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Trotz Trump und Schuldenbombe: Was beim Investieren nun zählt

Trump im Weißen Haus, Schuldenexplosion in Deutschland – selten waren die politischen Unsicherheiten für Anleger so groß wie heute. Während die einen bereits ihre Depots umschichten, raten andere zur Ruhe. Im „Ask Me Anything“-Webinar erklären Andreas Beck (Portfoliomanager Global Portfolio One) und Patrick Diel (Vertriebsleiter Xtrackers Deutschland/Österreich bei DWS) ihren Blick auf die (Investment)Welt und verrieten, ob Gold, Rüstungsaktien oder Bitcoin jetzt die richtige Antwort auf die Kapitalmarktturbulenzen sind.
Die Fragen im Überblick:
Welche Auswirkungen hat Donald Trumps Wiederwahl auf die Märkte?
Andreas Beck erklärt, dass Trumps erste Amtszeit durch starke Steuersenkungen geprägt war, die die amerikanischen Unternehmensgewinne erheblich steigerten. Nun hat Trump weitere Steuersenkungen angekündigt, was jedoch laut Beck „fiskaltechnisch nicht möglich“ sei.
Patrick Diel ergänzt: „Es gibt keinen Präsidenten, der seinen Erfolg so sehr am S&P 500 misst. Man sieht das an diversen Social-Media-Posts, wo er immer wieder auf den Aktienmarkt referenziert“ Dies erkläre auch, warum Trump bereits angekündigt hat, einige seiner Zollerhöhungen wieder zurückzunehmen, nachdem die Märkte negativ darauf reagiert hatten.
Beide Experten sehen in der hohen Verschuldung der USA ein kritisches Problem, das auch die Kapitalmärkte zunehmend skeptisch betrachten. „Das Weltbild, so wie wir es jetzt viele Jahre gewohnt waren, ändert sich rasant“, so Diel.
Sollten Anleger angesichts der aktuellen Unsicherheiten investiert bleiben?
Für Andreas Beck ist die Antwort klar: „Der Kapitalmarkt ist eigentlich immer gleich. Man sollte weltweit streuen. Dafür gibt es ETFs, die das sehr gut ermöglichen, zu sehr niedrigen Kosten. Und man sollte nicht alles auf Aktien setzen, sondern sollte Anleihen beimischen.“
Auf die konkrete Frage eines Zuschauers, ob man momentan überhaupt frisches Geld investieren solle, antwortet Beck: „Wenn ich einen langen Anlagehorizont habe, sind die derzeitigen Kurse nicht so relevant. In Europa waren sie vorher schon nicht teuer, und in Amerika sind sie ordentlich zurückgekommen, ohne dass die Unternehmen wirklich schlechter geworden wären.“
Patrick Diel stimmt zu: „Im Englischen sagt man so schön 'time in the market beats timing the market'. Also wenn man einen langen Horizont hat, sollte man auf jeden Fall investieren.“
Ab welcher Abweichung vom ursprünglichen Portfolio lohnt sich ein Rebalancing?
Auf die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für ein Rebalancing erklärt Andreas Beck: „In der Kapitalmarktforschung ist es das Beste, man arbeitet hier mit Regeln. Zum Beispiel sobald ich eine Abweichung habe von mehr als 5 Prozent habe, dann sollte man rebalancen.“
Er schildert jedoch auch seinen persönlichen Ansatz: „Ich schaue schon, wenn es Einbrüche gibt, wann sich diese Dynamik etwas abschwächt. Weil häufig, wenn es so starke Einbrüche gibt, gehen die Spreads auch auseinander, also die Geldbriefspannen. Und dann tun sich Großinvestoren schwer, ihre Stücke loszuwerden.“ Er wartet dann, bis der Verkaufsdruck abflacht und die Volatilität zurückgeht, bevor er rebalanciert.
Wie reagiert man auf das deutsche Mega-Schuldenpaket?
