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Assenagon-Chefökonom Martin Hüfner „Die lockere Geldpolitik läuft aus – na und?“

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Das wird passieren, wenn die Aussicht auf steigende Zinsen aufkeimt. Denn dann erhöhen sich die Opportunitätskosten der Haltung von Bargeld und von täglich fälligen Einlagen. Das wird nicht gleich zu Jahresbeginn passieren. Es kommt aber im Laufe des Jahres, wenn der Zeitpunkt für eine Anhebung der Leitzinsen in Europa näher rückt. In den USA, die schon länger die Leitzinsen erhöhen, ist das Wachstum der Geldmenge M1 auf inzwischen 3,8 Prozent gefallen. Diese Größenordnung könnte auch hier erreicht werden, vermutlich noch nicht im nächsten Jahr, aber vielleicht 2020.

Was ist schlimm daran? Gar nichts. Es heißt nur, dass die monetären Bedingungen in Europa trotz weiter extrem niedriger Zinsen restriktiver werden. Es gibt nicht mehr so viel Geld. Die ultralockere Geldpolitik, die zur Überwindung der großen Finanzkrise und zur Bekämpfung der Eurokrise notwendig war, läuft aus. Wir haben jahrelang beklagt, dass die Zentralbank einen zu expansiven Kurs fährt. Wir sollten jetzt nicht kritisieren, wenn sich die Verhältnisse normalisieren und der monetäre Mantel enger wird. Geld muss knapp sein, sonst kann es seine Funktion in einer Volkswirtschaft nicht erfüllen.

Folgen für Konjunktur und Kapitalmärkte

Das wirkt sich zunächst auf die Konjunktur aus. Wenn die Geldmenge langsamer zunimmt, dann haben die Menschen weniger im Portemonnaie. Sie kaufen weniger. Es gibt eine Reihe von Studien, die den Zusammenhang zwischen M1 und der Konjunktur statistisch nachgewiesen haben. Wenn die Geldmenge weniger zunimmt, dann wächst die volkswirtschaftliche Nachfrage langsamer und die Konjunktur wird schwächer. Das können wir derzeit beobachten.

Allerdings ist die Korrelation zwischen beiden Größen nicht perfekt. Die Geldmenge schwankt stärker als die Konjunktur. Zudem gibt es zwischen beiden zeitliche Verzögerungen. Sie betragen ungefähr drei bis vier Quartale. Das ist verständlich. Wenn die Verbraucher weniger Geld in der Tasche haben, reduzieren sie nicht stante pede ihre Käufe, sondern warten erst ab, ob die Veränderung dauerhaft ist.

Die zweite Auswirkung betrifft die Kapitalmärkte, speziell die Aktienkurse. Sie funktioniert ähnlich. Wenn die Wachstumsrate von M1 sinkt, dann verschlechtert sich das Klima an den Börsen und nach einer gewissen Zeit gehen auch die Kurse nach unten. Umgekehrt wenn sich das Wachstum der Geldmenge beschleunigt.

Insgesamt ist M1 damit ein weiterer Indikator für die Börsenentwicklung. Mit sinkendem Wachstum der Geldmenge M1 werden im Übrigen auch die Schwankungen der Kurse größer.

Für den Anleger

Viele meinen, dass es nach dem schlechten Oktober jetzt wieder ein "Back to Normal" an den Aktienmärkten geben könnte. Ich halte das auch für möglich. Aber man muss auch die veränderten monetären Bedingungen im Kopf haben. Wir müssen uns also mit kleineren Brötchen zufrieden geben. Auch 2019 werden die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Ein Crash ist allerdings nicht zu befürchten. Dazu ist die Konjunktur zu gut und das Geldmengenwachstum zu hoch. Darüber hinaus würde ich mich nicht wundern, wenn sich die Geldmengenentwicklung am Ende auch in höheren Zinsen zeigt. Bisher haben wir davon allerdings noch nichts gesehen.

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