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Nach der Dax-Rally Die Aufholjagd der Hidden Champions

Auf Rekordhoch
Auf Rekordhoch: Seit der Dax im September vergangenen Jahres auf ein Zwischentief von unter 12.000 Punkten abgerutscht war, hat der deutsche Leitindex mit dem neuen Rekord fast 40 Prozent zugelegt. | Foto: Jessica Hunold mit Canva

Wer in den Dax aufsteigt, bekommt viel Aufmerksamkeit. Das liegt auch daran, dass die erste Börsenliga von Investoren generell deutlich stärker wahrgenommen wird als ihre kleinen Pendants. Kein Wunder also, dass die Freude über den Aufstieg in den erlauchten Kreis der 40 größten deutschen Unternehmen bei Rheinmetall groß ist. „Wir freuen uns, dass uns nicht nur die Kapitalmärkte eine deutlich gewachsene Bedeutung beimessen“, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger. Das Düsseldorfer Unternehmen ersetzt den Dialysespezialisten Fresenius Medical Care, der in den Index der mittelgroßen Werte, den M-Dax, abstieg.

FPM Stockpicker Germany Small/Mid Cap: Rüstungskonzern ist die größte Position im besten Nebenwertefonds

Wer wie Martin Wirth und Raik Hoffmann von der Frankfurt Performance Management schon länger Rheinmetall-Aktien hält, kann bereits auf satte Gewinne zurückblicken. Auf Sicht von drei Jahren beträgt das Kursplus des Düsseldorfer Rüstungskonzerns rund 320 Prozent. Während andere Fondshäuser ein Investment in Rüstungsaktien aus Nachhaltigkeitsgründen kategorisch ausschließen, gehören die FPM-Manager zu denen, die Nachhaltigkeit nicht im herkömmlichen Sinne in Schubladen denken.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Denn Wirth zufolge stützt die Rüstungsindustrie unsere Gesellschaftsordnung und sorgt so dafür, dass wir weiterhin in Frieden und Freiheit leben können. Da viele Zulieferer aus Nachhaltigkeitsgründen aber nicht mehr an das Militär liefern dürfen, habe Rheinmetall Probleme mit seinen Zulieferern bekommen. Deshalb waren die Aktien von Rheinmetall und Hensoldt, bevor der Krieg in der Ukraine begann, so günstig zu haben und für Schnäppchenjäger interessant.

Im FPM Stockpicker Germany Small/Mid Cap, dem besten Nebenwertefonds der vergangenen drei Jahre, ist der Rüstungskonzern dank seiner guten Performance mit einem Anteil von über 9 Prozent mittlerweile zur größten Position aufgestiegen. Weil viele westliche Staaten ihre Armeen jahrelang vernachlässigt haben, muss aufgerüstet werden. Dabei spielen die Düsseldorfer eine zentrale Rolle. Um der Nachfrage nach Rüstungsgütern gerecht zu werden, baut der Konzern derzeit seine Kapazitäten aus.

Raik Hoffmann kauft für den Nebenwertefonds günstig bewertete Aktien, überwiegend aus Deutschland. Im Portfolio finden sich vor allem Werte aus den Bereichen Industrie, Konsumgüter und Grundstoffe. Jüngst hat er aber auch Technologiewerte beigemischt, die ihm lange Zeit zu teuer waren. Auf Sicht von drei Jahren liegt der Nebenwertefonds mit einem Plus von aktuell 84 Prozent unangefochten an der Spitze seiner Kategorie.

