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Asien-Perspektiven: „China und Indien ziehen die Welt aus dem Schlamassel“

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DAS INVESTMENT.com: Was ist mit der indischen Rupie? Geyer: Die Rupie als Reservewährung ist angesichts der Vormachtstellung Chinas schwerlich vorstellbar. Es wird noch 25 bis 30 Jahre dauern, bis Indien zu China wirtschaftlich aufschließen wird – sofern China es etwas langsamer als bisher angehen lässt. DAS INVESTMENT.com: Bleibt der Euro Vöpel:  Die Frage ist, ob es in Zukunft überhaupt noch eine dominierende Reservewährung geben muss.  Wenn die Welt polypolar wird, wären auch verschiedene Währungen denkbar, die das Bild auf den Devisenmärkten prägen. Das könnten dann vielleicht die drei, vier großen sein. DAS INVESTMENT.com: USA und Europa in Bittstellerposition - kann man mit der Volksrepublik überhaupt noch eine Debatte auf Augenhöhe führen? Vöpel: Abseits von Menschenrechtsdiskussionen hat es China sicherlich recht geschickt angestellt, den wirtschaftlichen Entwicklungsprozess zu managen. Man muss die unsichtbare Hand des Markts langsam entwickeln, es braucht hier und dort die steuernde Hand des Staats. Das gilt gerade für frühe Entwicklungsstadien von aufstrebenden Schwellenländern ganz besonders. Allein von der Größe und der wirtschaftlichen Bedeutung her wird künftig keine Frage weltpolitischen Ausmaßes mehr ohne China zu lösen sein. Das gilt etwa für Währungsfragen oder den Klimaschutz. Geyer: Man braucht einen Modus, wie man mit China reden kann. Auch die westlichen Volkswirtschaften sind nicht unbedingt in den letzten Jahren ein Musterbeispiel für die unsichtbare Hand des Marktes gewesen. Ich denke aber, dass sie als Berater auftreten könnten, um zu reflektieren, welche Probleme sich China durch seine geplante Entwicklung ins Haus geholt hat und wie unsere Erfahrungen aussehen, diese Probleme lösen zu können. Das wird ein Austarieren sein. China könnte Elemente integrieren, die sich auch bei anderen Volkswirtschaften als tragfähig erwiesen haben. Und Fehler vermeiden, die andere zuvor schon gemacht haben. DAS INVESTMENT.com: Noch sind die Inflationsraten in den Emerging Markets deutlich höher als in der Eurozone. Vöpel: Typischerweise haben Entwicklungsländer höhere Inflationsraten, weil die Löhne in den „unproduktiven“ traditionell geprägten Sektoren mit den produktiven modernen Sektoren mitwachsen; dadurch steigen gesamtwirtschaftlich die Nominallöhne stärker als die Produktivität und es kommt zu Inflation. Und in China trägt zusätzlich die Unterbewertung der eigenen Währung zur Inflation bei. Teils versucht man ja schon die Geldmenge, die über den Kapitalzufluss erhöht wird, zu neutralisieren. Das gelingt so leidlich. Ich sehe die Inflation aber nicht als Wachstumshemmnis in China und glaube auch nicht, dass sich eine Wachstumsblase bildet – dort haben Millionen armer Menschen den Willen, dass es ihnen besser geht. Dem hohen Wirtschaftswachstum stehen auf der Angebotsseite steigende Produktionskapazitäten und somit ein reales Kapazitätswachstum gegenüber. DAS INVESTMENT.com: China sichert sich massiv über den Staatsfonds Rohstoffquellen unter anderem in Afrika.  Manche verurteilen das als wettbewerbsverhindernd. Vöpel: China betreibt Industrie- und Handelspolitik, und das hat bei der Größe des Landes natürlich massive Auswirkungen auf die weltwirtschaftliche Struktur. Und China vertritt natürlich den Standpunkt, sich für die Zukunft wichtige Wachstumsquellen wie Rohstoffe, Energie und bestimmte logistische Zentren zu sichern. China hat zum Beispiel in Ungarn vor, Binnenhäfen als Hub zwischen Europa und Asien zu errichten – was die Bemühungen westeuropäischer Hafenstandorte konterkariert. Geyer: Darüber kann man sich aber nicht wirklich beschweren. Wer jahrzehntelang zunächst Entwicklungshilfe, später Entwicklungspolitik und dann Entwicklungszusammenarbeit  und jetzt wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung betrieben hat und wenig auf Fragen etwa der Ausbeutung von Ressourcen und die Menschenrechte hingewiesen hat, darf sich nicht beschweren, wenn China jetzt Dinge in Afrika macht, für die man das Land in den vergangenen Jahrzehnten nicht kräftig genug kritisiert hat. Und die Entwicklungspolitik der westlichen Geberländer hatte oftmals auch neokoloniale Bestrebungen der Sicherung von Ressourcen zur Grundlage.
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