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Baader-Bank-Chefanalyst Robert Halver Des Notenbankers neue Inflations-Kleider

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Wie die Fed hat ebenso die EZB keine Angst vor Preissteigerung. Tatsächlich ist die Inflation im Euroraum seit 2003 nicht über zwei Prozent gestiegen und im Juli sogar unter null gefallen. Und mit ihrer Erwartung, dass die Inflation bis 2022 unter einem Prozent verharrt, zeigt sie eher Sorge vor sinkenden Preisen.  

Vor diesem Hintergrund muss man kein Prophet sein, um zu wissen, was das Ergebnis der aktuellen Strategieüberprüfung der EZB ist. Auch sie geht mit der Inflations-Mode. Sie adaptiert den Fed’schen Modestil. Die Création eines symmetrischen Inflationsziels muss her, das ebenso im Durchschnitt nur zwei Prozent beträgt. Man will nicht mehr wie bei der Deutschen Bundesbank die klassische Stabilitäts-Mode tragen und ein Ende der geldpolitischen Üppigkeit verkünden, nur, weil es über zwei geht. Deflation darf bloß keine Chance haben. Es spricht noch weniger als nichts für restriktive Geldpolitik.

Zur inflationären Zielerreichung sind in Europa staatliche Notprogramme also nicht nur erlaubt, sondern regelrecht geboten. Da aber die Finanzminister gerade im Süden nur noch Geld für den Wühltisch haben, zahlt eben die EZB die teure Rechnung in der Schulden-Boutique. Diese Haute Couture für alle dient also auch dem europäischen (Mode-)Frieden.  

Die Risiken der modischen Geschmacksverirrung

Den Preis dieser modisch teuren Reflationspolitik zahlen Zinssparer, Häuslebauer und Mieter. Überhaupt, das nach neuem Modestil beliebig und fast umsonst verteilte Geld erzeugt keine großen Anreize, sich selbst vernünftig zu kleiden. Im Gegenteil, er sorgt für Reform-, Leistungs- und schließlich Wirtschaftsschwäche. Das wiederum führt dazu, dass die geldpolitischen Gaben für eine zunehmend in modische Not geratene Finanz- und Sozialpolitik fortgesetzt werden müssen. Der Weg in die uniforme Staatswirtschaft ist geebnet. Von High Fashion kann man hier nicht mehr sprechen.  

Also ich fand die klassische Stabilitäts-Mode immer stillvoll. Man war immer gut angezogen. Es war die zeitlose Mode der sozialen Marktwirtschaft.

Doch werden Fed und EZB ihre neuen Inflations-Kleider nicht mehr ausziehen. Müssen sie auch nicht, denn sie sind bereits nackt.


Über den Autor:
Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank in Frankfurt. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator.

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