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Rasante Erholung Asiens Wirtschaft beschleunigt aus dem Corona-Tief

Singapur
Singapur: Viele asiatische Länder haben das Corona-Virus wirkungsvoller eingedämmt als der Westen – davon profitiert nun die Konjunktur. | Foto: imago images / agefotostock
Paras Anand, CIO Asset Management bei Fidelity

Historiker können auf das Jahr 2020 nicht nur als das Jahr der Corona-Pandemie zurückblicken, sondern auch als das Jahr, in dem die wirtschaftliche Führungsrolle Asiens in den Vordergrund rückte. Während alle Länder weltweit mit den Folgen des Virus zu kämpfen hatten und wirtschaftliche sowie gesundheitspolitische Maßnahmen zur Bekämpfung ergriffen, haben so unterschiedliche asiatische Volkswirtschaften wie China, Singapur, Japan und Südkorea die Vorteile einer frühzeitigen und kontinuierlichen Eindämmung unter Beweis gestellt.

Dieser Ansatz hat es bisher vielen Ländern in der Region ermöglicht, sich schneller zu erholen – und zwar ohne einige der im Westen erforderlichen größeren politischen Interventionen. Mit Beginn des Jahres 2021 wird dies wahrscheinlich das Wachstum der Unternehmensgewinne unterstützen und stabil halten. Darüber hinaus dürfte die Betonung von Nachhaltigkeit in allen Belangen – von der Anpassung der Lieferketten bis hin zur umweltfreundlichen Ausrichtung der Wirtschaft – in der gesamten Region anhalten und sich möglicherweise noch beschleunigen.

Zunehmend unterschiedliche Wirtschaftspolitik

Die Entwicklungsdynamik in Asien hat sich verändert. Früher wurde die Region von Investoren aus taktischer Sicht als Möglichkeit wahrgenommen, vom globalen Wirtschaftswachstum zu profitieren. Dabei stellte sich die Frage nach der Verlässlichkeit der Daten und der Beherrschbarkeit der Verschuldung. Die Schuldenstände sind zwar nach wie vor hoch, vor allem in China. Aber das gilt auch für den Westen, wo die Kosten der Konjunkturpakete während der Coronavirus-Krise zu tragen sind. Auch wenn jedes Wiederaufleben der Inflation in Asien einen Renditeanstieg auslösen und damit die Zins- und Refinanzierungslast der Unternehmen erhöhen könnte: Die Region hat schon früher gelernt, mit den Folgen erhöhter Inflation zu leben als die westlichen Länder.

Diejenigen asiatischen Länder, in denen die Zinsen höher sind, könnten sogar einige der negativen Folgen durch die Niedrigzinsen vermeiden, welche das Wirtschaftswachstum in Japan beeinträchtigt haben. Einige Staaten haben ihre Geldpolitik in einem Umfeld niedrigerer Inflation aber auch gelockert. Indonesien beispielsweise hat die Geldmenge so stark erhöht, wie das zuvor nur in entwickelten Volkswirtschaften für möglich gehalten wurde. Eine überraschende Entwicklung war 2020 die relative Schwäche des US-Dollars. Diese hat zu unserem günstigeren Ausblick für asiatische Vermögenswerte an der Schwelle zum Jahr 2021 beigetragen.

Unterdessen spielen zunehmend andere, allgemeinere Faktoren eine Rolle, die die Voraussetzungen für eine robustere Entwicklung der Volkswirtschaften im asiatischen Raum schaffen. Dazu gehören eine größere politische Stabilität sowie ein höheres Vertrauen in die Institutionen und deren Fähigkeit zur Krisenbewältigung. Ein weiterer wichtiger Trend, der aufgrund zunehmender Handelskonflikte mit dem Westen bereits im Gange war, ist eine stärkere Ausrichtung auf den Warenaustausch innerhalb der Region. Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich diese Entwicklung beschleunigt, da wichtige Teile der Lieferketten in Asien, speziell in China, heimatnäher ausgerichtet wurden.

Stakeholder-Kapitalismus aus asiatischer Sicht

Einige der Hemmnisse, denen Asien in den letzten zehn Jahren ausgesetzt war, schwinden. Der Trend zu einem immer stärkeren US-Dollar hat sich umgekehrt, während der Ölpreis weiter unter dem historischen Durchschnitt liegt. Gleichzeitig ist die Kluft zwischen den Finanzmärkten und der Realwirtschaft aufgrund der besonderen Struktur der asiatischen Volkswirtschaften geringer als in Ländern wie den USA. Während die Staaten des Westens beginnen, ihr Wirtschaftsmodell in Richtung Nachhaltigkeit umzugestalten, könnte das in Asien vorherrschende Modell eines gemischten Kapitalismus einer der Gründe für die bessere Abstimmung von Regierungspolitik und Unternehmen sein. Zum Beispiel bei der Digitalisierung der Wirtschaft, der Berücksichtigung sozialer Auswirkungen und sogar dem Umgang mit der Corona-Pandemie.