Eine harte Kommando-Wirtschaft ist immer ein suboptimaler Nährboden für Innovationen und Wirtschaftswachstum. Sie fördert Duckmäusertum und Ja-Sager. So fallen sogar gute Ideen unter den Tisch, aus Angst, sie könnten der Obrigkeit nicht gefallen. Dass Sozialismus eine Sackgasse ist, beweist ebenso, dass internationale und selbst die eigenen Fachkräfte mittlerweile die amerikanische klassenfeindliche Umgebung der chinesisch-sozialistischen vorziehen.
Praktisch jedoch ist es Utopie, dass China vom staatswirtschaftlichen Saulus zum marktwirtschaftlichen Paulus wird. Es ist wie beim „Highlander“: Es kann nur einen geben und das sind die Kontroll-Freaks der KP. Eher wird Peking, um von inneren Problemen abzulenken, die patriotisch-nationalistische Karte ziehen: Das böse Amerika will das gute China unterdrücken. Die chinesische Presse, die so frei wie ein Vogel im Käfig ist, wird diese Propaganda perfektionieren.
Wenn Amerika weise ist, hat es kein Interesse, dass China zum Schattengewächs wird
Es ist verständlich, dass Amerika und China um den Platz an der Sonne kämpfen. Grundsätzlich hat der Westen China in den letzten Jahren zu viel Freiraum gegeben, um sich an seinem üppigen Futtertrog zu laben. Dies suggerierte Peking, es könne global einfach so durchmarschieren und der Welt seinen autoritären Stempel aufdrücken.
Die amerikanische Gegenreaktion ist insofern verständlich. Doch sind die USA gut beraten, China nicht das Licht auszuknipsen, wo immer es geht. Die Folgen wären für uns alle fatal.
Im Extremfall kommt es zu einer noch aggressiveren Außenpolitik. Konkret könnte sich das in Taiwan zeigen, auf das China unbedingten Anspruch erhebt, obwohl die Insel nie zur Volksrepublik gehörte. Doch macht man der Bevölkerung weiß, dass China nur dann Weltmacht ist, wenn es sich auch militärisch wie eine Weltmacht verhält.
Ebenso sollte dem Westen bewusst sein, dass China für die Weltwirtschaft und auch als Produktionsstandort weiter von großer Bedeutung ist. Umgekehrt hat aber auch China ein Interesse daran, Außenhandel mit dem kaufkräftigen Westen zu betreiben, was fundamental ebenso den westlichen Aktienmärkten zugutekommt.
Insgesamt spricht dies für einen vernünftigen Kompromiss der Marke „Leben und leben lassen“. Es ist zu hoffen, dass diese Weisheit in Amerika auch nach der nächsten Präsidentschaftswahl praktiziert wird und dass niemand mit dickem narzisstischen Hintern diplomatische Mauern einreißt.
Nicht zuletzt sollte sich das besonders religiöse Amerika an das Evangelium nach Johannes, Kapital 8 erinnern. Dort heißt es: „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“ In Anbetracht einer dramatischen Überschuldung, Rating-Abstufungen und einer tief gespaltenen Gesellschaft packt man sich am besten an die eigene Nase. Die Steine sollten den amerikanischen Boden nicht verlassen.

Über den Autor:
Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baader Bank in Frankfurt und ist damit für die Einschätzung der internationalen Finanzmärkte zuständig. Der erfahrene Kapitalmarkt- und Börsenkommentator ist durch seine regelmäßigen Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen einem breiten Anleger- und Finanzpublikum bekannt.