Andreas Beck zeigt sich kritisch gegenüber der neuen deutschen Schuldenaufnahme: „Wir hätten erst Reformen gebraucht und eine Restrukturierung. Und dann hätte man sich überlegen müssen, was man an neuen Schulden braucht.“ Er erinnert an den NextGeneration-EU-Fonds mit 800 Milliarden Euro, der vor vier Jahren aufgelegt wurde, und fragt: „Wo sind die denn hin, die 800 Milliarden?“
Patrick Diel weist auf die unmittelbaren Marktreaktionen hin: „Die Zinsen haben das ja schon sehr sehr deutlich gezeigt. Wir hatten seit Jahren den stärksten Anstieg in langen laufenden deutschen Staatsanleihen überhaupt.“ Zudem warnt er vor inflationstreibenden Effekten: „Ein Riesenkonjunkturprogramm plus die Zölle und Gegenzölle, das ist auf jeden Fall nichts, was die Inflation im Zaum hält.“
Welche Rolle spielt Gold im aktuellen Umfeld?
Obwohl Andreas Beck Gold nicht in seinem Kernportfolio berücksichtigt, findet er es „als Beimischung interessant“.
Patrick Diel erklärt die aktuelle Goldpreisentwicklung: „Der Goldpreis ist so gut gelaufen, seitdem Russland durch die Sanktionen im Zuge des Krieges in der Ukraine von den klassischen Zahlungssystem abgeschnitten hat. Und der Goldpreis wird hauptsächlich getrieben durch die Zentralbanken, die massiv Gold kaufen.“ Er weist jedoch auf die Opportunitätskosten hin: „Gold hat keine Zinsen. Je höher der Zins ist, umso höher sind natürlich die Opportunitätskosten, Gold zu halten.“
Wie stark sollte man auf Bitcoin und Kryptowährungen setzen?
Patrick Diel beobachtet, dass Bitcoin institutionell immer stärker akzeptiert wird: „Allein aufgrund der Größe, der globalen Durchdringung und auch dadurch, dass Diskussionen wie in Amerika stattfinden, ob es eine Staatsreserve geben wird oder nicht. Bitcoin wird seriöser und größer.“
Gleichzeitig empfiehlt er Zurückhaltung bei der Positionierung: "Wir würden Kryptoprodukte aufgrund der Volatilität zwischen 1 und 3 Prozent als eine gute Beimischung sehen, je nachdem wie viel Risiko man aushalten kann und will."
Andreas Beck ist noch skeptisch: „Gold als Beimischung würde ich dem Bitcoin vorziehen.“
Ist Nachhaltigkeit (ESG) in der aktuellen Situation noch relevant?
Andreas Beck sieht eine Veränderung im Nachhaltigkeitsansatz: "Dieses Nachhaltigkeit 1.0, das ist gescheitert. Und das heißt aber nicht, dass es diese Klimaerwärmung nicht gäbe und dass es die Umweltverschmutzung und die Verschmutzung der Meere nicht gäbe." Er prognostiziert eine neue Form des nachhaltigen Investierens, die sich stärker darauf konzentriert: „Wer hat eigentlich Lösungen für die konkreten Probleme?“ Impact sei das Thema der Stunde.
Patrick Diel fügt hinzu: „Worauf wir uns alle einigen können, ist, dass mehr Nachhaltigkeit uns gut tut. Nicht nur menschlich, sondern auch wirtschaftlich. Wenn die Umwelt kaputt geht, werden am Ende auch Wirtschaftsunternehmen Probleme haben.“
Beide sind überzeugt, das Thema werde langfristig relevant bleiben, ganz egal wie die Ansichten im Weißen Haus sind.
Welche Chancen bieten Schwellenländer wie Indien?
Auf die Frage nach den Perspektiven für Indien zeigt sich Andreas Beck skeptisch: „Die Indien-Story gibt es schon seit 30 Jahren und die hat nie funktioniert, weil dieses Land kulturell doch so individuell aufgestellt ist, dass diese westlichen Wachstums- und Kapitalismusfantasien bis jetzt nicht gegriffen haben.“
Patrick Diel sieht jedoch positive Entwicklungen: „Rein volkswirtschaftlich ist das Land natürlich in einer immer digitalisierten Welt mit sehr vielen gut ausgebildeten und jungen Leuten gut aufgestellt.“ Er betont auch die günstige geopolitische Position: „In der geopolitischen Phase jetzt, wo auch viele Firmen Alternativen zu China suchen, hat Indien eine Position aufgebaut, die momentan ganz attraktiv ist, weil sie in beiden Blöcken Handel betreiben können.“
Welche Rolle spielt Momentum bei der Geldanlage?
