Warum wurde untersucht?

Spätestens mit dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) ist das einst bevorzugte Produkt zur privaten Altersvorsorge der Deutschen für den Finanzvertrieb zum Nebengeschäft geworden. Denn die Abschlussprovisionen in der Lebensversicherung sind in den vergangenen anderthalb Jahren gesunken, die durchschnittliche Stornohaftungszeit ist dagegen gestiegen.

Und auch für die Kunden wird die Lebensversicherung immer unattraktiver: Der oft auch als Garantiezins bezeichnete Höchstrechnungszins für neu abgeschlossene Verträge in Deutschland sinkt im kommenden Jahr auf 0,9 Prozent. Doch wie äußert sich die vermeintlich desolate Situation der deutschen Lebensversicherer, die seit mehreren Jahren Schlagzeilen liefert, bei den Unternehmen?

Wer hat wann untersucht?

Hermann Weinmann (Foto links: Hochschule Ludwigshafen am Rhein), der die Lehrgebiete Versicherungsbetriebslehre, Private und betriebliche Altersvorsorge, Investmentfonds-Anlagen, Private Finanzplanung und Private Banking betreut, betrachtete in seiner aktuell erschienenen Untersuchung nur für die zwölf wichtigsten LV-Anbieter in den Geschäftsjahren 2015 und 2014. 

„Das Leiden der Lebensversicherer ist nur zum Teil eine Branchen-Krankheit“, steht für den Finanz-Professor in Ludwigshafen nach seiner Untersuchung fest. Er zeichnet ein sehr differenziertes Bild der LV-Branche.

Was wurde untersucht?

Insgesamt fünf Bewertungsparameter wurden in der Untersuchung zu einem betriebswirtschaftlichen Ergebnis verdichtet. Dazu zählen zum einen drei Vergangenheitsindikatoren für das Jahr 2015:

Rohüberschuss: Diese Marge enthält gegenüber der Nettoverzinsung noch das Risikoergebnis und das übrige Ergebnis und zeigt damit die Profitabilität eines Lebensversicherers insgesamt.

Laufende Durchschnittsverzinsung: Diese Kennzahl errechnet sich aus den laufenden Bruttoerträgen abzüglich der Aufwendungen für die Verwaltung der Kapitalanlagen und der planmäßigen Abschreibung im Verhältnis zu dem mittleren Bestand der Kapitalanlagen. Außerordentliche Erträge und Aufwendungen sind nicht berücksichtigt.

Übriges Ergebnis/Betriebskosten: Ein negatives übriges Ergebnis kann vermuten lassen, dass die Unternehmen die Kalkulation und danach die Kosten nicht im Griff haben. Denn auf Branchenebene war der Abschlusskostenverlust 2014 mit Abstand der größte Verlustposten innerhalb des übrigen Ergebnisses.

Zum anderen fließen diese zwei Zukunftsindikatoren für das Jahr 2015 in das betriebswirtschaftliche Ergebnis ein:

Bewertungsreserven: Diese Reserven ergeben sich aus der Differenz des Marktwertes von Kapitalanlagen gegenüber den nach dem Niederstwertprinzip in den Bilanzen von Versicherungsunternehmen ausgewiesenen sogenannten Buchwerten.

Überschuss-Reservefaktor: Bei dieser Kennzahl wird unterstellt, dass alle zurückgestellten Schlussgewinne keiner verbindlichen Zusage unterliegen. Damit ist die Möglichkeit geschaffen, den Schlussüberschussanteilfonds zu berücksichtigen.

Die jeweiligen Ergebnisse wurden anschließend in eine Verbrauchernote transformiert. Dazu wurde die erreichte Punktzahl für betriebswirtschaftliche Ergebnis mit der so genannten Partizipationsquote multipliziert. Diese Kennzahl drückt aus, welcher Anteil des Rohüberschusses dem Versicherungsnehmer direkt oder dem Kollektiv über die Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugutekommt und für eine Überschussbeteiligung zur Verfügung steht.

Wie wurde untersucht?

Gegenüber vorherigen Untersuchungen wurde der Bewertungsparameter „Nettoverzinsung“ durch die Rohüberschuss-Marge ersetzt. Daneben wird die laufende Durchschnittsverzinsung berücksichtigt. Auf die der Abschluss- und Verwaltungskosten wird dagegen verzichtet, da diese nur eingeschränkt die „wahren“ Kosten zeigen. Als Ersatz dient das übrige Ergebnis, das unter anderem das Abschlusskostenergebnis und das Verwaltungskostenergebnis enthält.

Was ist das Fazit der Untersuchung?

Um die Top 12-Lebensversicherer müssen die Kunden nicht bangen. Die Zahlen zur finanziellen Stabilität sind bei fast allen Unternehmen besser, als man aufgrund der veröffentlichten Meinungen glauben könnte.