


„Die Wohngebäudeversicherung ist neben der Kfz-Versicherung zum zweiten Sorgenkind der Schaden-/Unfallversicherungswirtschaft geworden“, sagt Adrian Hamm. Die Gründe dafür nennt der Analyst bei Assekurata in einem aktuellen Blog-Beitrag der Kölner Rating-Agentur. Demnach zeigen die jüngsten Hochwasser in Süddeutschland, wie anfällig einige Gebiete für diese Elementarschäden sind.
Überdurchschnittlich stark belastet waren die Anbieter in dem mit 10,6 Milliarden Euro bislang schadenreichsten Jahr 2021, in dem die „Sturzflut Bernd“ eine verheerende Flutkatastrophe im Ahrtal und anderen Regionen Westdeutschlands verursachte, sodass die Wohngebäudeversicherer 2021 allein 4,3 Milliarden Euro für Elementarschäden zahlten – mehr als die Hälfte aller Schäden im Jahr 2022 (7,7 Milliarden Euro) beziehungsweise 2023 (8,4).
Schwankungsrückstellungen puffern Extremjahre ab
Um solch stark schwankende Aufwendungen für Schäden auszugleichen, dienen die sogenannten Schwankungsrückstellungen in den Bilanzen der Schaden-/Unfallversicherer: In schadensreichen Jahren wie 2021 werden Mittel aus den Schwankungsrückstellungen entnommen, während in ruhigen Zeiten mehr Mittel zurückgelegt werden. Durch diese Puffer wird das versicherungstechnische Ergebnis stabilisiert.
Die Schwankungsrückstellungen der wichtigsten Anbieter am deutschen Markt entwickeln sich allerdings sehr unterschiedlich: Im Jahr 2022 haben vier der zehn größten Versicherungsgruppen dem Posten Mittel entnommen, während die übrigen sechs Unternehmensgruppen Mittel zugeführt haben (siehe Grafik). „Das verdeutlicht, dass die Risiko-Exponierung der Unternehmen unterschiedlich ist“, sagt Assekurata-Analyst Hamm.
Schwankungsrückstellungen in der Wohngebäudeversicherung (in Millionen Euro)

So schlugen sich die Milliardenschäden durch die „Sturzflut Bernd“ im Sommer 2021 besonders deutlich in den Bilanzen der Provinzial Gruppe nieder, deren Schwankungsrückstellungen 2022 im Marktvergleich sehr niedrig ausfallen. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Quoten der Schwankungsrückstellungen im Verhältnis zu den verdienten Bruttobeiträgen, die 2022 branchenweit gestiegen sind. Mithilfe dieser Kennzahl können die einzelnen Unternehmen besser miteinander verglichen werden.
Schwankungsrückstellungsquote im Durchschnitt stabil
Gegenüber dem Katastrophenjahr 2021 blieb die Schwankungsrückstellungsquote bei den zehn Top-Versicherern insgesamt mit einem Plus um 0,36 Prozent nahezu unverändert (siehe Grafik). Bei der besonders gebeutelten Provinzial lag sie 2022 knapp unter einem Prozentpunkt und ist auch bei vier weiteren Branchengrößen gesunken. Die größten Rückgänge mit -5,04 beziehungsweise -2,75 Prozentpunkten verbuchten die LVM und die VGH Gruppe.
Schwankungsrückstellungs-Quoten in der Wohngebäudeversicherung (in Prozent)

Doch bei den fünf anderen Versicherern hat sie auf Jahressicht hingegen zugelegt. Das stärkste Wachstum weisen die Generali und die R+V-Gruppe mit 6,13 beziehungsweise 3,24 Prozentpunkten auf. Letztere hatte mit 316,65 die höchste Schwankungsrückstellungsquote unter den großen Marktteilnehmern. Zum Vergleich: Huk-Coburg und LVM liegen mit 10,37 beziehungsweise 11,99 Prozent nur knapp im zweistelligen Prozentbereich.