Insgesamt ist die Stimmung am deutschen Aktienmarkt erstaunlich gut. Obwohl der Krieg in der Ukraine andauert und die Energiekrise noch nicht überwunden ist, hat der deutsche Leitindex seit Oktober beeindruckende Zuwächse erzielt. Entgegen den Warnungen vor einem wirtschaftlichen Absturz Europas hat der Dax mit einem Plus von rund 30 Prozent sogar die als weltweites Zugpferd geltende Wall Street deutlich hinter sich gelassen. Die Leitindizes Dow Jones und S&P 500 legten in den vergangenen Monaten jeweils nur um rund 12 Prozent zu – nicht einmal halb so viel wie der Dax. Als Grund für die starke Performance wird die nachlassende Inflation genannt. Daraus leiten viele Anleger ab, dass die Notenbanken die Leitzinsen nicht mehr so häufig erhöhen werden. Weil die Unternehmen weniger Geld für teure Kredite ausgeben müssten und die Verbraucher wieder mehr Geld zum Ausgeben haben, ist das wiederum gut für den Aktienmarkt.

„Im vergangenen Jahr wurden die Märkte mit multiplen Herausforderungen konfrontiert. Daher haben viele Marktteilnehmer auf eine scharfe Rezession gesetzt“, kommentiert Felix Gode. Der Fondsmanager bei der Augsburger Fondsboutique Alphastar weiter: „Deutschland hat eine Vielzahl zyklischer Unternehmen, was sich nicht zuletzt auch im Dax widerspiegelt. Wie wir heute wissen, kam es anders. Von einer scharfen Rezession sind wir weit entfernt.“

 

Der Geldprofi betont, dass deutsche Unternehmen die Schwierigkeiten gut bewältigt hätten und die deutsche Wirtschaft insgesamt bislang gut durch die Krise gekommen sei. Diese Entwicklung hätten die
Börsen seit Oktober vorweggenommen, mit dem Resultat einer beispiellosen Erholungsrally. „Diese Erkenntnis wiederum zwingt Investoren seit geraumer Zeit, ihre Wetten auf fallende Kurse zu überdenken und sich wieder mit Aktien einzudecken. Da die zyklischen Large Caps das überwiegende Ziel für die Short-Wetten waren, steigen die Kurse hier seit Oktober 2022 besonders stark an“, erläutert Gode.

In der Vergangenheit hielten sich vor allem international agierende Investoren beim Dax deutlich zurück. Als Grund war oft zu hören, dem Leitindex fehle schlichtweg die Breite über viele Branchen hinweg. Zum 20. September 2021 hat die Deutsche Börse daher eine Reform auf den Weg gebracht und die erste deutsche Börsenliga von 30 auf 40 Mitglieder erweitert. „Der neue Dax ist weniger von der sogenannten Old Economy geprägt und enthält nun auch jüngere Unternehmen sowie etwas mehr Technologie und Medizintechnik“, sagt DWS-Manager Hans Jörg Pack. Der Index sei nicht nur breiter aufgestellt, sondern vermutlich auch weniger zyklisch und habe etwas mehr „Wachstums-Appeal“. Nicht zuletzt deshalb begrüßt Pack die Erweiterung des Börsenbarometers. Er erwartet, dass die größere Indexbreite den deutschen Kapitalmarkt im internationalen Vergleich attraktiver und liquider macht.

Potenzial bei Nebenwerten

Doch sollten Anleger nach der beeindruckenden Rally jetzt noch einsteigen, wo die Kurse schon wieder so stark gestiegen sind? Einer, der insbesondere bei Nebenwerten noch Potenzial sieht, ist Roger Peeters, Portfoliomanager bei PFP Advisory: „Der M-Dax hat in den ersten drei Quartalen 2022 fast 40 Prozent verloren. Vor diesem Hintergrund ist der Marktgemessen an fundamentalen Kennzahlen nicht teuer“, sagt Peeters, der gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank den langfristig sehr erfolgreichen DWS Concept Platow managt.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Auf Jahressicht läge der Nebenwerteindex rund 20 Prozentpunkte hinter dem Dax, ebenso wie der S-Dax, der noch kleinere Mittelständler repräsentiert. Die Unsicherheit auf dem Parkett, so Peeters, rühre derzeit weniger von den berichteten Zahlen und den daraus abgeleiteten Bewertungen her, sondern von der Sorge, dass etwas Schlimmes passieren könnte, etwa eine neue Finanzkrise.

