Zinszusatzreserve 2021 Lebensversicherer müssen 10 Milliarden Euro nachschießen
Mit 0,25 Prozent hat der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung zum Jahreswechsel einen neuen Tiefpunkt erreicht. Nachdem die Lebensversicherer um die Jahrtausendwende noch 4 Prozent garantierten, lag er seit Anfang 2017 mit 0,9 Prozent erstmals unter der 1-Prozent-Schwelle. Dieses niedrige Niveau erschwere es den Anbietern, neuen Kunden den vollständigen Erhalt ihrer eingezahlten Beiträge vertraglich zu garantieren, berichtet Lars Heermann. „Damit geht eine weitere Erosion der Garantien in den Lebensversicherungsprodukten einher“, erwartet der Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei der Rating-Agentur Assekurata.
Die Kölner haben jetzt die Ergebnisse ihrer aktuellen Marktstudie zu Überschussbeteiligungen und Garantien der deutschen Lebensversicherer vorgestellt. Demnach gefährdet der weiter abgesenkte Höchstrechnungszins insbesondere diejenigen Produkte, bei denen der Beitragserhalt gesetzlich vorgeschrieben ist. Hierzu zählen beispielsweise die mit Zulagen und Steuervorteilen geförderten Riester-Versicherungen. „Durch die ausgebliebene Reform auf politischer Ebene sind Riester-Policen zum Auslaufmodell geworden, da sie nur noch vereinzelt von Direktversicherern oder in Form von Nettotarifen angeboten werden“, kritisiert Heermann.
Der immer weiter gesunkene Höchstrechnungszins trägt laut Heermann zwar dem Niedrigzinsumfeld Rechnung, schlägt sich aber nur langsam in den Büchern der Lebensversicherer nieder. Denn die deutschen Lebensversicherer hätten noch große Bestände an höher verzinsten Altverträgen. Insoweit betrifft der Niedrigzins laut Heermann die Anbieter auf zwei Ebenen: „Lebensversicherer müssen ihre Garantien im Neugeschäft neu austarieren, gleichzeitig aber ihre Leistungszusagen im Bestand finanziell absichern.“
„Zinszusatzreserve entlastet“
Hallo, Herr Kaiser!
Denn trotz der Absenkung des Höchstrechnungszinses und der längst eingeleiteten Neuausrichtung hin zu kapitaleffizienten Produkten sei die Finanzierung der Garantien für viele Anbieter herausfordernd. So lag der nominelle Garantiezins im Bestand der Lebensversicherer Ende 2021 bei durchschnittlich 2,56 Prozent. Wirtschaftlich entlastend wirke hier allerdings die Zinszusatzreserve (ZZR), zu deren Aufbau die Branche seit 2011 verpflichtet ist. Unter Anrechnung dieser Mittel fällt die durchschnittliche Garantiezinsanforderung laut Assekurata mit 1,43 Prozent um 113 Basispunkte geringer aus. In den Vorjahren war die Entlastung mit 108 (2020) beziehungsweise 97 Basispunkten (2019) noch nicht so hoch.
„Der spürbare Entlastungseffekt der ZZR kommt nicht von ungefähr, sondern resultiert aus dem umfangreichen Reserveaufbau in den vergangenen Jahren“, kommentiert Heermann. Für das Bilanzjahr 2021 ermittelte Assekurata auf Basis der Studiendaten branchenweit eine ZZR-Zuführung von 10 Milliarden Euro, die somit um etwa eine Milliarde Euro geringer ausfällt als im Vorjahr. Den Grund hierfür sehen die Studienautoren im leichten Anstieg des Marktzinsniveaus im Jahresverlauf 2021, so dass der für die ZZR-Dotierung maßgebliche Referenzzins nicht so stark fiel wie in den Jahren zuvor, dennoch aber weiter auf 1,57 Prozent (Vorjahr: 1,73) zurückging.
„Im Gegensatz zum Vorjahr wurde diesmal keine zusätzliche Tarifgeneration nachreservierungspflichtig, die bisherigen ZZR-Tarifgenerationen sind aber weiter aufzufüllen“, ergänzt Heermann. Insgesamt beläuft sich die Branchen-ZZR Ende 2021 laut Assekurata auf 97 Milliarden Euro, was etwa 10 Prozent der bilanziellen Deckungsrückstellung entspricht.