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Assenagon-Chefvolkswirt fordert „Geld- und Finanzpolitiker müssen zusammenarbeiten“

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Richtiger wäre es, gemeinsam zu handeln. Die EZB tritt nicht durch eigene Lockerungsmaßnahmen in Vorlage und fordert die anderen auf, mitzumachen. Sie wendet sich vielmehr an die Gruppe der Finanzminister zu gemeinsamen Beratungen. Sie bietet Maßnahmen an, die sie in einem gemeinsamen Pakt verwirklichen würde. Die Finanzminister legen ihrerseits vor, was sie zu tun gedenken. Die Kunst besteht darin, die Pläne zu einem gemeinsamen Programm zusammenzuführen, das die einzelnen Akteure in eigener Verantwortung umsetzen.

Die EZB würde dabei gewissermaßen als Katalysator wirken. In der Griechenlandkrise hat der Internationale Währungsfonds eine solche Rolle hervorragend ausgefüllt. Es ist sicher kein Nachteil, dass die Chefin des IWF, die das damals orchestrierte, die neue Präsidentin der EZB sein wird. Sie hat Erfahrung auf dem Gebiet.

Geld- und Finanzpolitik müssen zusammenarbeiten

Ein solches gemeinsames Vorgehen ist keine neue Erfindung. In Deutschland gab es früher einmal die sogenannte "Konzertierte Aktion". Das war ein runder Tisch, an dem die Bundesbank, das Finanzministerium und die Tarifpartner saßen. Sie tauschten sich über die Beurteilung der Lage aus und verabredeten dann Strategien, die sie dann jeweils in eigener Verantwortung umsetzten. Das war ein vernünftiger Ansatz, auch wenn die "Konzertierte Aktion" später aus anderen Gründen wieder abgeschafft wurde.

Eine solche Zusammenarbeit von Geld- und Finanzpolitik hätte erhebliche Vorteile. Sie erhöht die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen, da alle auf das gleiche Konto einzahlen. Das ist wichtig, denn die Munition sowohl der Geldpolitik als auch der Finanzpolitik (wegen der hohen Schulden) ist heute begrenzter als früher. Hinzu kommt, dass die Kollateralschäden der expansiven Maßnahmen geringer sind. Die Verschuldung der Staaten steigt nicht so stark an.

Die Zinsen müssen nicht so weit gesenkt werden. Es könnte sogar sein, dass die ärgerlichen Minuszinsen am Kapitalmarkt wieder ins Positive drehen. Was gäbe das für ein Aufatmen bei den Anlegern und an den Finanzmärkten?

Wird durch eine solche Zusammenarbeit die Unabhängigkeit der Notenbank gefährdet? Ich halte solche Befürchtungen für unbegründet. Die 19 Finanzminister sind – gerade weil es so viele sind – kaum in der Lage, die ihnen gegenübersitzende Zentralbank zu dominieren. Zudem ist die neue Chefin der EZB so stark und geschickt, dass sie sich von den Finanzministern sicher nichts sagen lässt.

Für den Anleger

Für die Kapitalmärkte wäre ein neuer Policy-Mix eine gute Nachricht. Sie wären nicht mehr allein von den monetären Impulsen abhängig. Hinzu kämen positive Impulse von der Finanzpolitik. Eine Verringerung der Minuszinsen wäre in jedem Fall hilfreich.


Über den Autor:
Martin Hüfner ist Chefvolkswirt beim Vermögensverwalter Assenagon. In einer regelmäßigen Kolumne beleuchtet Hüfner die Entwicklung an den Finanzmärkten.

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