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Assenagon-Chefökonom Martin Hüfner Credit Spreads als Rezessionsindikator

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Ein weiterer Vorteil ist, dass er sich nicht auf die Markt­technik verlässt. Man kann ihn ökonomisch gut begründen. Wenn die Zinsen für Unternehmensanleihen relativ zu den Staatsanleihen steigen, ist dies ein Zeichen, dass die Kre­ditqualität der Unternehmen nachlässt. Das deutet auf schwächere Gewinne und damit auch auf nachlassendes Wachstum hin – alles typische Symptome einer nachlas­senden Konjunktur.

Der Credit-Spread-Indikator liegt auf der gleichen Linie wie ein anderer Indikator, der sich in der Community großer Beliebtheit erfreut. Dieser orientiert sich an der Steilheit der Renditekurve. Immer dann, wenn die Renditekurve flach oder gar invers wird (kurzfristige Zinsen sind höher als langfristige), droht eine Rezession. Auch dieser Indikator signalisiert derzeit Rezessionsgefahren. Sie werden noch zunehmen, wenn die Fed wie angekündigt die Leitzinsen weiter erhöht, die langfristigen Renditen aber wegen der hohen Liquidität niedrig bleiben.

Für Europa ist der Credit-Spread-Indikator leider schlecht übertragbar. Das liegt daran, dass der Markt für Unternehmensanleihen hierzulande noch nicht so lange existiert und auch nicht so breit ist. Es gibt daher keine so geeigneten langfristigen Statistiken. Zudem ist der Markt verzerrt durch die EZB-Käufe von Unternehmensanleihen. Immerhin stei­gen die Spreads für Unternehmensanleihen mit einem In­vestment Grade Rating auch im Eurobereich deutlich.

Mein Fazit: Freuen wir uns, dass es hier einen neuen Konjunkturindikator gibt. Je mehr solcher Signale wir haben, umso besser. Dadurch wird die Prognosequalität besser. Interpretieren wir den Indikator aber nur als das, was er ist: Ein Warnschuss. Er zeigt, dass mit der Konjunktur etwas nicht in Ordnung ist und dass man sich auf ein Kippen des Aufschwungs einstellen sollte. Aber er lässt offen, wann die Rezession kommt und wie stark sie sein wird. Für die USA bin ich wegen der massiven Steuersenkungen zu Beginn dieses Jahres relativ zuversichtlich, dass die Konjunktur noch eine Zeitlang hält.

Für Europa sieht es schlechter aus. Hier wird sich die Kon­junktur früher abschwächen. Bereits in den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat sich das gesamtwirtschaftliche Wachstum spürbar verlangsamt. Das wird sich fortsetzen, vor allem dann, wenn sich der Handelskrieg in der Welt verstärkt und auf die Stimmung der Unternehmen drückt. Hier muss schon 2019 mit einer deutlichen Verlangsamung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität gerechnet werden. Die Prognosen, die bisher von einem im nächsten Jahr vermut­lich unveränderten Wachstum ausgehen, werden aus mei­ner Sicht deutlich nach unten korrigiert werden müssen.

Für den Anleger ist der Übergang von einer guten Konjunktur zu einem Ab­schwung sehr wichtig. In der guten Konjunktur sollte er sich von festverzinslichen Wertpapieren fernhalten, da die lang­fristigen Zinsen weiter anziehen könnten. Wenn der Schal­ter jedoch auf Abschwung umgelegt wird, sollte man Rentenpapiere wieder kaufen und stattdessen bei Aktien vor­sichtiger sein. Denn dann gehen auch die Unternehmens­gewinne zurück.

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