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Assenagon-Chefvolkswirt Martin Hüfner Konjunktur: „Die Stimmung ist deutlich besser als die Lage“

Martin Hüfner

Der ifo-Geschäftsklimaindex hat im Juni den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht. Das ist ein gutes Zeichen. Besser könnte die Konjunktur in Deutschland nicht laufen. Schaut man sich andererseits das Wachstum der Wirtschaft gemessen am realen Bruttoinlandsprodukt an, so ist es zwar auch nicht schlecht. Es ist aber keineswegs exzeptionell. Die Stimmung ist deutlich besser als die Lage. Nach den Stimmungsindikatoren gerechnet könnte das Wirtschaftswachstum rein statistisch gesehen bei 4  Prozent bis 5 Prozent liegen. Tatsächlich beträgt es aber weniger als die Hälfte.

Woher kommt der Unterschied? Normalerweise folgt die Produktion der Stimmung in der Wirtschaft. Wenn die Unternehmen optimistischer werden, sind sie bereit, den Output zu erhöhen. Das leuchtet unmittelbar ein. Es ist der Grund, weshalb das Geschäftsklima auch immer als Vorlaufindikator für die Konjunktur benutzt wird. Es hat darüber hinaus den großen Vorteil, dass es relativ einfach zu berechnen ist. Die Zahlen werden selten korrigiert. Besonders wichtig ist, dass die Indexwerte in der Regel zwei Monate früher veröffentlicht werden. Die Zahl der Stimmungsindikatoren hat daher weltweit in den letzten Jahren außerordentlich stark zugenommen. Manche sind besser, manche schlechter.

Darüber wird jedoch eines oft vergessen: Objektiv gesehen sind Stimmungsindikatoren keine Facts, also richtige Konjunktur, sondern Fakes, also Vortäuschungen der Konjunktur. Gerade aus der jüngsten Diskussion – in der Politik wie in der Wirtschaft – wissen wir, dass es nicht ungefährlich ist, wenn die Menschen sich mehr auf die Fakes als auf die Facts verlassen.

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Quelle: ifo, Bundesbank

Nun ist das nicht so schlimm, wenn die beiden parallel laufen. Das war in Deutschland lange Zeit der Fall. Die Grafik zeigt die Entwicklung des Geschäftsklimaindizes und das Wachstum der realen Wirtschaftsleistung in den letzten 25 Jahren. Von 1990 bis zur großen Finanzkrise war der Zusammenhang besonders eng. Immer dann, wenn der Klimaindex nach oben ging, folgte unmittelbar oder kurz danach das reale Bruttoinlandsprodukt. Umgekehrt, wenn es nach unten ging. In der Krise gingen die beiden Kurven etwas auseinander, der Verlauf war jedoch nach wie vor ähnlich. Die Welt war in Ordnung.

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