

„Schwindendes Inflationsgespenst macht Multi-Asset-Fonds lukrativ“
Thorsten Schrieber, Vertriebsvorstand bei DJE Kapital
Welche wichtigen Markttrends beobachten Sie?
Thorsten Schrieber: Das Jahr 2024 wird im Fondsvertrieb, wie auch das Jahr 2023, in starker Abhängigkeit von der Zinsentwicklung stehen. Sollten sich die wirtschaftlichen Perspektiven weiter eintrüben und das Inflationsgespenst weiter in die richtige Richtung laufen, dann könnte es doch schneller zu Zinsreduktionen kommen als allgemein angenommen wird. Dadurch würden die attraktiven Angebote von Zinsderivaten und Zinsplattformen ihren kompetitiven Vorteil einbüßen und traditionelle Fondsanlagen wie Multi-Asset wieder in den Vordergrund treten.
Denn eines ist sicher: Eine positive Real-Rendite ist letztendlich nur durch Investitionen in Produktivkapital möglich. Neben den Multi-Asset-Anlagen werden auch die KI-getriebenen Tech-Themen relevant sein. Aufgrund regulatorischer Anpassungen auf europäischer Ebene kann auch das Thema Eltif, gerade in Bezug auf Infrastrukturthemen, positives Momentum in 2024 erlangen. Bei erneuten krisenbezogenen Entwicklungen sollte der Bereich Gold und Ressourcen Bereich nicht unberücksichtigt sein.
Welche Anlagestrategien werden 2024 besonders gefragt sein?
Schrieber: Erwiesen und auch historisch vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) belegt ist, dass sich Aktien über 120 Jahre von 1900 bis 2020 in 16 Industrienationen um den Faktor 750 vervielfacht haben, wohingegen Anleihen sich nur verelffachen konnten. Das bedeutet für Kapitalanleger, dass sie im Rahmen ihrer individuellen Risiko-Ertragserwartung zumindest in Mischfonds investiert sein sollten. Wir glauben daher nach wie vor an diese Anlagekategorie.
Aber solange das Kapitalmarkt-Umfeld bei Staats- und Unternehmensanleihen im Investmentgrade-Bereich Renditen zwischen vier und sechs Prozent abwirft, sollte man durchaus zugreifen. Hier empfehlen sich dann solide Rentenfonds wie der DJE Zins Global (LU0159549574), der auf der Anleihenseite aktuell eine Ablaufrendite von 5,6 Prozent aufweist.
Welche vorrangigen Vertriebsvorhaben stehen auf Ihrer Agenda?
Schrieber: Für unser Haus liegt ein starker Schwerpunkt bei Banken und Sparkassen, das wird auch im kommenden Jahr so sein. Getrieben durch regulatorische Entwicklungen, insbesondere das Damoklesschwert des Provisionsverbots, werden wir dem Vermittlermarkt, insbesondere Pools, auch den Zugang zu unseren Vermögensverwaltungsdienstleistungen, sei es bei Einzeltiteln mit Solidvest oder zu unserer im Frühjahr 2024 dann komplett digitalisierten Fondsvermögensverwaltung inklusive ETFs anbieten.
Wie schauen Ihre nächsten Meilensteine bei der Digitalisierung aus?
Schrieber: Digitalisierung bedeutet ja zunächst einmal eine Abkehr von Papier-gebundenen Prozessen, sei es beim Onboarding der Kunden bzw. in der weiteren Betreuung. Dies ist immer auch eine große Herausforderung, da neben gesetzlichen Vorgaben auch über Institutsgrenzen hinweg Schnittstellen (zukünftiges Thema: Open Finance!) geschaffen werden müssen und häufig unterschiedliche Interpretationen von Compliance- und Rechtsvorschriften aufeinander treffen.
Im weiteren Verlauf bedeutet Digitalisierung aber auch, KI-basierte Prozesse im Bereich Marketing und Vertrieb einzusetzen. Seit 2014 nimmt bei uns die Digitalisierung im Investmentprozeß breiten Raum ein und ist ständiger Weiterentwicklung unterlegen. Nun kümmern sich bereits fünf Datenanalysten darum, unsere Engine „Trendfinder“ im KI-Sinn zu begleiten. Als aktiver Fondsmanager gehen wir aber davon aus, dass auch morgen noch Anlageentscheidungen persönlich getroffen werden, aber KI das Werkzeug zur Datenaufbereitung und -Interpretation sein wird.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit?
Schrieber: Das Thema Nachhaltig bildet ja heute in allen Lebensbereichen bereits einen wichtigen Teil ab. Aber dennoch sollte man das Thema nicht dogmatisieren. Für Kunden, sei es Privat- wie Institutionelle Anleger, steht immer noch die Rendite im Kontext ihrer Risiko- und Ertragserwartung im Vordergrund. Das Ganze sollte dann von einem nachhaltigen und nachvollziehbaren Investmentprozess begleitet sein. Für unser Haus nehmen wir in Anspruch, bei rund 500 Unternehmensbesuchen die relevanten Fragen zu stellen. Zusätzlich werden wir quantitativ wie qualitativ unterstützt von unser MSCI-ESG-Datenbank.
Am Ende fließt die Nachaltigkeit mit einem festen Prozentsatz in unseren Investmentscore ein. Da wir seit 2018 Unterzeichner der UNPRI sind, werden bereits im Vorfeld der Analyse gewisse Titel von vornherein ausgeschlossen. Dabei ist es wichtig, dass das Investmentuniversum nicht zu weit eingeschränkt sein darf. Bei bestimmten Produkten wie dem RWS Aktienfonds Nachhaltig (DE0009763300) werden wir extern durch den WWF unterstützt oder unsere Arbeit, wie beim DWS Concept DJE Responsible Invest (LU0185172052), mit einem zusätzlichen Zwei-Sterne-Rating von FNG bewertet. Fazit: Nachhaltigkeit im Asset Management wird uns weiter begleiten und die Transformation der Wirtschaft forcieren.