Im August 2021 hat das Manager-Duo mit dem PFP Aktien Mittelstand Premium einen zweiten Fonds aufgelegt, der sich explizit auf Nebenwerte konzentriert. „Anders als beim DWS
Concept Platow ist beim neuen Fonds das Portfolio konzentrierter. Zudem können wir durch das kleinere Fondsvolumen auch stärker Chancen bei kleinkapitalisierten Unternehmen nutzen“, erklärt Frank.

 

Die Anlageentscheidungen basieren auf den Ergebnissen umfangreicher Analysen. Anhand verschiedener Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis, der Dividendenrendite, dem Kurs-Buchwert-Verhältnis, dem Cashflow, der Eigenkapitalquote, den Gewinnerwartungen und der relativen Stärke werden mithilfe eines selbst entwickelten Screening-Verfahrens aus dem rund 850 Unternehmen umfassenden Aktienuniversum etwa 50 Titel herausgefiltert. Die aussichtsreichsten 30 bis höchstens 40 Werte landen dann im Fonds. Zudem werden die Top-Titel im neuen Fonds höher gewichtet. Den Ansprüchen der Manager genügen derzeit unter anderem der Werkzeughersteller Einhell und der Versicherer Talanx.

M-Dax schlägt Dax

Betrachtet man die Entwicklung der zurückliegenden Jahrzehnte, so scheint derzeit ein günstiger Zeitpunkt für Investitionen in die zweite und dritte Börsenliga gekommen zu sein. Denn wenn es eine Regel gibt, nach der Anleger in Nebenwerte investieren sollten, dann die, zu investieren, wenn die Stimmung am Mark eher schlecht ist. Das mag auf den ersten Blick kontraproduktiv klingen, hat aber ökonomisch durchaus seine Berechtigung. Small Caps verhalten sich im Vergleich zu großen Konzernen oft besonders zyklisch.

Das liegt zum einen daran, dass das Geschäft kleinerer Unternehmen stärker von der Konjunktur abhängt. Aber auch die Kapitalflüsse spielen eine wichtige Rolle. Denn herrscht an den Märkten Euphorie und Partystimmung, fließt in der Regel mehr Geld in risikoreichere kleine Titel. Verschlechtern sich die Konjunkturaussichten, verkaufen Anleger zuerst die vermeintlich riskanteren Small Caps, und die Kurse fallen. In guten Zeiten sind die Bewertungen also tendenziell hoch, in unsicheren Zeiten eher niedrig. Für mutige Anleger bieten sich daher gerade in schwierigen Zeiten bei unentdeckten Hidden Champions gute Chancen, langfristig höhere Renditen zu erzielen.

 

Dies gilt umso mehr, als sich Nebenwerte langfristig meist besser entwickeln als Blue Chips. So lautet zumindest eine oft gehörte Börsenweisheit. Und gerade mit Blick auf die deutsche Börsenlandschaft könnte sie kaum zutreffender sein. Seit Einführung der deutschen Indexwelt durch die Deutsche Börse im Juli 1988 hat der M-Dax seinen großen Bruder Dax deutlich geschlagen. Beide Indizes starteten mit genau 1.000 Punkten. Heute notiert der M-Dax fast doppelt so hoch wie der Dax. Wer dann noch auf einen Fonds wie den Lupus Alpha Smaller German Champions gesetzt hat, kann sich auf Sicht von 20 Jahren über ein Plus von fast 1.100 Prozent freuen. Das Jagdrevier der beiden Manager Björn Glück und Jonas Liegl sind Aktien aus den Nebenwerte-Indizes M-Dax oder S-Dax. Die Unternehmen sind meist Marktführer in ihrer Branche. Dabei setzen die Profis vor allem auf persönliche Gespräche mit den Firmenchefs.