Auf die Frage nach einer Momentum-Strategie erklärt Andreas Beck: „Was meiner Meinung nach etwas dagegen spricht ist, dass der ganz normale marktkapitalisierende Index ja auch schon in gewisser Hinsicht Momentum ist. Weil das, was am besten gelaufen ist, am höchsten gewichtet wird.“
Er empfiehlt daher: "Wenn ich ein gut risikogestreutes Portfolio habe und ich nehm auf der einen Seite den marktkapitalisierenden Index, dann ist es besser, ich nehme ein Value-Index oder ein Small-Cap-Index dazu zur Risikostreuung, als dass ich dann noch weiter in eine Momentum-Strategie investiere."
Ist der Rüstungssektor ein neuer Anlagefokus?
Auf die Frage, ob Rüstung nach den massiven Kursgewinnen von Unternehmen wie Rheinmetall „die neue KI“ sei, in die man investieren sollte, zeigt sich Andreas Beck skeptisch: „Der Zug ist schon abgefahren.“ Er warnt generell vor Themen-ETFs: „Diese Themen-ETFs kommen ja immer erst auf den Markt, wenn das Thema schon sehr gut gelaufen ist, weil sonst hat ja keiner Interesse daran.“
Er gibt zu bedenken: „Stellen wir uns einfach mal vor, Trump und Putin stellen fest, dass sie Best Buddies sind und es gibt Frieden. Was ist denn mit diesen ganzen Rüstungsfirmen?“ Seine Schlussfolgerung: „Breit streuen, breit streuen, breit streuen.“
Welche Möglichkeiten bieten Anleihen in der aktuellen Marktphase?
Andreas Beck betont die Bedeutung von Anleihen: „Der größte Investmentmarkt, den es gibt, das sind Anleihen. Das ist gar nicht der Aktienmarkt.“ Nach der Nullzinsphase seien Anleihen wieder attraktiv geworden: „Jetzt haben wir wieder schöne Zinsen. Die Zinsen am langen Ende sind auch sehr stark gestiegen durch die Megaverschuldung, gerade im Euroraum und auch durch die Turbulenzen in den USA.“
Patrick Diel weist auf spezielle ETF-Produkte hin: „Es gibt sogenannte Target Maturity ETFs, die eine feste Laufzeit haben. Also man kann sagen, auf die Laufzeit 2032 als Beispiel logge ich mir quasi das Zinsniveau ein.“ Diese Produkte bieten Anlegern die Möglichkeit, das aktuelle hohe Zinsniveau langfristig zu nutzen, „breit diversifiziert und auch kostengünstig.“
Wie nutzt die KI-Entwicklung Portfoliomanagern?
Auf die Frage, welche Rolle künstliche Intelligenz bei der Portfoliosteuerung spielt, antwortet Andreas Beck überraschend deutlich: „Keine große. Die Finanzindustrie ist hochgradig darauf professionalisiert, große Datenmengen mit statistischen Methoden zu bearbeiten. Das macht die schon immer.“
Er fügt hinzu: „Wenn ich bessere Renditen will, dann nützt mir kein neuronales Netz etwas. Dann brauche ich bessere Daten oder schnellere Daten. Da spielen die Large Language Models keine Rolle im Portfoliomanagement.“
Fazit: Diversifikation bleibt das Gebot der Stunde
Beide Experten betonen die Bedeutung einer breiten Streuung in Zeiten politischer Umbrüche. Andreas Beck fasst zusammen: „Alle bisherigen Krisen haben gezeigt, dass Demokratien sehr flexibel am Ende reagieren können und dann auch sehr gut da wieder herauskommen. Aber ein Problem muss leider erst mal eine gewisse Größe haben, bevor man sich drum kümmert.“
Patrick Diel ergänzt mit einem positiven Ausblick auf Europa: „Wir haben in Deutschland immer noch eine funktionierende Demokratie mit sauberen Institutionen, die nicht unterminiert sind. Wo eine Rechtssicherheit da ist, auch für Firmen, sich langfristig anzusiedeln. Und langfristig ist das ein echter Mehrwert von Europa. Und ich glaube, das wird auch langfristig Firmen anziehen und auch viele intelligente Menschen nach Europa bringen.“