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Asienfonds-Manager China: Börsen-Crash trotz Wirtschaftswachstum

Wer am Mittwoch zwischen 03.30 Uhr und 09.30 Uhr (MESZ) die Kurscharts von US-Aktien-Futures in Chicago, Kupfer in London und dem Yen in Japan verfolgte - rieb sich die Augen. Die Charts waren kaum voneinander zu unterscheiden. Treiber der gleichförmigen Entwicklung war in allen Fällen der chinesische Aktienindex Shanghai Composite Index.

Lange bereits führt Chinas Benchmark-Aktienindex ein Eigenleben. Plötzlich aber wurde der Index zur führenden Richtschnur für Aktienmärkte weltweit, da Händler nach Anhaltspunkten suchten - nach irgendetwas - was ihnen bei der Abwägung hilft, wie es wohl um die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft bestellt ist. Das Problem, indes, so einige der erfahrensten Vermögensverwalter in Asien, besteht darin, dass Aktienkurse in China wenig Aufschluss über den Zustand der Wirtschaft geben.

Der Handel wird nicht nur von Privatleuten und Investoren, die mit staatlichen Institutionen in Verbindung stehen, beherrscht, die wirtschaftlichen Fundamentaldaten wenig Beachtung schenken. Chinas Aktienmarkt kämpft auch mit Verwerfungen, die sich aus der Auflösung von in Rekordumfang und auf Pump betriebenen Wetten auf steigende Kurse ergaben. Diese Wetten hatten die Bewertungen im Juni in Höhen getrieben, die weltweit zu den höchsten zählten. Gleichzeitig waren Kennziffern zum Wachstum der Volkswirtschaft im laufenden Jahr auf Mehrjahrestiefstände gefallen, obwohl der Shanghai Composite Index im Vorjahr rund 53 Prozent in die Höhe geschnellt war. Der chinesische Markt ist ein Casino

"Der chinesische Markt ist hochspekulativ - ein Casino", sagt Hugh Young, der seit 1985 in Aktien von Unternehmen aus Asien investiert und mittlerweile bei Aberdeen Asset Management in Singapur Anlagen im Umfang von 478 Mrd. Dollar betreut. Young sagt, sein Engagement am Markt auf dem chinesischen Festland sei sehr gering. Aber er habe die weltweite Verkaufswelle, die durch den von China ausgehenden Verkaufsdruck ausgelöst worden sei, genutzt, um andernorts Kaufgelegenheiten zu prüfen. Im Verlauf der fünf Handelstage bis einschließlich Mittwoch ist der Shanghai Composite um 23 Prozent eingebrochen, der größte Kursrutsch seit 1996. Der weltweite Aktienindex MSCI All-Country World Index hat im gleichen Zeitraum 6,5 Prozent nachgegeben.

Während sich der Einbruch bei chinesischen A-Aktien, die in Yuan notieren, beschleunigte, nahm die Korrelation des Marktes mit Vermögenswerten weltweit zu. Noch nie war die Korrelation des Shanghai Composite mit den Futures auf den S&P 500 Index und dem Yen höher gewesen als zuletzt, zeigen Bloomberg-Daten.

"Alle Augen richten sich auf die A-Aktien", sagt Chen Ruiming, Stratege bei Haitong Securities Co. in Schanghai. Als am Donnerstag in den letzten Handelsminuten der Shanghai Composite 5,3 Prozent in die Höhe schnellte, rückte der MSCI All-Country World Index um 0,8 Prozent vor. Risiken übertrieben eingestuft

"Investoren sehen den steilen Rückgang am Markt für A- Aktien als Anzeichen für eine Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft oder eine harte Landung", sagt Stephen Corry. Corry befasst sich seit 1994 mit dem chinesischen Aktienmarkt und ist leitender Investmentstratege in der Privatbanksparte von LGT Group in Hongkong. "Aus unserer Sicht werden die Risiken übertrieben eingestuft."

Seit Handelsbeginn 1990 sind die Kursausschläge in der Geschichte des Shanghai Composite Index extrem. Das Börsenbarometer verzeichnete von Ende 2005 bis Oktober 2007 einen Anstieg um das Fünffache, ehe es zu einem Einbruch um 72 Prozent im Zeitraum bis November 2008 kam. Danach verdoppelte sich der Index vom Tief 2008 in weniger als zwölf Monaten, ehe Verluste von über 40 Prozent im Zeitraum bis Juni einsetzten.

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