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Atomausstieg: „Gut gemeint, ist nicht gut gemacht“

Karl-Heinz Pasch, Vorstandsvorsitzender der EnD-I AG
Karl-Heinz Pasch, Vorstandsvorsitzender der EnD-I AG
Ein Kommentar von Karl-Heinz Pasch, Vorstandsvorsitzender der EnD-I AG, die bundesweit Biogasanlagen baut und betreibt. Kanzlerin Angela Merkel will beweisen, wie kraftvoll sie die Energiewende einleiten wird. Doch mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)  fördert die Bundesregierung die Erneuerbaren Energien nicht, sondern baut unnötige bürokratische Hürden auf, die den sinnvollen Einsatz insbesondere von  Biogas erschweren anstatt ihn zu fördern. Das Gesetz ist voll von handwerklichen Fehlern.

 Es fehlen die Übergangs- beziehungsweise die Bestandsschutzregeln. Was geschieht mit Anlagen, die derzeit im Genehmigungsprozess und im Bau sind? Diese wurden auf das alte EEG ausgelegt und genehmigt und müssten nach dem neuen Gesetz völlig neu konzipiert werden. Völlig unverständlich ist, warum das Gesetz plötzlich ein Ende macht mit dem sogenannten Grünstromprivileg, also der Befreiung von der Zahlung der EEG-Umlage derjenigen Stromkunden, die mindestens 50 Prozent Strom aus EEG-Anlagen beziehen.

Stattdessen soll ein Marktanreizmechanismus installiert werden, dessen Absicht zwar nachvollziehbar ist, der jedoch nach dem jetzt vorgeschlagenen Modell kaum praktikabel ist. Einfacher und für alle planbarer wäre es, wenn das Grünstromprivileg erhalten bleibt und  über eine stufenweise Anhebung des handelbaren Quotenanteils von erneuerbaren Energien  von 50 über 60 bis hin zu 80 Prozent die Vermarktung grünen Stroms begünstigt wird. Dann wird es der Markt schon richten, wir hätten Planungssicherheit und es würde keine zusätzliche Bürokratie entstehen.

Zum Thema Biomasse heißt es in der Novelle, dass höchstens 60 Prozent Mais (Ganzpflanze) und Getreidekorn einschließlich Körnermais im Jahr im Substratmix erhalten sein darf. Zudem muss künftig „durchschnittlich ein Anteil von Gülle von mindestens 60 Masseprozent“ in einer Biogasanlage verwendet werden. Gülle hat jedoch im Gegensatz zu Mais einen sehr geringen Energiegehalt. Die Umsetzung dieser Forderung bedeutet vereinfacht, dass wir in unseren Biogasanlagen ein zehnmal größeres Inputvolumen verarbeiten müssen - mit den entsprechenden Änderungen des Anlagenkonzepts und der Fahrweise und mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Kosten. Zudem käme durch diese starke Veränderung der zu benutzenden Substrate auch ein viel höheres Verkehrsaufkommen bei der Ver- und Entsorgung der Anlagen zustande. Schon heute ist das Verkehrsaufkommen eines der Hauptprobleme bei der Genehmigung neuer Biogasanlagen. Es führt zu massiven Bürgereinsprüchen.

Weiterhin soll die Grundvergütung nur erteilt werden, wenn 60 Prozent der produzierten Wärme auch wirtschaftlich genutzt werden. Das ist natürlich eine gute Idee und auch wir möchten ja nichts lieber als 100 Prozent unserer Wärme verkaufen. Hier aber wurde zu Recht auch vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung kritisiert, dass diese Mindestwärmenutzungspflicht zu einem Problem werden kann, wenn ein Wärmeabnehmer wegfällt durch Gründe, die nicht in der Verantwortung des Biogasanlagenbetreibers liegen, wie etwa Betriebsstillegung. Damit würde auch die komplette Grundvergütung für den Biogas-Produzenten wegfallen, der damit zwangsläufig in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät.

Die Regierung präsentiert ihre Novelle auf 175 Seiten, die so unverständlich und verquast formuliert sind, dass selbst Juristen kaum den Inhalt verstehen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Regierung den künstlich erzeugten Zeitdruck löst und den Betroffenen die Gelegenheit gibt, vernünftige Gegenvorschläge zu erarbeiten. Es wäre ohne Zweifel besser, gründlich zu beraten und das Gesetz erst im Herbst zu verabschieden.

Biogas ist ein hochattraktives Produkt. Es wird aus organischen Reststoffen, aus Gülle und heimischen, nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. Anders als Wind- und Sonnenenergie ist Biogas beständig verfügbar und damit grundlastfähig. Zudem lässt sich aus Biogas mit einem kalkulierbaren Aufwand Biomethan herstellen, das in das Erdgasnetz eingespeist werden kann und zugleich auch speicherfähig ist. Damit ist Biomethan für die Erzeugung von Strom, Wärme und Kraftstoffen verfügbar – keine andere Erneuerbare Energie ist so vielseitig. Entsprechend groß ist die Zahl der Einsatzmöglichkeiten. Viele Unternehmen etwa aus der Chemie- und Stahlindustrie brauchen Erneuerbare Energien, um ihre Ökobilanz zu verbessern und so Kosten für CO2-Zertfikate einzusparen, dafür bietet sich Biogas an. Schon 2007 beschloss die damalige große Koalition, dass bis 2010 sechs Milliarden Kubikmeter Biomethan, zehn Jahre später zehn Milliarden Kubikmeter in die deutschen Erdgasnetze eingespeist werden sollen. Das entspräche rund 7 beziehungsweise knapp 12 Prozent des aktuellen Erdgasverbrauchs. Doch mit den aktuellen Gesetzesvorschlägen bewegen wir uns nicht auf dieses Ziel hin, sondern deutlich weg.

Was unsere Branche braucht, sind keine planwirtschaftlichen Vergütungsmodelle, sondern faire Bedingungen für die Produktion und für die Einspeisung von Biomethan. Dann besteht die Chance, dass die Biogasbranche die gesetzten Ziele erreichen kann. Wir müssen mit dem neuen EEG den Einstieg in marktwirtschaftliche und wettbewerbliche Strukturen schaffen. Das neue EEG sollte konsequent vom Endprodukt und damit vom Markt her konzipiert werden, dann werden wir auch die ehrgeizigen Ziele für den  Wandel in der Energiewirtschaft erreichen. Sollte die Regierung sich die notwendige Zeit für eine sachlich fundierte Beratung des Gesetzes nicht nehmen, dann stehen wir mit dem Beschluss über dieses Gesetz am Beginn der nächsten Novellierung. Planungssicherheit für Investoren und Betreiber bedeutet das nicht.

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