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Baader-Bank-Chefanalyst Robert Halver Mit Griechenland fingen Europas Stabilitätssünden an

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Doch hat man es bis heute sträflich versäumt, die mittelalterlichen Standortbedingungen Griechenlands radikal kernzusanieren. In Justiz und Verwaltung grassiert die lähmende Bürokratie weiter wie Unkraut auf der Wiese. Ein (Auslands-)Investor hat aber keine Muße, auf seine Bau- oder Investitionsgenehmigung zu warten, bis er vor Wut graue Haare bekommt. Zudem ist die Steuerlast auch für Unternehmen zu hoch. Hohe Steuereinnahmen sollen zwar die höchste europäische Schuldenquote - 180 Prozent der Wirtschaftsleistung - abtragen. Aber das ist eine Milchmädchenrechnung. Leider ist die Investitionswelt zu groß, zu steuerattraktiv, zu renditeträchtig - z.B. im Nachbarland Bulgarien - als dass man auf den griechischen Investitionsstandort angewiesen wäre.

Nachhaltig gesundes Wachstum schaffen aber eben nur private Investitionen. Und nur dann kommt es zum Glücksfall einer Volkswirtschaft: Arbeitsplätze, Einkommen, Konsum und Steuereinnahmen, mit denen man Schuldendienst betreiben kann. Ohne mit Freude investierende Unternehmen wird Griechenland nicht die Wachstumsraten erzielen, die Schuldentragfähigkeit erst ermöglichen.      

Der Internationale Währungsfonds IWF - der nicht Euro-politisch korrekte, dafür aber knallharte Großinquisitor der Finanzwelt - zweifelt die Schuldentragfähigkeit Griechenlands längst an. Die kann sich das Land nur unter sehr ambitionierten Wachstumsannahmen leisten. Unter der Sparknute der Währungsunion und der unternehmensverjagenden Standortpolitik gelingt dies aber nur einem Herkules aus der griechischen Mythologie. In anderen Worten: Der IWF rechnet früher oder später mit dem Schuldenschnitt. Und da er laut Satzung keine unkalkulierbaren Ausfallrisiken eingehen darf, hat er sich am letzten griechischen Hilfsprogramm wohlweißlich erst gar nicht mehr beteiligt.

Selbst die europäische Politik ist skeptisch, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Mit ihrer gefeierten Erklärung, dass die griechische Schuldenkrise beendet ist, will Europa einerseits Zeit gewinnen. Gemäß Vogel-Strauß-Politik will man sich erst ab 2032 wieder ernsthaft mit der griechischen Schuldenfrage beschäftigen. Bis dahin sind die jetzt amtierenden Politiker längst in Pension. Nach uns die Sintflut. Andererseits wollte die Politik in der Causa Griechenland Krisenlösungsfähigkeit beweisen. Denn man weiß, dass auf Europa noch ganz andere Brocken zukommen. Die Gefahr einer schmutzigen Scheidung von den Briten ist real, Italien wird immer schuldenkranker und die Flüchtlingskrise ist alles andere als gelöst. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.  

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Insgesamt bleibt Griechenland ein wirtschaftliches Katastrophengebiet. Zur Not kommen irgendwann die nächsten Hilfskredite mit neuen harten Sparauflagen, die dann auch nicht zu tragen sind. Hauptsache Europa bleibt zusammen, koste es, was es wolle.

Ist die griechische Krise also vorbei? Ja, und die Erde ist eine Scheibe! 

Autor Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baader Bank in Frnakfurt.

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