Stolls Fondsecke Bärenmärkte mit langweiligen Aktien besser überstehen

„In der Ruhe liegt die Kraft“ – diese Redensart drückt aus, dass der Mensch durch ruhiges und bedächtiges Vorgehen oft mehr bewirken kann als durch ständige Hektik. Ruhig Blut bewahren und Dinge in aller Bedächtigkeit angehen: Das ist meistens ein gutes Rezept für Erfolg, aber auch ein Luxus, den sich viele in unserer Leistungsgesellschaft nicht leisten können.
Hin und Her macht Taschen leer
Auch viele Anleger an den hektischen Finanzmärkten möchten eigentlich langfristige Kursgewinne erzielen, handeln aber kurzfristig, häufig ohne sich dessen bewusst zu sein. Sie verwechseln Spekulation mit Investition und lassen sich in der Praxis von Emotionen wie Euphorie oder Panik leiten. Das Muster ist dabei stets gleich: Steigen die Kurse, springen wir freudig auf den Zug auf, oft in einer Phase, in der die Kurse bereits steil gestiegen sind. Umgekehrt packt uns die Angst, und der Verkaufsknopf wird gedrückt, wenn die Kurse bereits im Keller sind und das Depot rot leuchtet.
In den vergangenen Jahren wurde hektisches Handeln gar belohnt, denn jahrelang sind die Indizes unentwegt wie an einer Schnur nach oben geklettert. Rücksetzer waren von kurzer Dauer und motivierten zum Nachkauf. Das Motto „Buy the Dip“ wurde salonfähig. Jede Korrektur wurde automatisch als Chance wahrgenommen. Doch die letzten Monate zeigten: Der sorgenlose Nachkauf teils hoch bewerteter Aktien aus dem Tech-Sektor funktioniert nicht mehr. Viele Aktien kamen plötzlich stark unter die Räder und entfernten sich zusehends von ihren Höchstständen. Vor allem der Krieg und die anstehende Zinswende sorgten für chaotische Handelswochen, insbesondere bei Technologieriesen, die es teilweise schwer erwischte.
Verluste schmerzen mehr als Gewinne Freude bereiten
So blicken Aktionäre des Streamingdienstes Netflix auf schmerzhafte Verluste von 70 Prozent. Und dass innerhalb der letzten sechs Monate! Die Firma hatte zuletzt viele Kunden verloren und wächst nicht mehr. Diese Kursausschläge nach unten können Investoren gar den Schlaf rauben. Verhaltensforscher sprechen von Verlustaversion, die besagt: Steigt der Gewinn einer Investition um einen gewissen Betrag, steigt auch die Zufriedenheit des Investors. Steigt jedoch der Verlust um eben diesen Betrag, reagiert der Investor stärker, denn seine Unzufriedenheit nimmt in größerem Maße zu, als seine Zufriedenheit bei einem Gewinn steigt.
Verluste wieder aufzuholen, kann dauern. Sowohl bei Einzelaktien, die sich im schlimmsten Falle nie mehr erholen, (Bestes Beispiel: Wirecard) aber auch bei Indizes. So hat der Dax nach der Finanzkrise 2008 fast zwei Jahre gebraucht, um sein Ursprungshoch zu erklimmen. Ein Faktum, das vielen Anlegern nicht schmecken dürfte.
Ideal für Wackelbörsen
Wer seine Nerven schonen möchte, sollte daher konservative Aktien, deren Kurse tendenziell weniger stark schwanken, bevorzugen. Dass dies auch langfristig kein Nachteil ist, zeigen etliche Studien. Seit Generationen gilt zwar: Hohe Renditen lassen sich nur im Zusammenhang mit höheren Risiken erzielen. Doch Robeco-Fondsmanager Pim van Vliet widerlegt in seinem Buch „High Returns from Low Risk“ diese Annahme. Auf Basis der jüngeren Forschung zeigt er anhand von Kapitalmarktdaten, die bis in das Jahr 1929 zurückreichen, dass eine Anlage in risikoarme Aktien wider Erwarten zu signifikant höheren Erträgen führt als eine Anlage in risikoreiche Aktien.
Seinen Analysen zufolge erwirtschafteten schwankungsarme Aktien in den vergangenen 90 Jahren eine durchschnittliche Rendite von über 10 Prozent, während risikoreiche Titel lediglich 6,4 Prozent Wertzuwachs pro Jahr erzielten. Hochvolatile Aktien schaffen es zwar immer wieder innerhalb von kurzen Zeiträumen spektakuläre Gewinne zu erwirtschaften. Allerdings liegt das im Grunde daran, das die Nachfrage allein durch psychologische Verzerrungen hoch ist. Die gigantischen „To the Moon“-Wachstumsaktien fallen früher oder später auf ihren Mittelwert zurück. Wer hier das falsche Timing setzt, muss sich nicht selten mit horrenden Verlusten auseinandersetzen. Die langweiligen und vermeintlich „faden“ Werte haben deshalb auf lange Sicht gesehen die besseren Karten.
Die Angst vor einer geldpolitischen Radikalkur und die geopolitischen Risiken rückt derzeit konservative Investments ins allgemeine Anlegerinteresse. Doch auch hier gilt: Eine entsprechende Streuung ist das A und O, um die Risiken, die Aktien zweifelsohne mit sich bringen, im Zaum zu halten. Wer mit einem Streich in viele Langeweile-Aktien investieren möchte, kann das komfortabel über spezielle Minimum- oder Low-Volatility Fonds oder ETFs tun. Die Fondsbranche hat entsprechende Konstrukte im Angebot und macht’s möglich.