallieferanten als zu Kapitalempfängern geworden und brauchen keine regionale Währung oder finanzielle Zusammenarbeit mehr.

Wenn ein Asean-Mitglied mit Devisenmangel konfrontiert wird, dann ist dies in der Regel ein weniger entwickeltes Land wie Laos, Kambodscha oder Myanmar, die unter starken chinesischen Einflüssen stehen. Die Asean-Staatengemeinschaft ist zwar bestrebt, die Abhängigkeit vom IWF und dem Dollar zu verringern, will aber nicht, dass diese ohne Weiteres durch China und den Yuan ersetzt werden. 

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Es erscheint daher besser zunächst eine internationale Institution zu gründen und sich dann um die Beteiligung Chinas zu bemühen, um so dessen Einfluss besser steuern zu können. Die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) könnte als Modell dienen. 

Bei einem Treffen der Asean-Finanzminister und Zentralbanker im März in Indonesien, dem diesjährigen Asean-Vorsitz, einigten sich jedenfalls die Teilnehmer auf die Einrichtung einer Task Force, die die Verwendung regionaler Währungen bei der Handelsabwicklung fördern soll, um die Abhängigkeit vom Dollar zu verringern. Der indonesische Präsident Joko Widodo warnte indes unter Verweis auf die US-Sanktionen gegen Russland vor einer zu großen Abhängigkeit von einer ausländischen Währung oder einem Abrechnungssystem. 

Sechsundzwanzig Jahre nach Japans Vorschlag einer Asiatischen Währungsunion könnte also die Zeit für den AMF nun gekommen sein. Die jüngsten Ereignisse haben die asiatischen Länder an die Schattenseiten ihrer währungspolitischen Abhängigkeit von den USA und der auf sie ausgerichteten internationalen Finanzarchitektur erinnert.

Auch Chinas Ambitionen auf eine globale Führungsrolle spielen eine Rolle. Damit die AMF für den Rest Asiens funktioniert, kann die Region jedoch nicht einfach die Abhängigkeit vom Dollar durch eine Abhängigkeit vom Yuan ersetzen. Vielmehr braucht Asien eine neu konzipierte Reservearchitektur, die nicht unter der Autorität einer einzelnen Nation steht. Die asiatischen Zentralbanken halten in Anerkennung der überragenden Rolle des Dollars im Handel gemeinsam Vermögenswerte im Wert von fast 3 Billionen Dollar. 

 

 

Diese Reserven sollen die regionalen Volkswirtschaften über Wechselkursschwankungen und Zahlungsbilanzkrisen hinweghelfen. Da der Dollar von der US-Notenbank ausgegeben wird, werden Wert und Volumen des Dollars stark von den Maßnahmen der Zentralbank in Washington beeinflusst. Dies hat der US-Regierung eine große Macht verliehen, um die allgemeine Gesundheit der Weltwirtschaft zu beeinflussen. Historisch gesehen wurden denn auch die meisten modernen Finanzkrisen durch Phasen der quantitativen Lockerung der Geldpolitik in den USA verursacht, auf die eine rasche Straffung folgte. Asien hat darunter wiederholt gelitten.

Die asiatische Finanzkrise beispielsweise hatte ihre Wurzeln zum Teil in der Straffung der Fed, die 1993 begann. Die Straffung der US-Geldpolitik in den Jahren 2004 bis 2006 trug dazu bei, dass die Immobilien- und Infrastrukturblase in Asien kurz darauf platzte. Die von der Fed im letzten Jahr eingeleitete Straffungskampagne, die zu einem Wertverlust der meisten asiatischen Währungen geführt und andere Arten von wirtschaftlichem Chaos in Asien ausgelöst hat, trägt daher stark zur Wiederbelebung der AMF-Idee bei.

China will ein Stück vom Reservewährungs-Kuchen

Chinas Interesse wurde auch dadurch geweckt, dass die USA den Dollar zur Bestrafung Russlands für seine Invasion in der Ukraine einsetzen, einschließlich der Beschlagnahme von Zentralbankguthaben und des Ausschlusses russischer Unternehmen aus dem internationalen Finanzsystem. China möchte selbst ein Stück vom Geschäft mit den Reservewährungen abhaben, denn es ist sich bewusst, dass das Land, das diese Architektur kontrolliert, sich potenziell zum globalen Hegemonen aufschwingen kann.

Asien braucht jedoch keine weitere Reservewährung, die einem einzigen Land oder einer Zentralbank unterworfen ist. Die Ablösung des Dollars durch den Yuan hätte für die kleineren Handelsnationen Asiens praktisch keinen Nutzen.  Stattdessen sollte sich Asien um ein Reservemedium bemühen, das von der Politik eines einzelnen Landes unabhängig ist.

Die politischen Entscheidungsträger können auf die Ressourcen zahlreicher Währungs-Swap-Vereinbarungen wie der Chiang-Mai-Initiative und des Brics Contingent Reserve Arrangement zurückgreifen.  Ziel sollte es sein, dass die AMF – wie der IWF – ihre eigenen Sonderziehungsrechte (SZR) ausgibt. AMF-Sonderziehungsrechte, die von den teilnehmenden asiatischen Zentralbanken als Teil ihrer Gesamtreserven gehalten werden, könnten im Notfall gegen jede beliebige Währung aus dem Fonds getauscht werden. 

AMF: Die USA müssen mit ins Boot

Diese Vision eines regionalen Primärreservefonds ist von der ursprünglichen Konzeption des IWF inspiriert. Während sich Asien auf eine Reform seiner Währungsreservearchitektur vorbereitet, sollten die politischen Entscheidungsträger aus der Geschichte des IWF lernen.

Der Fonds ist heute nur noch ein Schatten seiner selbst, da sich der Dollar anstelle des SZR des IWF als wichtigstes Reservemedium der Welt etabliert hat. Als die globalen Zentralbanken nach dem Zweiten Weltkrieg begannen, mehr wie Investmentbanken zu agieren, war es lukrativer den Dollar zu halten, der in der Vergangenheit höhere Renditen abwarf als das SZR des IWF.

Daher machen die SZR des IWF heute nur noch 2 Prozent der weltweiten Zentralbankreserven aus, weswegen die asiatischen Zentralbanken dazu gebracht werden sollten das Halten von AMF-SDRs als eine Verpflichtung zum Schutz des regionalen Finanzsystems und nicht als eine Gewinnmöglichkeit zu betrachten. Der Widerstand der USA trug dazu bei, dass die AMF-Idee 1997 scheiterte. Darum ist es entscheidend, Washington mit ins Boot zu holen, vielleicht indem man den AMF als Alternative zu einer breiteren Einführung des Yuan positioniert.

Wenn die USA zur Einsicht kämen, dass es unvermeidlich ist, dass sich Asien vom Dollar entfernt, könnte dies helfen den IWF dazu zu bringen, den AMF als Experiment einer Neo-Reservewährungsarchitektur zu starten. Den USA eine gewisse Rolle in der AMF zuzugestehen, wäre ein geringer Preis, den die asiatischen Zentralbanken für die Schaffung eines Schutzes für die Volkswirtschaften der Region zahlen müssten. 

 

 

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