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Assenagon-Chefvolkswirt Martin Hüfner „Größere Turbulenzen am Devisenmarkt zu erwarten“

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„Notenbanken brauchen auch Mut“

Das zeigt: Notenbanken müssen nicht nur formal unabhängig sein. Sie brauchen auch Mut und Glaubwürdigkeit auf den Märkten. Nur dann werden sie wirklich respektiert und können etwas bewirken. Die Schweizer haben das geschafft.

Allerdings hat die SNB auch Glück gehabt. Die Risikofaktoren haben sich nämlich verändert. In der Eurokrise war es vor allem Europa, auf das sich die Kapitalbewegungen konzentrierten. Da war die Schweiz der „geborene“ sichere Hafen. Viel Geld floss aus Griechenland in die Eidgenossenschaft.

Inzwischen hat sich die Welt verändert. Die Griechenlandkrise ist vorbei. Jetzt stehen die USA im Mittelpunkt. Sie sind es, die das internationale Kapital anziehen, vor allem durch höhere Zinsen und die Erwartung eines sich aufwertenden Dollars.

Wird Italien das neue Griechenland?

Manche sagen, die SNB könne jetzt ihre Habtachtstellung am Devisenmarkt aufgeben und sich wieder binnenwirtschaftlichen Aufgaben zuwenden. Also Normalisierung der Geldpolitik durch höhere Zinsen und Verringerung der Liquidität. Ich fürchte, dazu ist es noch zu früh. In Europa ziehen mit den Ereignissen in Italien neue Wolken auf. Italien ist auf dem besten Weg, das neue Griechenland zu werden. Da wird wieder Geld in die Schweiz flüchten.

»Die Schweizer Notenbank wird auf der Hut bleiben müssen.«

Hinzu kommt, dass die internationalen Verwerfungen nicht nachlassen. Sie könnten sich sogar noch verschärfen. Viele Fluchtgelder gehen dabei natürlich weiter in die USA. Angesichts des schwer einzuschätzenden amerikanischen Präsidenten und seinem expliziten Wunsch nach einem schwächeren Dollar schließe ich jedoch nicht aus, dass internationale Investoren auch neue Anlageplätze suchen. Es würde mich wundern, wenn sie dabei nicht auch auf den Schweizer Franken stoßen.

Dies natürlich auch wegen der nach wie vor guten wirtschaftlichen und monetären Lage der Schweiz. Die Eidgenossenschaft ist immer noch ein Muster stabiler Wirtschaftspolitik. Das lockt Kapital an. Andererseits sind die Folgen der Aufwertung der letzten Jahre noch nicht voll verdaut.

Kaufkraftparität liegt über Wechselkurs

Die Verhältnisse haben sich verbessert, sie sind aber noch nicht so, dass die Notenbank weitere Aufwertungen zulassen könnte. Jeder, der in die Schweiz fährt, weiß, dass es dort nach wie vor sehr teuer ist. Über die Kaufkraftparität des Frankens wird viel spekuliert. Klar ist aber, dass sie deutlich über dem gegenwärtigen Wechselkurs liegt.

Die Schweizer Notenbank wird daher auf der Hut bleiben müssen. Wenn sich Aufwertungsdruck aufbauen sollte, wird sie ihre Interventionen wieder aufnehmen. Sie weiß: Wenn sie die Leinen einmal loslässt, gibt es kein Halten mehr. Dann steigt der Franken schnell auf die Parität gegenüber dem Euro und vielleicht noch weiter. Das will sie verhindern.

Konsequenzen für den Anleger

Wir sollten uns auf den Devisenmärkten wieder auf größere Turbulenzen vorbereiten. Ich halte das Wechselkursrisiko beim Franken aber angesichts der Entschlossenheit der Notenbank, auf den Märkten zu intervenieren, für begrenzt. Man kann sich Schweizer Aktien also durchaus ansehen. Man sollte dabei nicht nur an die großen Blue Chips wie Nestlé oder Roche denken. Auch mittelständische Unternehmen sind interessant.

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