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Assenagon-Chefökonom Martin Hüfner Warum in absehbarer Zeit keine Rezession droht

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Ein anderes Risiko ist eine noch stärkere Abschwächung des US-Dollar auf den Devisenmärkten. Sie würde vor allem Europa und China belasten. Natürlich würde die US-Konjunktur durch eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit Nutzen daraus ziehen. Das würde die Weltwirtschaft aber nicht retten, da der Wechselkurs für die USA nicht so ins Gewicht fällt.

"Aufschwünge sterben nicht an Altersschwäche, sie werden immer von der Fed ermordet"

Von einem möglichen Einbruch in China ist derzeit viel die Rede. Das Reich der Mitte hat viele Ungleichgewichte, insbesondere eine hohe Verschuldung sowohl von Unternehmen und als auch des Staates. So richtig einschätzen kann die Gefahr eines Crashs in dem Land allerdings niemand. Was beruhigt, ist, dass China anders als die USA eine verantwortungsbewusster agierende Regierung hat.

Ein Einbruch an den Finanzmärkten ist auch ein Risiko für die Konjunktur. Er würde zu Vermögensverlusten bei Konsumenten und zu einer Verteuerung der Investitionsfinanzierung führen. Das könnte die gesamtwirtschaftliche Nachfrage spürbar beeinträchtigen. Wir haben das bei den Aktieneinbrüchen sowohl im Jahr 2000 als auch 2008 erlebt.

Speziell für die EU gefährlich wäre eine Mehrheit europakritischer Parteien bei den Wahlen in Italien. Sie könnte zu einem Austritt des Landes aus der Gemeinschaft führen. Bereits der Brexit hat zu erheblichen Verwerfungen geführt. Im Falle Italiens wären die Folgen noch größer. Es ist stärker in die europäische Wirtschaft integriert. Vor allem ist es Mitglied des Euros, was dann auch währungspolitische Verwerfungen mit sich bringen würde.

Die Kommunikation zählt

Der Aufschwung ist – gemessen an den Verhältnissen in den USA – schon sehr alt. Er dauert inzwischen fast zehn Jahre. Das ist fast so lang wie die Erholung in den 90er Jahren und länger als die Zyklen in den 80ern und in den Nullerjahren (siehe Grafik). In einem solchen Alter muss er nicht gleich sterben und in einer Rezession enden. Er kann aber kraftloser werden. Die Wachstumsraten können zurückgehen. Das wäre für die Kapitalmärkte auch nicht schön.

Schließlich kommt natürlich auch die Geldpolitik als Gefahr für die Konjunktur hinzu. Ich denke hier nicht so sehr an die höheren Zinsen. Sie müssten für die Wirtschaft verkraftbar sein, weil die Notenbanken sehr vorsichtig vorgehen. In einer solchen Situation kommt aber viel auf die Kommunikation an. Ein falsches Wort des Chefs der Federal Reserve kann die Märkte rund um den Globus erschüttern. Wir haben das 2013 in den USA mit dem sogenannten „Taper Tantrum“ erlebt. Das Problem ist, dass der neue amerikanische Notenbankpräsident noch wenig Erfahrung mit der Kommunikation der Geldpolitik hat.

Alles in allem gibt es also viele Risiken für die Konjunktur. Man sollte sie nicht unterschätzen. Wenn ich sie mir allerdings im Einzelnen anschaue, dann ist darunter kein einziges, das mir wirklich schlaflose Nächte bereiten würde. Nur wenn viele oder alle zusammen kämen, würde es schwer. Das ist aber wenig wahrscheinlich.

Für den Anleger

Eine Rezession müssen Sie in absehbarer Zeit nicht befürchten. Das ist wichtig. Denn die gute Konjunktur ist ein sicherer Fels in einem Umfeld, in dem es an den Finanzmärkten viele Risiken gibt. Sie sorgt dafür, dass die Unternehmen weiter Geld verdienen und die Verbraucher Geld haben. Sie stützt, wenn es wie in den letzten Wochen zu Turbulenzen kommen sollte. Das werden wir in diesem Jahr sicher noch häufiger brauchen.

 

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