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Baader-Bank-Chefanalyst Robert Halver Neue Ölkrise - berechtigte Sorge oder nur Sturm im Ölfass?

Robert Halver
Foto: Baader Bank

Mit den Drohnenanschlägen auf zwei saudische Ölanlagen sind mehr als die Hälfte der saudischen und fünf Prozent der globalen Ölproduktion lahmgelegt. Dieser Angebotsschock kommt für viele Wirtschaftsexperten zur Unzeit, ist doch die Weltkonjunktur bereits angeschlagen.  

Öl hat viel von seinem wirtschaftlichen Schrecken verloren

Um steigenden Preisen und Versorgungsengpässen entgegenzuwirken, wollen die USA und Saudi-Arabien - wenn nötig - ausreichend stille Ölreserven hörbar auf den Markt bringen. Außerdem setzen die Saudis alles daran, ihre Ölproduktion so schnell wie möglich wieder zu normalisieren. Die Energieagentur IEA in Paris sieht den Ölmarkt momentan gut versorgt, zumal die Nachfrage weltkonjunkturbedingt zur Schwäche neigt. Ein Engpass droht für Deutschland sowieso nicht, da nur unter zwei Prozent des Öls aus Saudi-Arabien stammt. Daneben ist gemessen an der Wirtschaftsleistung der heutige deutsche Ölverbrauch gegenüber 1990 um 40 Prozent gefallen und im Durchschnitt geben deutsche Verbraucher weniger als drei Prozent ihres Einkommens für Kraftstoff aus.

Die neuerlichen Querelen im Mittleren Osten dürften die europäische Suche nach alternativen Energiequellen forcieren. Mit dem Bau von Flüssiggas-Terminals „an der Nordseeküste am plattdeutschen Strand“ bereitet sich Deutschland schon auf den Import von amerikanischem Fracking-Gas vor.

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Das amerikanische Fracking dürfte die EU sogar erfreuen wie den Liebhaber von Alkoholpralinen das erste Mon Chéri nach der Sommerpause. Denn mit amerikanischem Fracking schlägt Europa gleich vier Fliegen mit einer Klatsche. Erstens wirkt man der Abhängigkeit von konventionellem Opec-Öl entgegen. Zweitens werden im Zeitalter des Klimaschutzes immer mehr Schiffe das im Vergleich zu Schweröl und Diesel umweltfreundlichere Gas als Treibstoff nutzen. Drittens reduzieren die USA mit Fracking-Export ihr chronisches Handelsbilanzdefizit gegenüber Europa. So geht im transatlantischen Handelskrieg so mancher dicken Berta von Trump die Munition aus. Und viertens macht sich Europa weniger abhängig von russischen Gaslieferungen.    

Also alles nur halb so schlimm?

Die US-Regierung und die Saudis machen den Iran für die Luftangriffe auf die saudischen Ölanlagen verantwortlich. Dagegen bestreitet der Iran jede Tatbeteiligung. Nähme man theoretisch an, der Iran stünde hinter den Anschlägen, würden die USA dann wirklich die Islamische Republik angreifen?

Der Iran beobachtet sehr genau, dass sich Amerika unter Trump dann mit seinen Erzfeinden arrangiert, wenn diese weder diplomatisch, noch wirtschaftlich, noch mit „Feuer und Wut“ in die Knie zu zwingen sind. Hat nicht Nordkorea unter Kim Jong-un erst mit seinen aufsehenerregenden Raketentests für amerikanische Gesprächsbereitschaft gesorgt? Was spricht also dagegen, dass auch Irans Führung mit Machtdemonstrationen im Persischen Golf signalisiert, dass es selbst für die USA unbezwingbar ist?

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