Quelle: FWW Fundservices / Stand der Daten: 21.04.2023

Fischen, wo die Fische sind

Auch Christoph Gebert, Fondsmanager beim Lübecker Vermögensverwalter Ehrke & Lübberstedt, steht in engem Kontakt mit den Führungskräften deutscher Hidden Champions. „Das ist Teil meines Investmentprozesses. Die Qualität des Managements muss stimmen“, sagt er. Gebert verantwortet den 2002 aufgelegten Acatis Fair Value Deutschland.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Derzeit sei das Bild besser als die Stimmung. Gerade im Jahr 2022 habe es eine deutliche Diskrepanz zwischen der operativen Entwicklung der Unternehmen und dem Aktienkurs gegeben, erzählt er. „Be-
wertungstechnisch waren wir weit unten am deutschen Aktienmarkt. Ein halbes Jahr später sieht jeder: Die Rezession ist abgesagt! Das haben die Kurse nachgeholt, aber eher die Big Caps.“ Nebenwerte seien noch nicht so stark gelaufen. Gebert sieht daher vor allem bei Nischenplayern großes Aufholpotenzial und einen guten Einstiegszeitpunkt.

Für den Acatis Fair Value Deutschland sucht er marktführende, möglichst inhabergeführte Unternehmen mit einem überzeugenden, langfristig denkenden Management. Die findet er am ehesten im Mittelstand. „Hier ist Deutschland ein wahrhafter Meister. Die Hälfte aller Hidden Champions weltweit kommt aus Deutschland“, sagt er. Und diese zeichneten sich meist durch bessere Kennzahlen aus. Dazu zählen höhere Eigenkapitalquoten, geringere Verschuldung, bessere Profitabilität und damit stärkeres Wachstum. Zudem bestehe der deutsche Aktienmarkt zu 95 Prozent aus Nebenwerten. „Ich fische da, wo die Fische sind“, so sein Fazit. Gebert bevorzugt derzeit Industriewerte, Technologieaktien und Unternehmen aus dem Gesundheitssektor.

Hinzu kommt ein nachhaltiger Investmentansatz. Der Fonds ist gemäß Artikel-9 der EU-Offenlegungsverordnung eingestuft und trägt das FNG-Siegel. Knapp 20 Prozent des 81 Millionen Euro großen Portfolios sind in Aktien aus dem Bereich Erneuerbare Energien investiert. „Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern und der Umbau des Energiesystems hin zu erneuerbaren Energien wird weitergehen“, so Gebert, der in diesem Bereich mit einem jahrelangen Boom rechnet. Zu seinen Top-
Picks zählt etwa der Wind- und Solarparkbauer Energiekontor.

 

Auch Felix Gode sucht für den Alphastar Aktien nach mittelständischen Monopolisten mit grünem Anstrich. So hat er mit 2G Energy einen Wert im Fondsdepot, der sich seit dem Kauf mehr als verdoppelt hat.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Das Unternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Heek baut Blockheizkraftwerke zur dezentralen Energieversorgung mittels Kraft-Wärme-Kopplung. „Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Kosten zu gewährleisten, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Die politischen Bestrebungen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes kommen als zusätzlicher Treiber hinzu“, so Gode.

Insgesamt landen meist nicht mehr als 20 Börsenzwerge im Portfolio. Seinen ausgewählten Unternehmen bleibt er in der Regel lange treu. „Das verschafft uns in fallenden Marktphasen einen entscheidenden psychologischen Vorteil. Denn im Gegensatz zu den meisten, die sich überlegen müssen, ob sie ihre Positionen verkaufen oder nicht, gibt es bei uns nur eine Option: kaufen.“ So betrachtet er jeden Kursrückgang als Chance, seine Position in exzellenten Unternehmen auszubauen.

Quelle: Simon/IWD Medien; Illustration: stringerphoto/Fotolia 

Wie werden sich deutsche Aktien in den kommenden Monaten entwickeln?

Ich bin weiter bullish für Dax & Co!
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Deutsche Aktien werden nach der Rally seit September eher seitwärts tendieren!
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Das war eine typische Bärenmarktrally. Wir werden auf die alten Tiefs zurückfallen!
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