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Assenagon-Chefökonom Martin Hüfner „Der Abstieg Italiens geht auch an die Substanz der EU“

Grafiken können manchmal mehr verwirren als Klarheit schaffen. Ein Beispiel sehen Sie unten auf dieser Seite. Es zeigt die Wachstumsraten der Mitglieder des Euroraums in den letzten zehn Jahren. Eigentlich gibt es 19 Länder, die hier gezeigt werden müssten. Um die Sache nicht zu kompliziert zu machen, habe ich mich auf die sieben größten beschränkt. Trotzdem ist es nicht möglich, die einzelnen Linien übersichtlich zu verfolgen.

Martin Hüfner

Aber auch dieser Wirrwarr erzählt eine interessante Geschichte. Sie beginnt in den Jahren 2010 bis 2012 mit dem Chaos der Eurokrise. Die Wachstumsraten der einzelnen Länder gingen weit auseinander. Das war ein Haufen von Ländern, aber keine Gemeinschaft. Eine einheitliche Geldpolitik war schon gar nicht möglich. Griechenland stand in der Rangliste ganz unten mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um sage und schreibe 9 Prozent im Jahr 2011. Auf der anderen Seite befand sich Deutschland, das noch ein Wachstum von fast 4 Prozent hatte.

Nach dem Höhepunkt der Krise und dem berühmten "Whatever it takes ..." von EZB-Präsident Draghi kam es zu einer deutlichen Konvergenz in der Gemeinschaft. Die Wachstumsraten näherten sich an. Mit einem Mal sah es wieder wie eine Union aus. Es gab zwar immer noch Vorreiter und Nachzügler. Sie unterschieden sich aber nicht mehr so stark wie vorher. Spanien lag 2015 mit einem Wachstum von 3,6 Prozent vorne. Griechenland war zwar immer noch Schlusslicht. Der Rückgang des realen BIPs betrug dort aber "nur" noch 0,5 Prozent.

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Quelle: IMF/Hüfner 

Ab 2017 begann eine neue Phase. Der Aufschwung ging zu Ende. Die Wachstumsraten verlangsamten sich. Die Konvergenz blieb nicht nur bestehen. Sie ist sogar noch enger geworden. Das ist wichtig. Es zeigt, dass die Union auch in der schwierigen Zeit einer Abschwächung zusammenbleibt. Im Euro gibt es keine größeren Spannungen. Das ist eine gute Nachricht.

Das Bild erzählt daneben aber noch eine andere Geschichte. Sie bezieht sich auf die Position einzelner Länder. Die dick gedruckte rote Linie zeigt die Wachstumsrate Italiens. Das Land lag zu Beginn der Periode mit einer Zunahme des BIPs von 1,9 Prozent etwa im Mittelfeld. Es hatte auch damals schon Probleme mit der zu hohen Staatsverschuldung und den Staatspapieren in den Portefeuilles der Banken. Aber insgesamt schaute man doch noch zuversichtlich in die Zukunft und versuchte Reformen am Arbeitsmarkt und in der Regulierung der Wirtschaft. Das ging aber nicht so richtig voran. Die Folge war, dass das Land inzwischen das Schlusslicht unter den Euro-Ländern ist. Es wird in diesem Jahr nicht mehr wachsen.